Eine alte akademische Tradition sind die sogenannten Antrittsvorlesungen, mit denen eine Professorin oder ein Professor offiziell an ihrer/seiner neuen Hochschule willkommen geheißen wird. Ein solches Willkommen sprach die Universität Vechta Ende April Prof.in Dr.in Karin Zimmer und Prof. Dr. Daniel Scholl aus. Beide sind im Studienfach Erziehungswissenschaften der Fakultät I – Bildungs- und Gesellschaftswissenschaften tätig und hatten zur gemeinsamen Antrittsvorlesung geladen.
Nach einer Begrüßung durch Universitätspräsident Prof. Dr. Burghart Schmidt und einem Grußwort der Studiendekanin der Fakultät I, Prof.in Dr.in Jantje Halberstadt, die die neuen Kolleg*innen mit ihrer Vita vorstellte, referierte zunächst Prof.in Dr.in Karin Zimmer. Sie stellte unter dem Titel „Transfer ist das A und O“ – ein Zitat von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek – Potenziale der Empirischen Bildungsforschung in Vechta vor. Dafür beleuchtete sie zunächst die jüngere Vergangenheit der deutschen Bildungspolitik seit der ersten Teilnahme an der PISA-Studie, die teils vernichtende Ergebnisse erbrachte. Eine Reaktion der Politik darauf bestand in der Stärkung der empirischen Bildungsforschung. „Man spricht hier von der sogenannten ‚Neuen Steuerung‘“, erläuterte Zimmer. „Entscheidungen in Bildungspolitik, -administration und -praxis sollen evidenzinformiert gefällt werden.“ Bei allem Ausbau der Forschung, so Zimmer, beklagten die beteiligten Instanzen aber den mangelnden Transfer, d. h. den Austausch von Forschung und Praxis. Anhand dreier zentraler Handlungsfelder sei Transfer umzusetzen, so die Bildungsforscherin: Die Öffentlichkeit und andere Akteursgruppen müssten über Forschung informiert werden und die Ergebnisse sollten aufbereitet und in Beratungskontexten bereitgestellt werden für beispielsweise Interessenvertretungen und Entscheidungsträger*innen in Politik und Administration. Außerdem sollte im Sinne kooperativen Handelns Forschung partizipativ angegangen werden und, zusätzlich zum traditionellen Technologietransfer, Wissenschaft-Praxis-Kooperationen aufgebaut werden. Beispiele führte Karin Zimmer aus ihrer eigenen Arbeit an: Im deutsch-kanadischen Projekt zur Fluchtforschung („Integration CAN-D: Forschungszusammenarbeit zur Integration von Geflüchteten zwischen Kanada und Deutschland“) wird aktuell analysiert, welche Projekte der deutschen Fluchtforschung wie agieren. Dabei zeigte sich u. a., dass eine ganze Reihe bereits im Handlungsfeld Beratung aktiv sind, die Bereiche Kommunikation und kooperatives Handeln demgegenüber aber abfallen und noch ausbaufähig sind. Ein weiteres Beispiel war die Methode des Systematic Review, die Erstellung einer systematischen Überblicksarbeit mit dem Ziel, Wissen zu verdichten. Hierzu plant Zimmer eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Informations- und Fachwissenschaften sowie mit der Transferstelle der Universität Vechta und dem Science Shop Vechta/Cloppenburg. Ferner wird vor Ort in Vechta demnächst ein EduScienceLab für empirische Untersuchungen zur Verfügung stehen.
