Statement von Prof. Dennis J. Snower, Ph.D., Präsident Institut für Weltwirtschaft Kiel, zum Abstimmungsergebnis im britischen Parlament:
„Die Entscheidung des britischen Parlamentes ist tragisch, denn sie macht einen „No-Deal“ hochwahrscheinlich. Wenn Brüssel jetzt Bereitschaft zeigt, bei künftigen Verhandlungen über die Beziehungen zu Großbritannien ein Abkommen nur über den Güterhandel zu schließen, und London insbesondere bei der Personenfreizügigkeit freie Hand behält, könnte Theresa May in drei Tagen vielleicht doch noch einen Scheidungsvertrag durch das Parlament bekommen. Dies ist jedoch mehr als unwahrscheinlich. Die Entscheidung des Parlamentes hätte nur dann etwas Gutes für sich, wenn sie zu einem zweiten Referendum führen würde.
Ein „No Deal“ bedeutet nicht einfach nur Güterhandel mit Zöllen, sondern dürfte den Handel zwischen der EU und Großbritannien vorübergehend komplett zum Erliegen bringen. Vor allem die britische Wirtschaft muss sich dann auf gewaltige Einschnitte vorbereiten. Denn es fehlt jegliche personelle und physische Infrastruktur, um einen Handel ohne Abkommen zu kontrollieren. Angefangen bei der Überprüfung unterschiedlicher Standards, seien sie technischer Natur oder die Kennzeichnung von Produkten betreffend, bis hin zur administrativen Erhebung von Steuern und Zöllen. Diese Infrastruktur komplett aufzubauen, würde nach Expertenschätzungen rund fünf Jahre benötigen, bis dahin würde der Handel unter einer zähen Abwicklung leiden. Bei Dienstleistungen, bei denen es kein umfassendes Regelwerk wie bei Gütern zwischen WTO-Mitgliedern gibt, verhält es sich noch komplizierter, wie die Notfallpläne etwa für den Flugverkehr zeigen.
Die britische Bevölkerung sollte außerdem ein zweites Mal nach ihrer Meinung zum Brexit befragt werden. Erst jetzt liegen die Optionen mit ihren Konsequenzen auf dem Tisch, bei der ersten Abstimmung war dies nicht der Fall. Es ist davon auszugehen, dass viele Stimmen unter falschen und unrealistischen Annahmen abgegeben wurden. Zur Wahl sollte stehen: ein Verbleib in der EU, die Annahme von Theresa Mays ausgehandelter Übergangsvereinbarung und anschließenden weiteren Verhandlungen oder ein harter Brexit ohne einen Deal.“
Medienansprechpartner:
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Pressesprecher IfW Kiel
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Institut für Weltwirtschaft
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