Noch schneller und sicherer: Förderbänder mit Luftpolster
Chemnitzer Wissenschaftler zeigen auf der Innovation Ž98 in Leipzig pfiffige Fördertechnik
Es sind oft die unscheinbaren Erfindungen, die unser Leben leichter machen. Können Sie sich zum Beispiel vorstellen, wie unsere Vorfahren schuften mußten, wenn sie Kohlen oder Erz, Kartoffeln oder Zucker, Salz oder Sand transportieren oder umladen mußten? Wenn die in Säcken verpackt waren, ging es ja noch. Doch da mußten sie erst mal rein. Aber wehe, das Zeug war lose, "Schüttgut" oder Stückgut", wie die Fachleute das nennen. Dann hieß es schleppen und sich den Rücken krumm machen. Hilfe boten allenfalls abschüssige Rinnen aus Holz oder Metall. Später kamen dann findige Erzschürfer darauf, daß sich goldhaltiges Gestein (und natürlich auch andere Güter) noch besser transportieren ließen, wenn man die Dinger aufhängt und kräftig daran rüttelt: die Schüttelrutsche war erfunden. Einen schweren Nachteil hatten freilich Rinne und Rutsche: Mit ihnen konnte man nur bergab transportieren ....
Es dauerte immerhin bis 1861, als der Ingenieur A. Lopatin den Urtyp des Förderbandes erfand, die "Sandfuhre". Auch dabei spielte wieder der Goldbergbau eine Rolle - die Aussicht auf Gewinn bringt offensichtlich das menschliche Hirn auf Hochtouren. Doch erst 1906 ersann der Engländer Sutcliff ein Förderband, das diesen Namen auch wirklich verdiente. Er setzte es in Kohlebergwerken ein, und erst ab jetzt lohnte sich auch der Abbau von schmalen kohleführenden Schichten, den "Flözen". Für das Material des Bandes selbst verwendete Sutcliff zunächst baumwollene, später dann gummierte Gewebe. Dennoch dauerte es noch viele weitere Jahre, bis die Förderbänder allgemein verbreitet waren.
Jetzt hat eine Arbeitsgruppe um den Maschinenbauer Prof. Klaus Nendel, die an der Chemnitzer Uni für Fördertechnik zuständig ist, das Förderband abermals um eine entscheidende Kleinigkeit verbessert - eine neuartige Umlenkrolle. Die neue Technik wird er erstmals auf der Innovation '98 vom 3. bis 6. November in Leipzig, Neues Messegelände, auf dem Gemeinschaftsstand der sächsischen Hochschulen "Forschungsland Sachsen", Halle 4, Stand B 02, vorstellen.
Bisher war der Übergang von einem Förderband zum nächsten ein Problem. Besonders bemerkbar macht sich das bei Stückgütern mit kleinen Abmessungen, wie sie in der Lebensmittelindustrie oder bei der Arzneimittelherstellung häufig vorkommen, also etwa bei Pralinen, Tabletten oder Lebkuchen. Die sollen nämlich ihre Lage bei der Übergabe von einem Förderband zum nächsten beibehalten, etwa, weil sie im nächsten Arbeitsschritt verpackt oder mit Schokolade übergossen werden. Würde man einfach zwei Förderbänder übereinander montieren, wie es bei Schüttgut geschieht, also etwa bei Getreide, Erz oder Kohle, würden die Teile dagegen wild durcheinander purzeln. Die Lücke, die an den Übergabestellen zwischen den Umlenkrollen entsteht, muß also möglichst vermieden werden.
Das erreicht man am besten mit kleinen Umlenkrollen. Doch damit ergeben sich neue Schwierigkeiten: Wegen des kleineren Durchmessers treten höhere Reibungskräfte auf, Umlenkrolle und Band erwärmen sich. Was das bei Pralinen bedeutet, kann sich jeder vorstellen... Um die Wärmeentwicklung zu vermeiden, senkt man deshalb die Transportgeschwindigkeit auf etwa einen halben Meter pro Sekunde - zu wenig etwa für heutige Verpackungsmaschinen. Zudem kann man die Rollen kaum dünner als etwa zehn Millimeter machen - andernfalls könnten sie sich durchbiegen -, und das ist immer noch zu groß für empfindliche Fördergüter.
Dir pfiffige Idee der Chemnitzer: Sie versahen das Umlenkrohr mit feinen Düsen, durch die sie vom Inneren des Rohrs her Luft blasen. Das umlaufende Gummiband wird so gleichsam wie ein Luftkissenfahrzeug angehoben, die Reibung schlagartig auf ein Viertel vermindert. Durch die geringere Reibung und den gleichmäßigen Luftstrom ist eine Kühlung praktisch gleich mit eingebaut. Mehr noch: die Bandgeschwindigkeit läßt sich, da die Reibungswärme keine Rolle mehr spielt, auf bis zu drei Meter pro Sekunde, also das fünf- bis sechsfache, erhöhen. Auch die Zugkräfte am umlaufenden Gurt sinken, er hält länger. Darüber hinaus läßt sich so der Rollendurchmesser auf unter sechs Millimeter senken. Die Güter lassen sich so nahezu lückenfrei von einem Förderband zum nächsten übergeben. Die neue Umlenkkante ist mittlerweile zum Patent angemeldet. Klar, daß durch das neue Verfahren auch die Herstellungskosten gesenkt werden. Und ebenso klar ist, daß sich bereits ein Förderbandhersteller, die Axmann Fördersysteme aus Zwenkau, bei Prof. Nendel gemeldet hat.
Weitere Informationen: Technische Universität Chemnitz, Fakultät für Maschinenbau und Verfahrenstechnik, Reichenhainer Str. 70, 09107 Chemnitz, Prof. Dr. Klaus Nendel, Tel. 0371/531-2323, Fax 0371/531-2324, e-mail: foerdertechnik@mb3.tu-chemnitz.de
Prinzipskizze der neuartigen Fördertechnik, die an der TU Chemnitz entwickelt wurde
None
Criteria of this press release:
Construction / architecture, Economics / business administration, Mechanical engineering
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Research projects
German
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