In den letzten Jahren sind die Mengen an Betäubungsmitteln, die in der Industrie für die Fischzucht und in der Wissenschaft für Versuche mit Fischen eingesetzt werden, erheblich gestiegen. Doch ist wenig darüber bekannt, welche Betäubungsmittel in welchen Dosierungen am besten geeignet sind, um bei Fischen die angestrebten Effekte zuverlässig und schonend zu erzielen. Um darüber Aufschluss zu gewinnen, ist ein spezielles Neuronenpaar im Gehirn von Fischen hervorragend geeignet. Dies haben Biologen der Universität Bayreuth jetzt herausgefunden, die über ihre Forschungsergebnisse in der Zeitschrift "Scientific Reports" berichten.
Mauthner-Zellen als optimaler Prüfstein für Betäubungsmittel
Im Gehirn von Fischen und anderen sogenannten niederen Wirbeltieren befinden sich die Mauthner-Zellen. In diesem Neuronenpaar laufen von den Sinnesorganen kommende Informationen zusammen. Hier werden sie integriert und so weiterverarbeitet, dass die Tiere notfalls die Flucht vor einem Beutejäger ergreifen können. Wie sich in den Bayreuther Untersuchungen herausgestellt hat, sind die Mauthner-Zellen aufgrund ihrer integrierenden Funktionen im Nervensystem ein geradezu idealer Prüfstein, um festzustellen, welche Wirkungen ein Betäubungsmittel auf Fische genau hat. So haben die Forscher um Dr. Peter Machnik und Professor Dr. Stefan Schuster an Goldfischen getestet, wie und in welchen Dosierungen sich Betäubungsmittel auf akustische und optische Sinnesreize, auf die Verarbeitung dieser Sinnesreize im zentralen Nervensystem und schließlich auf das Bewegungsverhalten der Fische auswirken. Dabei prüften sie vor allem diejenigen Wirkstoffe, die derzeit am häufigsten bei Fischen und anderen niederen Wirbeltieren verwendet werden: Benzocain und das Benzocain-Derivat MS-222. Zudem wurden die Wirkstoffe 2-Phenoxyethanol (2-PE) und Aqui-S untersucht, die oft in der Fischindustrie zum Einsatz kommen.
Wege zum verbesserten Tierschutz in Industrie und Wissenschaft
„In allen Fällen konnten wir die Wirkungen dieser Wirkstoffe und ihrer Dosierungen in sehr kurzer Zeit präzise feststellen, auch wenn alle Versuche an tief betäubten Tieren vorgenommen wurden“, erläutert Schuster, der an der Universität Bayreuth den Lehrstuhl für Tierphysiologie innehat. Er betont die Chancen, die sich daraus für einen verbesserten Schutz der Fische ergeben: „Für den Tierschutz ist es von besonderem Interesse, dass schon wenige Fische ausreichen, um mit hoher Präzision die Wirkungen zu ermitteln, die ein Wirkstoff in einer bestimmten Dosierung hat. Wir konnten hier zeigen, dass bei Messungen im Mauthner-System schon drei Fische reichen, um eine fundierte Aussage machen zu können. Untersuchungen an größeren Gruppen von Fischen führen nicht zu signifikant abweichenden Ergebnissen.“
Dr. Peter Machnik, Habilitand am Lehrstuhl für Tierphysiologie, verweist auf den aktuellen forschungspolitischen Kontext: „Neuere Forschungen haben immer mehr Indizien für höhere kognitive Fähigkeiten von Fischen und damit auch für ihre Leidensfähigkeit zutage gefördert. Gleichzeitig ist die weltweite Fischproduktion, die zum Teil mit erheblichem Stress für die Tiere verbunden ist, nach Angaben der Welternährungsorganisation FAO auf über 170 Millionen Tonnen gestiegen. Daher haben zahlreiche Staaten die gesetzlichen Standards für den Schutz von Fischen und anderen wechselwarmen Wirbeltieren zu Recht angehoben. Somit drängt die Zeit für den schonenden und effektiven Einsatz von Betäubungsmitteln auch bei diesen Tieren. Diese Betäubungsmittel können allerdings von der pharmazeutischen Industrie nicht von heute auf morgen entwickelt werden. Umso wichtiger sind die jetzt anhand der Mauthner-Zellen gewonnenen Erkenntnisse. Sie zeigen, wie der Einsatz bereits vorhandener Wirkstoffe ohne großen Aufwand optimiert werden kann. Und sie geben wertvolle Hinweise für die Erprobung und Einführung neuer Wirkstoffe, die den Tierschutz in den nächsten Jahren weiter voranbringen werden.“
Forschungsförderung:
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat die Bayreuther Forschungsarbeiten im Rahmen eines Reinhart Koselleck-Projekts gefördert.
Dr. Peter Machnik
Lehrstuhl für Tierphysiologie
Universität Bayreuth
Telefon: +49 (0)921 / 55-2473
E-Mail: peter.machnik@uni-bayreuth.de
Prof. Dr. Stefan Schuster
Lehrstuhl für Tierphysiologie
Universität Bayreuth
Telefon: +49 (0)921 / 55-2470
E-Mail: stefan.schuster@uni-bayreuth.de
Peter Machnik, Elisabeth Schirmer, Laura Glück, Stefan Schuster: Recordings in an integrating central neuron provide a quick way for identifying appropriate anaesthetic use in fish. Scientific Reports (2018), Vol. 8, No. 17541. DOI: 10.1038/s41598-018-36130-8
Dr. Peter Machnik und Elisabeth Schirmer M.Sc. in einem Labor des Lehrstuhls für Tierphysiologie an ...
Foto: Christian Wißler.
None
Goldfisch in einem Bayreuther Labor für Tierphysiologie.
Foto: Christian Wißler.
None
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, Students, Teachers and pupils, all interested persons
Biology, Zoology / agricultural and forest sciences
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
Dr. Peter Machnik und Elisabeth Schirmer M.Sc. in einem Labor des Lehrstuhls für Tierphysiologie an ...
Foto: Christian Wißler.
None
Goldfisch in einem Bayreuther Labor für Tierphysiologie.
Foto: Christian Wißler.
None
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).