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05/22/2019 17:59

46. Brandenburger Regionalgespräch diskutiert Perspektiven für die Lausitz.

Dr. Felix Müller Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS)

    Zum 46. Brandenburger Regionalgespräch zum Thema "Was heißt hier Strukturwandel in der Lausitz?" fanden sich heute Vertreterinnen und Vertreter von Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft am Leibniz-Institut für Raumbazigene Sozialforschung (IRS) in Erkner ein, um neue Entwicklungsperspektiven für die Lausitz zu diskutieren. Wissenschaftler des IRS sprachen sich dafür aus, in der Region einen eigenen, selbstbestimmten Entwicklungspfad zu beschreiten.

    „Mit dem Strukturwandel der Lausitz entsteht gerade eine Konstellation, die aus meiner Sicht beispiellos ist“, sagte Prof. Dr. Oliver Ibert heute im Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS) in Erkner anlässlich des 46. Brandenburger Regionalgesprächs zum Thema „Was heißt hier Strukturwan-del in der Lausitz?“. Der Wirtschaftsgeograph wies darauf hin, es sei der Fall eingetreten, „dass mehr Geld als Ideen für Investitionen bereit stehen“. Dem Vernehmen nach sollen insgesamt 40 Mrd € für alle Braunkohleregionen in Deutschland bereitstehen und von diesem Geld solle ein großer Teil in die Lausitz nach Brandenburg und nach Sachsen fließen. Für Entscheider in Politik, Verwaltung und Wirtschaft gehe es künftig nun darum, eine neue und eigenständige Regionalentwicklung zu ermöglichen. „Nur alte Ideen-Schubladen zu durchforsten, das reicht nicht mehr aus“, so Ibert. Die Politik sei nun in der Pflicht, Mut und Geduld aufzubringen und trotz Handlungs-druck gute Ideen zu entwickeln.

    Welche generellen Handlungsoptionen einer eigenständigen Regionalentwicklung es gibt, darüber haben die Wissenschaftler im IRS in den vergangenen Jahren ausgiebig geforscht. Sie haben herausgefunden, wie politische Akteure auf der regionalen Ebene Gelegenheiten zur Innovation schaffen oder ergreifen können und wie sie externe Expertise mobilisieren können, um Innovationen in der Region zu verorten. In dem Regionalgespräch am Mittwochnachmittag am IRS in Erkner ging es jetzt darum, diese allgemeinen Erkenntnisse auf die aktuelle Situation in der Lausitz anzuwenden und im Dialog mit wichtigen Akteuren und Experten aus der Region, wie Prof. Dr. Zundel von der BTU Cottbus-Senftenberg, Daniel Häfner, von der FU Berlin und dem Lausitzer Institut für strategische Beratung GmbH sowie Axel Kruschat vom BUND Brandenburg, nach regionalen Handlungsoptionen zu suchen

    Wichtig sei es vor allem, mehr Mobilität zu fördern. Die Politik könne zum Beispiel Programme auflegen, um externe Expertise anzuziehen oder um Akteuren in der Region zu ermöglichen, woanders neue Erfahrungen zu machen. Auch müsse in der Region noch viel stärker als bisher eine Kultur gefördert werden, Fremden offen zu begegnen und neugierig auf sie zu sein. Und statt Angst vor Abwanderungen zu schüren, käme es heutzutage vielmehr darauf an auf „Brain Circulation“ zu vertrauen und Kontakt zu denen halten, die vorläufig die Region verlassen haben.

    Einen guten strukturpolitischen Ansatz für die Lausitz sieht das Forscherte-am im IRS um Oliver Ibert außerdem darin, neuen Umgang mit Ideen zu pflegen, die andernorts gescheitert sind und ihnen eine zweite Chance des Gelingens zu geben. Dafür müsse man in der Region mehr geschützte und verlässliche Experimentierorte schaffen, in denen innovative Menschen beispielsweise mehr Schutz für Ihre Ideen in der Frühphase haben. Das IBA Studierhaus sei hier ein gutes Beispiel. Allerdings müssten in der Lausitz in einem nächsten Schritt nun neue Coworking Spaces und neue Forschungs-standorte folgen.

    Dr. Ludger Gailing, der am IRS seit 2011 zur Energiewende forscht, sagte am Mittwoch, in der Lausitz habe man es mit einer paradoxen Überlagerung alter und neuer Energieräume zu tun. In solchen Regionen wie der Lausitz entscheide sich der Erfolg der Energiewende. „Neue Energieräume der erneuerbaren Energieproduktion entstehen überall, auch in der Lausitz“, sagte Gailing. Gleichzeitig blockierten dort Akteure der bisherigen Auffassung von Energieräumen den Ausstieg aus dem alten zentralisierten, auf fossilen Energieträgern beruhenden Energiesystem. Es sind die Infrastrukturen der gewaltigen Braunkohlekraftwerke und der Tagebaue, die darauf ausgerichteten Beschäftigten- und Ausbildungsverhältnisse sowie manche Akteure, die Neues blockierten. Solche Beharrungskräfte hat Gailing auch in Nordengland und im Rheinland ausfindig gemacht.

    Gailing indes ist zuversichtlich. Die nun in den nächsten Jahren staatlich for-cierte Strukturpolitik könne etwa mit dem Ausbau von Infrastrukturen und mit neuen Forschungsstandorten verhindern, dass die Lausitz wie die Kohle-reviere Nordenglands „ins Bodenlose fällt“. Die Strukturpolitik dürfe aber nicht als Fernsteuerung von Berlin oder Potsdam aus ablaufen. Sie müsse von der verantwortlichen Politik viel stärker als bisher als regional entschie-dener, gestalteter und verantworteter Entwicklungspfad begriffen werden.

    „Wenn sich die Lausitz selbst als Handlungsraum für Energiewende und Kli-maschutz neu erfindet und dabei erfolgreich ist, dann spielt auch das Aus-stiegsdatum irgendwann keine große Rolle mehr“, meint Gailing. Die „präventive Transformation“ der Lausitz müsse aber jetzt beginnen. Wenn ein eigener „Lausitzer Weg“ gelänge, der wesentliche Aspekte der jetzt anstehenden Phase der Energiewende wie zum Beispiel Sektorkopplung, Digitalisierung und Speicherung voranzutreiben, dann hätte die Lausitz das Potenzial, sich in den kommenden fünf Jahren als Experimentierraum und Pionierregion zu entwickeln.

    Der Strukturwandel sei ein Gelegenheitsfenster für neue andere Formen des Wirtschaftens und Arbeitens. Dies bedeutet nach Ansicht von Oliver Ibert und Ludger Gailing vor allem, die Menschen in der Region und die Zivilgesellschaft als Ausgangspunkt zu begreifen.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Oliver Ibert
    Leiter der Forschungsabteilung „Dynamiken von Wirt-schaftsräumen“
    03362/793-150
    oliver.ibert@leibniz-irs.de

    Dr. Ludger Gailing
    Komm. Leiter der Forschungsabteilung
    „Institutionenwandel und regionale Gemeinschaftsgüter“
    03362/793-252
    ludger.gailing@leibniz-irs.de


    More information:

    https://leibniz-irs.de/aktuelles/veranstaltungen/2019/05/was-heisst-hier-struktu...


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    Criteria of this press release:
    Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
    Economics / business administration, Environment / ecology, Politics, Social studies
    regional
    Transfer of Science or Research
    German


     

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