idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
09/18/2018 14:01

Unternehmen unterschätzen Risiken durch Industriespionage

Anne-Catherine Jung Pressestelle
Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI)

    Ein Großteil der Unternehmen des Verarbeitendes Gewerbe ergreift zu wenig Schutzmaßnahmen gegen Wirtschaftsspionage und Konkurrenzausspähung – obwohl Betriebe aller Branchen potenziell bedroht sind. Zu dieser Einschätzung kommt das Fraunhofer ISI in seiner neuen Mitteilung aus der Erhebung Modernisierung der Produktion.

    Wirtschaftsspionage und Konkurrenzausspähung sind eine große Bedrohung – auch für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) des Verarbeitenden Gewerbes. Mit der Digitalisierung ist die Menge an digital verfügbaren Informationen gestiegen, zudem haben sich die Kommunikationsprozesse vervielfältigt: Auch Maschinen und Anlagen sind zunehmend in offene Netze eingebunden. Finden Angreifer ein Leck, können sie Informationen in fast beliebiger Detailtiefe direkt über die Produktionssysteme beziehungsweise die Anlagensteuerungen abrufen. Eine Schwachstelle kann ein Unternehmen ruinieren – wenn beispielsweise Wettbewerber nach einer erfolgreichen Ausspähung das gleiche Produkt oder die gleiche Dienstleistung schneller und günstiger auf den Markt bringen.

    Um herauszufinden, welche Erfahrungen Industriebetriebe gemacht haben und wie sie sich schützen, hat das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI im Rahmen des Projekts WiSKoS Daten der Erhebung Modernisierung der Produktion ausgewertet. Diese Erhebung wird alle drei Jahre durchgeführt und umfasst Angaben von 1.300 Produktionsbetrieben. Die jetzt erschienene Mitteilung »Spione in der Produktion. Unterschätzte Risiken führen zu unzureichendem Schutz« (https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/modernisierung-produktio...) zeigt, dass alle Branchen des Verarbeitenden Gewerbes betroffen sind, gleichzeitig aber viele Betriebe keine ausreichenden Schutzmaßnahmen implementiert haben.

    Vor allem Elektronik- und Elektroindustrie sind betroffen

    Die Frage nach Vorfällen oder konkreten Verdachtsfällen zur Wirtschaftsspionage und Konkurrenzausspähung in den vergangenen fünf Jahren bejahten im Durchschnitt elf Prozent der Betriebe. Besonders betroffen sind die Elektronik-/Elektroindustrie mit fast 21 Prozent an betroffenen Betrieben, gefolgt vom Maschinenbau und der Chemie /Pharmaindustrie (beide jeweils 16 Prozent). Aber auch die anderen Branchen sind gefährdet: Im Schnitt hatten acht Prozent der Betriebe in den weniger betroffenen Branchen einen Vorfall oder konkreten Verdachtsfall zu verzeichnen.

    Ein wichtiger Faktor für eine Gefährdung ist die internationale Verflechtung eines Betriebs: Unternehmen mit einer Produktionsstätte im Ausland berichten mit einem Anteil von 17 Prozent häufiger von Vorfällen beziehungsweise Verdachtsfällen als solche ohne einen Auslandsbezug (10 Prozent). Ebenso meldet jedes fünfte Unternehmen mit einer Forschungs- und Entwicklungsabteilung im Ausland mindestens einen Vorfall oder Verdachtsfall. Bei Unternehmen, die nur im Inland forschen, liegt der Anteil bei 11 Prozent, auch sie sind also Gefahren ausgesetzt.

    Beschäftigte müssen stärker eingebunden werden

    Trotz des Risikos verfügen viele Betriebe nicht über relevante Schutzmaßnahmen gegen Wirtschaftsspionage und Konkurrenzausspähung:

    • Nur drei Viertel der Produktinnovatoren und zwei Drittel der anderen Industriebetriebe beschränken den Zugang zum Betriebsgelände.
    • Fast ebenso viele Betriebe haben Sicherheitsvorschriften gegen unerlaubten Informationsabfluss.
    • Nur zwei Drittel der Produktinnovatoren und die Hälfte aller anderen Betriebe haben spezielle IT-Sicherheitsmaßnahmen.
    • Im Hinblick auf die Schulung und Sensibilisierung von Beschäftigten bieten durchschnittlich nur zwei von fünf Unternehmen den Beschäftigten entsprechende Maßnahmen an.

