Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden setzt sich für eine übergreifende leitlinienbasierte Behandlung von Patienten mit Essstörungen ein. Dafür arbeitet das Klinikum über sein „Netzwerk Essstörungen Sachsen“ mit verschiedenen Einrichtungen in Sachsen zusammen. Die Mediziner und Wissenschaftler begleiten dabei die Arbeit in zwei Wohngruppen, in denen junge Patientinnen und Patienten nach der ambulanten oder stationären Therapie auf den Alltag vorbereitet werden.
„Essstörungen und speziell die Anorexie sind schwere psychische Erkrankungen mit einer hohen Rückfall- und Chronifizierungsrate“, sagt Prof. Stefan Ehrlich, Leiter des Zentrums für Essstörungen der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -Psychotherapie und Leiter des eigenständigen Bereichs für Psychosoziale Medizin & Entwicklungsneurowissenschaften am Universitätsklinikum Dresden. Gerade deshalb sind die Therapie und die Betreuung dieser Patienten oft langwierig und intensiv. „Eine konsequente Umsetzung der Leitlinien in der Behandlung könnte uns helfen, die Therapie zu professionalisieren und erfolgreicher zu machen.“
0,5 bis 1,5 Prozent aller 12 bis 25-Jährigen jungen Menschen leiden an Anorexia nervosa, Mädchen eher als Jungen, Tendenz leicht steigend Und die Dunkelziffer ist noch höher. Meist leben die Betroffenen mehrere Jahre mit der Erkrankung, bis diese erkannt und therapiert wird. So auch bei Caro, die seit vier Jahren mit und gegen die Magersucht kämpft. Mit 14 Jahren hatte die junge Frau damit begonnen, krampfhaft abzunehmen. Erst als sie nur noch 30 Kilogramm wog, nach Monaten des Verzichts auf Essen, wurde in einer Spezialklinik die Diagnose gestellt: Anorexia nervosa. Ein Schicksal, das Caro mit vielen anderen jungen Erwachsenen teilt. Experten schätzen, dass ein Prozent der Bevölkerung zwischen 14 und 25 Jahren betroffen sind. „Eine Essstörung entwickelt sich meist im frühen Jugendalter. Wenn dann beim Erwachsenwerden Probleme in der Pubertät sowie neue Freiheiten aber auch Pflichten der Volljährigkeit dazu kommen, sind die Patienten überfordert“, sagt Dr. Franziska Ritschel, Koordinatorin im „Netzwerk Essstörungen Sachsen“. Das Netzwerk wurde 2016 durch die Kliniken für Psychosomatik und Psychotherapie, für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sowie die Psychosoziale Medizin und Entwicklungsneurowissenschaften des Uniklinikums Dresden gegründet. „Allein sollten die Betroffenen dann nicht sein. Doch auch die Rückkehr in das Elternhaus ist meist schwierig. Die Eltern fühlen sich meist ohnmächtig, wollen helfen und stoßen dabei an Grenzen“, sagt sie.
Das Netzwerk arbeitet deshalb seit diesem Jahr mit der Produktionsschule Moritzburg zusammen, die eine Wohngruppe für 14 Bewohnerinnen und Bewohner im Alter ab 16 Jahre ohne Altersbegrenzung betreut. Auch Caro hat hier für die Zeit nach der Klinik ein zu Hause gefunden und lernt mit Unterstützung durch Sozialpädagogen und Ernährungsberater den Alltag mit und gegen die Essstörung zu bewältigen. Die Mediziner und Wissenschaftler aus dem Uniklinikum sind mit ihrer Expertise begleitend vor Ort, unterstützen bei den Fallbesprechungen und verfolgen die Entwicklung der Patientinnen und Patienten. Es ist bereits die zweite Wohngruppe, für die eine solche Kooperation besteht. Bereits seit 2012 begleitet das Netzwerk die Arbeit in einer Wohngruppe der drefugio Kinder- und Jugendhilfe Dresden. Dort leben sieben Bewohnerinnen und Bewohner. „Unsere Wohngemeinschaft versteht sich als pädagogische Einrichtung. Der therapeutische Rahmen besteht für uns aus sehr wichtigen Kooperationspartnern, mit denen wir fachliche Standards festgelegt haben sowie dazu weiter darüber im Gespräch sind“, sagt Frank Köhler, Wohngruppenleiter in der Produktionsschule Moritzburg. Mindestens ein Jahr bleiben die Betroffenen in einer der Wohngruppen und lernen, den Alltag selbstständig zu bewältigen. So beginnt Caro mit der Unterstützung der WG-Mitarbeiter im Herbst eine Ausbildung zur Sozialassistentin und macht damit erste Schritte hin zu einem eigenständigen, selbstbestimmten Leben.
Unbehandelt führen Essstörungen oft zu schweren körperlichen Folgen und zum Tod. In den meisten Fällen sterben Betroffene an Herzversagen, Lungenentzündung oder Nierenversagen. Bis dahin können sie aufgrund des Verzichts auf wichtige Nährstoffe, Vitamine und Kalorien an Organversagen, Osteoporose, Mangelerscheinungen, Herz-Rhythmuserkrankungen und Zahnschäden erkranken. Das „Netzwerk Essstörungen Sachsen“ setzt sich für eine Professionalisierung der Behandlung ein. Die Zusammenarbeit mit regionalen Trägern in den Wohngruppen hilft uns dabei, diese Ziele umzusetzen. „Gemeinsam können wir eine leitliniengerechte Versorgung von Patientinnen mit Essstörungen erreichen – das heißt die Therapie und Begleitung der Patientinnen und Patienten ist an den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen ausgerichtet“, sagt Prof. Stefan Ehrlich, Leiter des Zentrums für Essstörungen der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -Psychotherapie und Leiter des eigenständigen Bereichs für Psychosoziale Medizin & Entwicklungsneurowissenschaften am Universitätsklinikum Dresden.
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Psychosoziale Medizin und Entwicklungsneurowissenschaften (PSM)
Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik (PSO)
Zentrum für Essstörungen der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie (ZfE)
Dr. Franziska Ritschel
Koordination & Öffentlichkeitsarbeit
Tel: 0351 458 19829
E-Mail: Franziska.Ritschel@uniklinikum-dresden.de
http://www.netzwerk-essstörungen-sachsen.de
Caro leidet an einer Essstörung. In der Wohngruppe Awhina lernt sie, ihren Alltag zu bewältigen.
UKD/Stephan Wiegand
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Criteria of this press release:
Journalists
Biology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Transfer of Science or Research
German
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