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10/27/1998 00:00

Atomare Transportprozesse als Schlüssel zum Verständnis der Hochtemperaturoxidation von Legierungen

Jochen Brinkmann Kontaktstelle Schule - Universität
Technische Universität Clausthal

    In seiner Dissertation, die am 30. Oktober mit dem Eberhard-Schürmann-Förderpreis 1998 ausgezeichnet wird, hat Dr.-Ing. Martin Göbel dazu beigetragen, die komplexen Abläufe bei der Hochtemperaturoxidation besser zu verstehen und die Möglichkeiten und Grenzen von Isotopenexperimenten in Verbindung mit der Sekundärneutralteilchen-Massenspektrometrie (SNMS) aufzuzeigen.

    Der Wirkungsgrad jedes thermodynamischen 'Kraft-Wärme-Prozesses' erhöht sich mit steigender Temperaturdifferenz. Das trieb und treibt die Werkstoffforschung an, Materialien zu entwickeln, die bei immer höheren Temperaturen möglichst lange eingesetzt werden können. Wegen ihrer im Vergleich zu keramischen Werkstoffen günstigeren mechanischen Eigenschaften kommen überwiegend metallische Werkstoffe zum Einsatz. Lebensdauer bei hohen Temperaturen wird jedoch durch korrosiven Verschleiß begrenzt. Dem Oxidationsschutz der heißgehenden Komponenten kommt daher eine erstrangige Bedeutung zu. In seiner Dissertation, die am 30. Oktober mit dem Eberhard-Schürmann-Förderpreis 1998 ausgezeichnet wird, hat Dr.-Ing. Martin Göbel dazu beigetragen, die komplexen Abläufe bei der Hochtemperaturoxidation besser zu verstehen und die Möglichkeiten und Grenzen von Isotopenexperimenten in Verbindung mit der Sekundärneutralteilchen-Massenspektrometrie (SNMS) aufzuzeigen. Die Arbeit wurde von Professor Dr.-Ing. G. Borchardt, Institut für Allgemeine Metallurgie der TU Clausthal, betreut.
    Das Prinzip des Oxidationsschutzes nichtoxidischer Materialien (Legierungen, intermetallische Phasen, etc.) bei hohen Temperaturen (T > 800 ºC) ist stets das gleiche: Ausbildung einer passivierenden Oxidschicht, die als 'Diffusionssperre' zwischen dem Basismaterial und der umgebenden Atmosphäre dient. Diese Schichten bestehen im allgemeinen aus Silicium-, Chrom- oder Aluminiumoxid. Entscheidend für dieses Konzept sind die folgenden Eigenschaften der Oxide: thermische Stabilität und geringe Fehlordnung im atomaren Gitteraufbau. Hat sich nämlich erst einmal eine Schicht ausgebildet, so wächst diese nur dann weiter, wenn entweder der Sauerstoff der Umgebung durch die Schicht diffundiert und an der Grenzfläche Oxid/Metall neues Oxid bildet, oder Metallionen aus dem Basismaterial durch die Schicht an die äußere Grenzfläche wandern und dort mit dem Sauerstoff reagieren. Je langsamer also der atomare Transport in der Schicht erfolgt, desto besser können diese Systeme als Oxidationsschutz fungieren.
    Die oben erwähnten Elemente können dem Basismaterial beigegeben (zulegiert) werden, so daß sich bei ausreichender Mobilität dieser Elemente im Grundmaterial auf dem Werkstück eine entsprechende Schutzschicht ausbilden kann. Solche Schichten sind 'selbstheilend', das heißt, daß sie sich nach (z.B. mechanischer) Beschädigung erneut wieder ausbilden. Aluminiumoxid als Schutzschicht kommt dabei eine besondere Rolle zu, da die atomaren Transportparameter in diesem Material besonders niedrige Werte haben.
    Die Clausthaler Dissertation war Teil eines europäischen Forschungsprojekts (BriteEuram BE0605), welches sich mit der Verbesserung von Aluminiumoxid als Schutzschicht beschäftigte. Beteiligt waren sechs Universitäten und Forschungseinrichtungen aus England, Frankreich und Deutschland sowie drei industrielle Partner, die Legierungen für Hochtemperaturanwendungen in großem Maßstab herstellen.