    Knapp die Hälfte aller Industriebetriebe haben keine oder zu wenige IT-Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt. Zudem werden die Beschäftigten, die oft Zugriff auf sensible Informationen haben, nicht in die Schutzmaßnahmen eingebunden. Dabei wäre vor allem letzteres entscheidend: Die Erhebung hat gezeigt, dass bei gut der Hälfte der betroffenen Betriebe auch betriebsinterne Personen an der Ausspähung beteiligt waren. Dies geschah nicht immer mit böser Absicht, sondern auch durch Unvorsichtigkeit, Fahrlässigkeit und Unwissen. Typische Beispiele sind das Öffnen kritischer E-Mails (67 Prozent der Angriffe) und ungenügend gesicherte Smartphones oder Tablets (28 Prozent).

    Die Autorinnen der Studie betonen, dass Unternehmen mit einfachen und kostengünstigen Präventionsmaßnahmen wie Schulungen oder Postern und Bildschirmschonern gerade im Bereich der Sensibilisierung aller Beschäftigten einen deutlich höheren Schutzstatus erreichen könnten. Um ihr Personal zu schulen, müssten Unternehmen nicht nur auf ihre eigenen Ressourcen zurückgreifen: Qualifizierte Ansprechpersonen und Informationsangebote gebe es beispielsweise bei den Landespolizeibehörden, bei den Landesämtern für Verfassungsschutz, beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und bei den Branchenverbänden.

    Erhebung Modernisierung der Produktion

    Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI führt seit 1993 die Erhebung Modernisierung der Produktion durch. Die Antworten von 1.300 teilnehmenden Unternehmen erlauben belastbare und detaillierte Analysen sowie faktenbasierte Aussagen zur aktuellen Modernität und Leistungskraft in allen Branchen des Verarbeitenden Gewerbes. Die Erhebung findet alle drei Jahre statt, die nächste Befragung startet am 20. September 2018.

    • weitere Informationen zur Erhebung Modernisierung der Produktion: https://www.isi.fraunhofer.de/de/themen/industrielle-wettbewerbsfaehigkeit/erheb...

    Projekt WiSKoS (Wirtschaftsspionage und Konkurrenzausspähung in Deutschland und Europa)

    In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt wurde die Bedrohung von KMU durch Wirtschaftsspionage und Konkurrenzausspähung analysiert. Das Projekt wurde gemeinsam vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI und vom Max-Plank-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht durchgeführt.

    • weitere Informationen zum Projekt WisKoS: http://wiskos.de/de/home.html

    Kontakt:
    Anne-Catherine Jung MA
    Telefon: +49 721 6809-100
    E-Mail: presse@isi.fraunhofer.de

    Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI analysiert Entstehung und Auswirkungen von Innovationen. Wir erforschen die kurz- und langfristigen Entwicklungen von Innovationsprozessen und die gesellschaftlichen Auswirkungen neuer Technologien und Dienstleistungen. Auf dieser Grundlage stellen wir unseren Auftraggebern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft Handlungsempfehlungen und Perspektiven für wichtige Entscheidungen zur Verfügung. Unsere Expertise liegt in der fundierten wissenschaftlichen Kompetenz sowie einem interdisziplinären und systemischen Forschungsansatz.


    Images

    Realisierte Schutzmaßnahmen zur Abwehr von Spionage bzw. Ausspähung
    Realisierte Schutzmaßnahmen zur Abwehr von Spionage bzw. Ausspähung
    Erhebung Modernisierung der Produktion 2015, Fraunhofer ISI
    None

    Vorfälle von Spionage bzw. Ausspähung nach Branchen
    Vorfälle von Spionage bzw. Ausspähung nach Branchen
    Erhebung Modernisierung der Produktion 2015, Fraunhofer ISI
    None


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Chemistry, Electrical engineering, Mechanical engineering, Medicine
    transregional, national
    Research projects, Scientific Publications
    German


     

    Realisierte Schutzmaßnahmen zur Abwehr von Spionage bzw. Ausspähung


    For download

    x

    Vorfälle von Spionage bzw. Ausspähung nach Branchen


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).