idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
09/18/2018 11:00

Spurensuche nach einem extremen Klimawandel

Josef Zens Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ

    Vor knapp 13000 Jahren wurden südfranzösische Kiefern Zeugen eines Kälteeinbruchs, den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jetzt in enormer Detailliertreue rekonstruiert haben. Die Ergebnisse zeigen, wie rasch das Klima umschlagen kann und was für Folgen so ein abrupter Wandel haben kann. Hauptautorin ist Maren Pauly vom Deutschen GeoForschungsZentrum in Potsdam, zum Team gehörten Forschende aus der Schweiz, Frankreich, Großbritannien und Berlin.

    Die Reste eines in Schwemmland begrabenen Kiefernwaldes am Fuße des Mont Saint Genis in Südfrankreich enthalten aufschlussreiche Informationen über einen drastischen Klimawandel. Die Kiefern begannen ihr Wachstum vor rund 12900 Jahren während der relativ warmen Allerød-Zeit. Das fossile Holz dokumentiert den Kälteeinbruch der „Jüngeren Dryas“. Forschende des Deutschen GeoForschungsZentrums in Potsdam haben gemeinsam mit internationalen Kolleginnen und Kollegen jetzt erstmals klassische Baumringdickenmessungen mit Analysen der stabilen Isotope von Kohlenstoff und Sauerstoff der Baumjahrringe verknüpft. Sie rekonstruierten damit in jährlicher Zeitauflösung das lokale Bodenwasser (Niederschlag) und die relative Luftfeuchtigkeit. Daraus ergaben sich völlig neue Einblicke in die hydrologische Variabilität und Änderungen der atmosphärischen Zirkulation während dieses abrupten Klimawandels. Das Team berichtet darüber im Fachjournal Scientific Reports.

    Der plötzliche Kälteeinbruch auf der Nordhalbkugel zwischen 12700 und 11600 Jahren vor heute ist hauptsächlich aus grönländischen Eisbohrkernen und mitteleuropäischen Seesedimenten bekannt. Er wurde nach der Weißen Silberwurz (lat.: Dryas octopetala) benannt – eine Pflanze der Arktis, die sich wieder ausgebreitet hatte. Der Fund der fossilen Kiefern in einem südfranzösischen Flusstal nahe Avignon schließt nun eine wichtige Lücke, denn er zeigt, wie sich das Klima in dieser Zeit im Mittelmeerraum änderte. Mit genauen Radiokohlenstoff-Datierungen konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nachweisen, dass die begrabenen Kiefern in der warmen Allerød-Zeit vor der Jüngeren Dryas aufgewachsen waren und den plötzlichen Kälteeinbruch für einige Jahrzehnte überlebt hatten. Sie wurden damit Zeugen dieses Klimawandels.

    In ihren Analysen fanden die Forschenden Anzeichen für einen vermehrten Luftmassentransport vom Atlantik. „Überrascht hat uns, dass schon etwa sechzig Jahre vor dem eigentlichen Klimawechsel eine deutliche Veränderung der Niederschlagsquelle zu erkennen war“, berichtet die Erstautorin Maren Pauly vom GFZ. Den Ergebnissen zufolge nahmen feuchte Luftmassen aus dem Atlantikraum zu und Niederschläge aus dem Mittelmeerraum ab. Zu sehen ist diese Veränderung in einer zunehmenden Variabilität der Sauerstoffisotope des Bodenwassers. Isotope sind Atome mit einer unterschiedlichen Anzahl von Neutronen im Kern. Aus den Verhältnissen von leichten und schweren Isotopen lassen sich Rückschlüsse auf die Herkunft von Luftmassen und damit Niederschlägen ziehen. „Besonders markant ist auch die Zunahme extremer polarer Luftvorstöße, Winterniederschläge und Winterstürme zu Beginn der Jüngeren Dryas“, ergänzt Achim Brauer, Leiter der Sektion Klimadynamik und Landschaftsentwicklung und Direktor des Departments 5 am GFZ. Maren Pauly arbeitet als Doktorandin in seiner Gruppe.

    Mit dieser Studie belegen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass nicht die Änderung der Mitteltemperaturen problematisch war, sondern dass der Stress für die Umwelt, der vermutlich auch zum Absterben der Bäume geführt hat, durch die Häufung von extremen Witterungsbedingungen in einzelnen Jahren oder Dekaden ausgelöst wurde. Generell zeigt diese Studie, dass Zeiten von starkem Klimawandel mit einer größeren Instabilität der atmosphärischen Zirkulation einhergehen können, die zu einer stärkeren Variabilität von Jahr zu Jahr oder Dekaden führt. „Hier zeigt die Paläoklimaforschung, wie sie Wissenslücken mit Informationen aus natürlichen Klimaarchiven schließen kann“, sagt Achim Brauer. Das sei auch deshalb wichtig, weil „uns Erfahrungswerte darüber fehlen, was genau während eines plötzlichen Klimawandels geschieht, wie schnell sich das Klima verändern kann und welche regionalen Unterschiede auftreten.“

    Die Studie wurde durch das DFG Projekt (HE 3089/9-1) gefördert und von der Helmholtz REKLIM Initiative unterstützt.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Achim Brauer
    achim.brauer@gfz-potsdam.de


    Original publication:

    Originalstudie (nach Ende der Sperrfrist Open Access): "Subfossil trees suggest enhanced Mediterranean hydroclimate variability at the onset of the Younger Dryas” (SREP-18-03033-T)


    More information:

    http://www.nature.com/articles/s41598-018-32251-2 (nach Ende der Sperrfrist Open Access)


    Images

    Aus den Baumringen in diesen fossilen Kiefern haben die Forscherinnen und Forscher wertvolle Informationen über den plötzlichen Kälteeinbruch vor rund 12.000 Jahren gewonnen.
    Aus den Baumringen in diesen fossilen Kiefern haben die Forscherinnen und Forscher wertvolle Informa ...
    Foto: Cécile Miramont/Universität Aix-Marseille
    None


    Criteria of this press release:
    Journalists, all interested persons
    Geosciences, Oceanology / climate
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Aus den Baumringen in diesen fossilen Kiefern haben die Forscherinnen und Forscher wertvolle Informationen über den plötzlichen Kälteeinbruch vor rund 12.000 Jahren gewonnen.


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).