Mit dem Zitat Immanuel Kants „Pläne machen ist mehrmalen eine üppige, prahlerische Geistesbeschäftigung, dadurch man sich ein Ansehen von schöpferischem Genie gibt“ im Titel seiner Antrittsvorlesung leitete Prof. Dr. Daniel Scholl seine Vision für die Allgemeine Didaktik an der Universität Vechta ein. Bei einer solchen Vision, so Scholl zum Einstieg, müsse berücksichtigt werden, dass sie unter anderem aus der Auseinandersetzung mit der gegenwärtig geübten Grundsatzkritik an der Disziplin der Allgemeinen Didaktik hervorgehe. Diese Kritik stamme vor allem aus der Disziplin der empirischen Unterrichtsforschung, die für sich in Anspruch nehme, Wirkungsbehauptungen über Unterricht, die in allgemeindidaktischen Theorien getroffen wurden und werden, auch empirisch zu untersuchen. In seiner Reaktion auf diese Kritik nahm Scholl nicht nur Kurt Reussers vermittelnde Position einer empirisch fundierten Didaktik bzw. didaktisch fundierten Unterrichtsforschung ein, sondern verwies außerdem darauf, dass die Allgemeine Didaktik auch Aspekte der Unterrichtsplanung fokussiere, wofür es in der empirischen Unterrichtsforschung keine Entsprechung gebe. Aufgrund der bestehenden Probleme in der Auseinandersetzung mit diesen Aspekten gelte es allerdings „eine empirisch fundierte didaktische Wissenschaft zu begründen, die vorhandene Konzepte der Unterrichtsplanung erweitert.“ In diesem Vorhaben sah Scholl seinen „Zukunftsplan für die Allgemeine Didaktik“ mit einer entsprechenden praxisbezogenen Grundlagenforschung. Am Beispiel einer klassischen allgemeindidaktischen Theorie (Berliner Didaktik) und in Analogie zu den Anfängen der psychologischen Planungswissenschaft zeigte Scholl dabei exemplarisch zwei Herausforderungen für eine solche Grundlagenforschung auf: Erstens sei den Fragen danach, was unter der Operation der Planung verstanden und wie das Konstrukt der Planungskompetenz sowohl spezifiziert als auch gemessen werden könne, bisher beinahe keine Aufmerksamkeit gewidmet worden. Zweitens seien Annahmen zur Bedeutung der Unterrichtsplanung für die Kernaufgabe des Unterrichtens im Zyklus von Planung, Durchführung und Analyse überraschend wenig empirisch abgesichert. Unter anderem diese beiden Desiderate, so deutete Scholl ausblickend an, würden momentan in seinem vom Niedersächsischen Wissenschaftsministerium geförderten Projekt „DU – Digitales Unterrichtscoaching“ gemeinsam mit den Fachdidaktiken Geographie, Mathematik, Sachunterricht und Sport sowie in Kooperation mit Zentrum für Lehrer*innenbildung (alle Universität Vechta) bearbeitet. Synergien für dieses Projekt würden sich dabei auch aus dem Projekt „EduScienceLab“ ergeben, das er zusammen mit Karin Zimmer leitet.
Prof.in Dr.in Karin Zimmer
wurde zum 1. November 2017 als Professorin für Empirische Bildungsforschung, Schwerpunkt Schule, an der Universität Vechta berufen. Ihre Forschungstätigkeiten liegen in den Bereichen Empirische Forschungsmethoden, Nutzung von wissenschaftlicher Evidenz in Politik, Administration und Praxis sowie in der wissenschaftlich fundierten Entwicklung und Prüfung pädagogischen Handelns. Vor ihrer Berufung nach Vechta war Zimmer am DIPF – Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation in Frankfurt am Main tätig.
Prof. Dr. Daniel Scholl
ist seit Februar 2018 Professor für Schulpädagogik und Allgemeine Didaktik an der Universität Vechta. Zuvor war er an der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln tätig. Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem in der empirischen Fundierung der Allgemeinen Didaktik und in der empirischen Lehrer*innenbildungsforschung. Vor seiner Berufung an die Universität Vechta hat sich Scholl als Akademischer Rat mit einer Arbeit zur „Metatheorie der Allgemeinen Didaktik“ an der Universität zu Köln habilitiert.
(v. l.) Prof. Dr. Daniel Scholl, Prof.in Dr.in Karin Zimmer, Studiendekanin Prof.in Dr.in Jantje Hal ...
Universität Vechta/Pressestelle
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(v. l.) Prof. Dr. Daniel Scholl, Prof.in Dr.in Karin Zimmer, Studiendekanin Prof.in Dr.in Jantje Hal ...
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