Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP) begrüßt den Referentenentwurf, den das Bundesministerium für Gesundheit Ende August vorgelegt hat. Er sieht verbindliche Pflegepersonaluntergrenzen für besonders pflegeintensive Klinikbereiche wie Intensivstationen vor. Die Lungenfachärzte kritisieren jedoch, dass er die eigentlichen Ursachen für die Pflegeengpässe, etwa den Mangel an Pflegekräften und die zu niedrige Bezahlung mit der neuen Verordnung nicht beseitigen würde. Sinnvoller sei es, zunächst einen nationalen Aktionsplan zur Stärkung der Pflege umzusetzen.
Ab dem 1. Januar 2019 soll in den pflegesensitiven Klinikbereichen der Intensivmedizin, der Kardiologie, Unfallchirurgie und Geriatrie ein verbindlicher Betreuungsschlüssel gelten. Tagsüber muss etwa im Bereich der Intensivpflege für je zwei Patienten eine Pflegekraft im Dienst sein, während der Nachtschicht liegt der Schlüssel bei drei zu eins.
„Der Referentenentwurf geht davon aus, dass qualifizierte Pflegekräfte in ausreichendem Maße auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen“, sagt Professor Dr. med. Klaus F. Rabe, Ärztlicher Direktor und Medizinischer Geschäftsführer der LungenClinic Grosshansdorf bei Lübeck und Präsident der DGP. „Dies ist jedoch nicht der Fall.“ Im Gegenteil herrsche ein ausgeprägter Mangel an examinierten Pflegekräften, sodass bereits jetzt regelmäßig Betten auf Intensivstationen gesperrt werden müssten. Es sei absehbar, dass die Einführung verbindlicher Personaluntergrenzen die Zahl der Bettensperrungen noch erhöhen werde.
Die kurzfristige Umsetzung der Richtlinie schon zum 1. Januar 2019 hieße somit nach Ansicht der DGP, den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun. Um wieder ausreichend Nachwuchs für die Pflege zu gewinnen, müsse jedoch zunächst die Attraktivität des Berufs gesteigert werden. Hierzu gehöre neben verbesserten Arbeitsbedingungen auch eine bessere Bezahlung. In diesem Sinne begrüßt die DGP ausdrücklich die im Pflegepersonal-Stärkungsgesetz beschlossene Bereitstellung zusätzlicher Mittel für den Pflegebereich und die im Krankenhausfinanzierungsgesetz festgelegte Ausgliederung der Pflegepersonalkosten aus dem Vergütungssystem.
Aus Sicht der DGP spricht noch ein weiterer Aspekt dafür, die in dem Entwurf genannten Untergrenzen für 2019 fallen zu lassen: Bereits für das Jahr 2020 wird das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) ohnehin neue, differenziertere Pflegepersonaluntergrenzen ermitteln, die den tatsächlichen Pflegeaufwand der jeweiligen Erkrankung berücksichtigen. „Es erscheint daher unverständlich, mit hohem bürokratischem Aufwand zunächst undifferenzierte Untergrenzen einzuführen, die nur für das Jahr 2019 gelten“, sagt der stellvertretende DGP-Präsident Professor Dr. med. Michael Pfeifer, Ärztlicher Direktor der Abteilung für Pneumologie der Klinik Donaustauf (Universität Regensburg). Sinnvoller sei es, auf die Umsetzung 2019 zu verzichten und die verbleibende Zeit bis zur Einführung der fallbezogenen InEK-Schlüssel für einen nationalen Aktionsplan zur Stärkung der Pflege zu nutzen.
Damit ergäbe sich auch ein Zeitpuffer für einige weitere Nachbesserungen, die die Experten der DGP für nötig halten: Klärungsbedarf bestehe beispielsweise in Bezug auf hochqualifizierte Berufsgruppen wie Atemtherapeuten, die in dem Entwurf nicht thematisiert werden. Auch das Gehaltsungleichgewicht zwischen den zunehmend benötigten Zeitarbeitskräften und dem wesentlich niedriger bezahlten, aber besonders wertvollen Stammpersonal sei noch nicht berücksichtigt. Praxisfremd sei darüber hinaus der sehr geringe Anteil von Pflegehilfskräften, den der Entwurf vorsieht. Zudem benachteilige er kleine Stationen über Gebühr. „In die anstehenden Verhandlungen sollten auch Vertreter von pflegerischen und ärztlichen Fachgesellschaften sowie Patientenbeauftragte einbezogen werden“, fordert DGP-Präsident Rabe. Nur dann könne die Pflegerealität angemessen berücksichtigt werden.
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