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12/04/2018 11:18

Zwischenrufe & hämisches Lachen: Einzug der AfD führt zur Frontenbildung im Landtag von Ba.-Wü.

Florian Klebs Hochschulkommunikation
Universität Hohenheim

    Studie der Universität Hohenheim zu Zwischenrufen und Zwischenreaktionen im baden-württembergischen Landtag. Das Fazit: Der Ton wird rauer, die Diskussionskultur leidet.

    Durch den Einzug der AfD in den Landtag von Baden-Württemberg habe sich das Klima und das Verhalten der Fraktionen stark verändert. Ergebnis sei eine Frontenbildung zwischen der AfD und anderen Parteien, so eine Studie von Kommunikationswissenschaftlerinnen der Universität Hohenheim in Stuttgart. Darin analysierten die Forscherinnen, wie die unterschiedlichen Fraktionen im baden-württembergischen Landtag Zwischenrufe sowie andere Zwischenreaktionen wie Beifall, Lachen oder Heiterkeit in Parlamentsdebatten einsetzen. Die komplette Studie unter https://bit.ly/2PizxeS

    Lachen, Beifall oder auch Zwischenrufe seien im Parlament nämlich nicht einfach nur ein emotionaler Ausdruck des Moments, so Dr. Catharina Vögele, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Kommunikationstheorie der Universität Hohenheim und Leiterin der Studie.

    Hier seien sie politische Mittel, erläutert Dr. Vögele. „Als Zwischenrufe im Parlament bezeichnet man kurze Einwürfe von Abgeordneten, die gerade kein Rederecht haben, aber trotzdem eine Meinungsäußerung zum Redner, seiner Rede oder zu anderen Beteiligten abgeben wollen. Abgeordnete nutzen diese Zwischenrufe insbesondere, um Redner konkurrierender Fraktionen zu kritisieren und aus dem Konzept zu bringen oder um Redner der eigenen Fraktion zu unterstützen.“

    Auch mittels Beifalls oder Heiterkeit, erklärt Dr. Vögele weiter, kann Abgeordneten Zustimmung signalisiert werden; mithilfe von Lachen, das die Parlamentsstenografen bei hämischem, abfälligem Lachen notieren, dagegen Geringschätzung und Kritik.

    1897 Zwischenrufe in 20 Debatten

    Da Zwischenrufe und andere Zwischenreaktionen gerade in den Plenarprotokollen festgehalten werden, lassen sie sich gut untersuchen. Die Ergebnisse der Forscherinnen stützen sich damit auf zwei Inhaltsanalysen:

    1. Einer automatisierten Analyse der Zwischenreaktionen in den Plenarprotokollen der aktuellen und der vorherigen Legislaturperiode des baden-württembergischen Landtags.
    2. Einer manuellen quantitativen Inhaltsanalyse von 1897 Zwischenrufen in 20 aktuellen Debatten in diesen Legislaturperioden (zehn Debatten pro Legislaturperiode).

    Häufigstes Mittel der AfD: Hämisches und abfälliges Lachen

    Das Fazit der Untersuchung: Die AfD grenze sich mittels kritischer Zwischenrufe und hämischem Lachen von den anderen Fraktionen ab, betont Dr. Vögele: „Auffällig ist, dass die AfD mit Abstand am häufigsten das Mittel des hämischen und abfälligen Lachens einsetzt, um die Redner der anderen Fraktionen lächerlich zu machen.“ Außerdem kritisiere die AfD in Zwischenrufen die anderen Fraktionen stärker als die anderen Fraktionen sich gegenseitig.

    „Die Parlamentarier der anderen Fraktionen spenden den Rednern der AfD so gut wie keinen Beifall, sie reagieren nicht mit Heiterkeit und damit Wohlwollen auf deren Redebeiträge und sie kritisieren die Redner der AfD in Zwischenrufen scharf“, fasst Dr. Catharina Vögele weiter zusammen. „Zusätzlich werden die Zwischenrufe von AfD-Parlamentariern am häufigsten von den anderen Fraktionen ignoriert.“

    Im baden-württembergischen Landtag habe sich als Folge eine Front gebildet, so Dr. Vögele. „Die AfD ist auf der einen – und alle anderen Fraktionen auf der anderen Seite.“ In der vorherigen Legislaturperiode, als die AfD noch nicht im Landtag vertreten war, bestand dieses stark abgrenzende Verhalten gegenüber einer einzelnen Fraktion nicht.

    Migration als Themenschwerpunkt der AfD – auch bei Zwischenrufen

    Auch die Fokussierung der AfD auf Migrationsthemen schlägt sich in ihren Zwischenrufen nieder. So rufen die Abgeordneten der AfD beim Thema Migration und Integration am häufigsten dazwischen. „Das Zwischenrufverhalten reiht sich in die inhaltliche Positionierung der Partei ein“, stellt Claudia Thoms fest, Co-Autorin der Studie und ebenfalls wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Kommunikationstheorie der Universität Hohenheim.

    Regierungs-Oppositions-Konfliktlinie unabhängig von AfD-Einzug sichtbar

    In beiden Legislaturperioden ist außerdem eine Konfliktlinie zwischen Regierung und Opposition im Parlament sichtbar. „Regierungs- und Oppositionsfraktionen distanzieren sich mithilfe von kritischen Zwischenrufen und abfälligem Lachen voneinander“, sagt Claudia Thoms. Bei den Zwischenrufen waren die Oppositionsparteien dabei besonders aktiv mit ihrer Kritik an den Regierungsparteien.

    Den jeweiligen Regierungs- bzw. Oppositionspartner unterstützen die Fraktionen dagegen in den meisten Fällen mithilfe von Beifall und heiterem Lachen. Diesbezüglich sei das Verhalten der Fraktionen in Plenardebatten damit relativ leicht vorherzusehen.

    Text: C. Schmid

    Kontakt für Medien
    Dr. Catharina Vögele, Institut für Kommunikationswissenschaft
    T +49 711 459 24107, E c.voegele@uni-hohenheim.de

    Weitere Pressemitteilungen der Universität Hohenheim
    Pressemitteilungen: https://www.uni-hohenheim.de/presse


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    Dr. Catharina Vögele, Institut für Kommunikationswissenschaft
    T +49 711 459 24107, E c.voegele@uni-hohenheim.de


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    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
    Media and communication sciences, Politics
    transregional, national
    Research results
    German


     

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