Bei einigen Patienten mit nichtkleinzelligem Lungenkrebs tragen die Tumorzellen eine Mutation, die das Krebswachstum beschleunigt. Zwar gibt es Wirkstoffe, die dies verhindern, doch häufig entwickeln die Krebszellen Resistenzen gegen diese Substanzen. Steffen Dietz vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) hat einen Weg gefunden, um das Fortschreiten der Erkrankung und auftretende Therapieresistenzen frühzeitig festzustellen. Dies kann helfen, die Behandlungsstrategie bei Betroffenen so schnell wie möglich zu wechseln. Für seine Ergebnisse erhielt der Biologe den Takeda Oncology Forschungspreis 2019.
Nichtkleinzellige Lungenkarzinome machen rund 75 Prozent aller Fälle von Lungenkrebs aus. Diese Form von Lungenkrebs wächst in der Regel langsamer als kleinzellige Lungenkarzinome und hat deshalb prinzipiell auch eine bessere Prognose. Allerdings weisen die Krebszellen bei drei bis sieben Prozent der Betroffenen eine Mutation im so genannten ALK-Gen auf: Diese Genveränderung führt dazu, dass das Enzym anaplastische Lymphom Kinase (ALK) in den Krebszellen überaktiv ist und dadurch das Tumorwachstum beschleunigt.
Patienten mit nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom und einer ALK-Mutation werden daher mit einem speziellen Wirkstoff behandelt, der die Aktivität von ALK blockiert. Doch oftmals entwickeln die Tumorzellen in ihrem Erbgut Resistenzmutationen gegen das Medikament, und die Therapie wird wirkungslos. Da es bei Lungenkrebs oft schwierig ist, Gewebebiopsien zu entnehmen, um das Auftreten von Resistenzmutationen festzustellen, suchte Steffen Dietz mit seinem Team nach anderen Wegen, um die Therapieresistenz frühzeitig zu erkennen. „Mit fortschreitender Erkrankung und wachsendem Tumor werden Moleküle aus abgestorbenen Krebszellen ins Blut abgegeben“, erklärt Dietz. „Das wollten wir nutzen, um in Blutproben von Patienten Resistenzmutationen zu identifizieren, die frühzeitig erkennen lassen, dass die Therapie nicht mehr wirkt und eine andere Behandlungsstrategie erforderlich ist.“ Fachleute bezeichnen einen solchen Nachweis aus dem Blut als „Liquid Biopsy“, als flüssige Biopsie.
Tatsächlich ist es den DKFZ-Wissenschaftlern gelungen, mit modernen Sequenziermethoden selbst bei einer winzigen Menge von Tumor-DNA im Blut solche Resistenzmutationen auszumachen. Dabei spürten sie nicht nur bereits bekannte Mutationen auf. Die Forscher identifizierten auch neue bislang unbekannte genetische Veränderungen, die das Fortschreiten der Tumorerkrankung fördern. „Wir haben damit einen Weg gefunden, um bei Patienten mit dieser speziellen Form des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms ein Fortschreiten der Erkrankung sowie die Entstehung von Resistenzen früher zu erkennen, um schneller auf alternative Therapien zu wechseln“, so Dietz. Dies könne eine entscheidende Verbesserung für die Behandlung der betroffenen Patienten darstellen. Die Anwendung des Analyseverfahrens im Monitoring von Lungenkrebspatienten soll nun in weiteren Studien erprobt werden.
Um herausragende Forschung auf dem Gebiet der nichtkleinzelligen Bronchialkarzinome zu fördern, hat das Unternehmen Takeda Oncology einen hochkarätigen Forschungspreis ausgeschrieben. Das Projekt von Steffen Dietz wurde mit dem zweiten Preis ausgezeichnet, der mit 20.000 Euro dotiert ist.
Steffen Dietz hat an der Technischen Hochschule Kaiserslautern und Johannes Gutenberg-Universität Mainz Biowissenschaften studiert. Anschließend promovierte er am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg und absolvierte in dieser Zeit einen von der Helmholtz-Israel Kooperation geförderten Forschungsaufenthalt am Weizman-Institut für Wissenschaften in Rehovot, Israel. Seit Dezember 2017 forscht Dietz am DKFZ und Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg.
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Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern.
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
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