    Gegenstand der Forschung war ein Legierungstyp, der häufig in verschiedenen Abwandlungen zum Einsatz kommt, nämlich Fe-20Cr-5Al (also 75 % Eisen, 20 % Chrom und 5 % Aluminium; Anteile in Gewichtsprozent). Sowohl speziell hergestellte Modellegierungen als auch industrielle Materialien wurden untersucht. Verwendung finden solche Legierungen beispielsweise als Konstruktionswerkstoffe in Turbinen, als Auskleidung von Brennkammern, als Heizelemente oder auch als Trägerfolien für Katalysatoren im Automobilbau.
    Wie bereits geschildert, determinieren atomare Transportprozesse (= Diffusion) wesentlich die makroskopischen Eigenschaften des Systems schützende Oxidschicht/Basismaterial. Um den Diffusionskoeffizienten von Sauerstoff in der Oxidschicht zu bestimmen, wurde die sogenannte Zwei-Stufen-Oxidation angewandt. Bei dieser Technik wird eine Materialprobe nacheinander in zwei Atmosphären mit unterschiedlichen Sauerstoffisotopenverhältnissen (16O2 / 18O2) oxidiert. Man macht sich die Tatsache zunutze, daß sich die (chemisch identischen) Isotope eines Elements mit geeigneten physikalischen Methoden unterscheiden lassen. Bestimmt man also nach dem Zwei-Stufen-Experiment die Verteilung der Sauerstoffisotope in der Oxidschicht, kann man daraus den Wachstumsmechanismus der Schicht ermitteln. In diesem Fall kam ein Analyseverfahren mit dem Namen 'Sekundärneutralteilchen-Massenspektrometrie' (SNMS) zum Einsatz.
    Bevor die Ergebnisse zusammenfassend dargestellt werden, soll die Besonderheit der Analysetechnik darlegt werden: Die zu untersuchende Probe wird mittels eines Teilchenstrahls (Argonionen) abgetragen. Die dabei freigesetzten Atome des Probenmaterials werden massenselektiv erfaßt. Somit läßt sich ein Konzentrations-Tiefenprofil eines jeden Isotops bestimmen. Ein numerisches Modell des Analyseprozesses wurde entwickelt, womit der störende Einfluß der Probenrauhigkeit bei der Auswertung eliminiert werden konnte.
    Es konnte quantitativ gezeigt werden, daß die Oxidschichten durch den einwärts gerichteten Transport von Sauerstoff wachsen. Dabei wird der Sauerstoff in den Korngrenzen des Oxids etwa tausend mal schneller als im Volumenmaterial der Oxidkörner transportiert. Der negative Einfluß von Schwefel (einer Verunreinigung in den industriellen Legierungen) sowie der positive Effekt des Dotierungselements Yttrium wurde ebenfalls eingehend untersucht.
    Durch speziell geformte Proben konnte eine Untergrenze für die Transportgeschwindigkeit von Aluminium im Basismaterial ermittelt werden. Sie ist mindestens einhundert mal höher als die von Sauerstoff in den Oxidkorngrenzen. Diese Größe kann bei sehr dünnen Proben die Lebensdauer eines Bauteils limitieren, da der mangelnde 'Nachschub' die Ausbildung einer schützenden Oxidschicht unmöglich machen kann.

    Weitere Informationen:
    Dr.Ing. Martin Goebel, European Commission - Joint Research Centre
    Institute for Advanced Materials - TP 500, I-21020 Ispra (VA), ITALY
    Tel.: +39-0332-786281, Fax: +39-0332-789385
    EMail: Martin.Goebel@jrc.it


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    Criteria of this press release:
    Materials sciences
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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