idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
03/25/2019 16:44

Verkehrskontrolle für Zellen

Nicolas Scherger Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau

    Forscher entwickeln ein Hydrogel, dessen Steifigkeit und Durchlässigkeit für Zellen mit Licht kontrollierbar ist

    Zellen im menschlichen Körper können sich unterschiedlich verhalten, abhängig von den mechanischen Eigenschaften des Gewebes, das sie umgibt. Dies gilt besonders für Immunzellen, die durch den Körper wandern, dabei auf Gewebe mit unterschiedlichen Eigenschaften treffen und darauf angemessen reagieren müssen. Um Untersuchungen zu ermöglichen, wie Zellen sich verhalten, wenn sich die Steifigkeit des umgebenden Gewebes verändert, haben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Freiburger Exzellenzcluster im Bereich biologische Signalforschung BIOSS und CIBSS sowie des Exzellenzclusters livMatS zusammengetan: Sie haben als zelluläre Umgebung ein Hydrogel entwickelt, dessen Steifigkeit sie mithilfe von Lichtsignalen erhöhen und senken können. Die Studie ist das erste gemeinsame Projekt von CIBSS und livMatS und erscheint als Titelthema der aktuellen Ausgabe des Fachjournals „Advanced Materials“.

    In der Optogenetik nutzen Forscherinnen und Forscher Licht, um zelluläre Proteine und Prozesse präzise zu steuern. Bislang hat sich die Anwendung vor allem auf Vorgänge innerhalb der Zelle konzentriert. „Werkzeuge, die es erlauben, die Eigenschaften der zellulären Umgebung räumlich und zeitlich genau zu kontrollieren, fehlen bisher weitgehend“, sagt Prof. Dr. Wilfried Weber, Hauptautor der Studie und Mitglied des Sprecherteams von CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies. „Unsere Forschung zeigt aber, dass von der Optogenetik inspirierte Ansätze vielversprechende Möglichkeiten eröffnen, mit denen wir analysieren können, wie Zellen auf Veränderungen in ihrer Umgebung reagieren.“

    Um ein Hydrogel zu entwickeln, dessen Steifigkeit sich mithilfe von Lichtsignalen erhöhen und senken lässt, war es zunächst erforderlich, einen passenden molekularen Schalter zu finden. Nach Recherche in ihrer öffentlich zugänglichen Datenbank OptoBase, https://www.optobase.org/, entschieden sich die Autorinnen und Autoren für das Protein Cph1 – ein Phytochrom, das in Bakterien vorkommt und auf Licht reagiert: Wird es hellrotem Licht ausgesetzt, bindet es an ein anderes Cph1-Molekül, bei dunkelrotem Licht wird diese Bindung wieder gelöst.

    Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickelten eine Variante von Cph1 mit eingebauten Andockstellen für Zellen. Dieses Protein koppelten sie an ein verzweigtes Polyethylenglykol-Polymer und stellten damit ein Hydrogel her. Wird es hellrotem Licht ausgesetzt, binden die enthaltenen Cph1-Moleküle aneinander und erhöhen so die Quervernetzung und damit die Steifigkeit des Hydrogels; bei dunkelrotem Licht lösen sich die Bindungen, und die Steifigkeit wird wieder verringert. Die Gruppe von Prof. Dr. Andreas Walther vom Exzellenzcluster livMatS – Living, Adaptive and Energy-autonomous Materials Systems war an der Bestimmung von physikalischen Eigenschaften des Hydrogels, die eine entscheidende Rolle für die Zellmigration spielen, unter verschiedenen Beleuchtungsbedingungen beteiligt. „Dieses System ist ideal, um zu erforschen, wie Zellen auf dynamische Veränderungen der mechanischen Eigenschaften ihrer Umgebung reagieren“, erklärt Dr. Maximilian Hörner, Erstautor der Studie. „Wir können die Materialeigenschaften in Sekundenschnelle beeinflussen, wobei die Veränderungen vollständig umkehrbar und präzise regulierbar sind.“

    In Experimenten zur Wanderung von T-Zellen, einem Typ von Immunzellen, der Krebs bekämpfen kann, zeigten die Autoren: Nur diejenigen Teile der Matrix, die dunkelrotem Licht ausgesetzt waren und daher eine geringere Steifigkeit aufwiesen, waren durchlässig für die Wanderung von T-Zellen. „Wir beobachteten, dass T-Zellen, die Tumore bekämpfen können, nicht durch eine Matrix mit erhöhter Steifigkeit wandern können. Zugleich ist bekannt, dass Tumorzellen bevorzugt durch steifes Gewebe wandern, um die Invasion und Bildung von Metastasen auszulösen“, sagt Gruppenleiterin Privatdozentin Dr. Susana Minguet, die an der Studie ebenfalls beteiligt war. „Die kontrollierbare Matrix imitiert die sich dynamisch verändernden Umgebungen, denen Immunzellen begegnen, wenn sie sich durch gesundes Gewebe oder Tumorgewebe bewegen. Damit hat sie das Potenzial, zu erklären, warum manche auf T-Zellen basierende Immuntherapien gegen Krebs nicht erfolgreich sind, und zur Entwicklung besserer therapeutischer Ansätze beizutragen.“

    Originalpublikation:
    Hörner M., Raute K., Hummel B., Madl J., Creusen G., Thomas O.S., Christen E.H., Hotz N., Gübeli R.J., Engesser R., Rebmann B., Lauer J., Rolauffs B., Timmer J., Schamel W.W.A., Pruszak J., Römer W., Zurbriggen M.D., Friedrich C., Walther A., Minguet S., Sawarkar R. and Weber W. (2019): Phytochrome-Based Extracellular Matrix with Reversibly Tunable Mechanical Properties. In: Advanced Materials 31(12):e1806727. DOI: 10.1002/adma.201806727
    https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/adma.201806727

    Kontakt:
    Dr. Maximilian Hörner
    Exzellenzcluster im Bereich Biologische Signalforschung BIOSS und CIBSS
    Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
    Tel.: +49 (0)761/203-67485
    maximilian.hoerner@biologie.uni-freiburg.de

    Prof. Dr. Wilfried Weber
    Exzellenzcluster im Bereich Biologische Signalforschung BIOSS und CIBSS
    Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
    wilfried.weber@biologie.uni-freiburg.de


    More information:

    https://www.pr.uni-freiburg.de/pm/2019/verkehrskontrolle-fuer-zellen?set_languag...


    Images

    Grafik: Jo Richers
    Grafik: Jo Richers

    None


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology, Medicine
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Grafik: Jo Richers


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).