idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
02/20/2020 16:34

10.000-mal schnellere Berechnungen möglich

Dr. Boris Pawlowski Presse, Kommunikation und Marketing
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

    Physiker entwickeln extrem schnelles Simulationsverfahren um die zeitliche Entwicklung wechselwirkender Elektronen in der Vielteilchen-Quantendynamik vorherzusagen

    Wie sich ein Elektron in einem Atom verhält oder wie es sich in einem Festkörper bewegt, lässt sich mit den Gleichungen der Quantenmechanik präzise voraussagen. Die theoretischen Berechnungen stimmen vollständig mit den Ergebnissen aus Experimenten überein. Doch komplexe Quantensysteme, die viele Elektronen oder Elementarteilchen enthalten, wie Moleküle, Festkörper oder Atomkerne, lassen sich heute nicht einmal mit den leistungsstärksten Computern genau beschreiben. Zu komplex sind die mathematischen Gleichungen dahinter, zu groß ist der Rechenaufwand. Einem Team unter der Leitung von Professor Michael Bonitz vom Institut für Theoretische Physik und Astrophysik der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) ist es jetzt gelungen, ein Simulationsverfahren zu entwickeln, mit dem bis ca. 10.000-mal schnellere quantenmechanische Berechnungen als bisher möglich sind. Ihre Ergebnisse stellen sie in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Physical Review Letters vor.

    Selbst mit leistungsstarken Computer dauern Quantensimulationen zu lange

    Das neue Verfahren der Kieler Forschenden basiert auf einem der aktuell leistungsstärksten und vielseitig einsetzbarsten Simulationsverfahren für quantenmechanische Vielteilchensysteme. Es verwendet die Methode der sogenannten Nichtgleichgewichts-Greenfunktionen: Hiermit lassen sich Bewegungen und komplexe Wechselwirkungen von Elektronen mit sehr guter Genauigkeit auch über einen längeren Zeitraum hinweg beschreiben. Diese Methode ist bisher allerdings besonders rechenintensiv: Um die Entwicklung eines Quantensystems über einen zehnmal längeren Zeitraum vorherzusagen, benötigt ein Computer tausendmal mehr Zeit.

    Mit dem mathematischen Trick eine zusätzliche Hilfsgröße einzuführen, gelang es den Physikern der CAU jetzt, die Grundgleichungen der Nichtgleichgewichts-Greenfunktionen so umzuformulieren, dass die Berechnungszeit nur noch linear mit der Prozessdauer steigt. Ein zehnmal längerer Vorhersagezeitraum erfordert also nur noch zehnmal mehr Rechenzeit. Im Vergleich zum bisher verwendeten Verfahren konnten die Physiker eine Beschleunigung um einen Faktor von ca. 10.000 feststellen. Bei längeren Prozessdauern steigt dieser Faktor weiter an. Da das Verfahren zwei Greenfunktionen kombiniert, wird es als „G1-G2-Schema“ bezeichnet.

    Zeitliche Entwicklung von Materialeigenschaften erstmals vorhersagbar

    Das neue Berechnungsmodell des Kieler Forschungsteams spart nicht nur teure Rechenzeit, sondern ermöglicht auch Simulationen, die bislang völlig ausgeschlossen waren. „Wir waren selbst überrascht, dass sich diese dramatische Beschleunigung auch in praktischen Anwendungen demonstrieren lässt“, erklärt Bonitz. So lässt sich jetzt zum Beispiel vorhersagen, wie sich bestimmte Eigenschaften und Effekte in Materialien wie Halbleitern über einen längeren Zeitraum hinweg entwickeln. „Das neue Simulationsverfahren ist in vielen Gebieten der Quanten-Vielteilchentheorie anwendbar und wird qualitativ neue Vorhersagen etwa über das Verhalten von Atomen, Molekülen, dichten Plasmen und Festkörpern nach Anregung durch intensive Laserstrahlung ermöglichen“, ist Bonitz überzeugt.

    Originalpublikation:
    Niclas Schlünzen, Jan-Philip Joost, Michael Bonitz, Achieving the Scaling Limit for Nonequilibrium Green Functions Simulations, Physical Review Letters 124, 7, (2020) DOI: 10.1103/PhysRevLett.124.076601
    https://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevLett.124.076601

    Bilder zum Download stehen bereit:
    http://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2020/024-Quantenmechanik-1.jpg
    Bildunterschrift: Jan-Philip Joost (von links), Professor Michael Bonitz und Niclas Schlünzen haben ein Simulationsverfahren entwickelt, mit dem bis ca. 10.000-mal schnellere quantenmechanische Berechnungen als bisher möglich sind.
    © Julia Siekmann, Uni Kiel

    http://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2020/024-Quantenmechanik-2.png
    Bildunterschrift: Rechenzeitaufwand der neuen G1-G2-Methode (durchgezogene Linie) als Funktion der Prozessdauer, im Vergleich zum herkömmlichen Verfahren (logarithmische Skalen).
    © Niclas Schlünzen, AG Bonitz

    Kontakt:
    Prof. Dr. Michael Bonitz
    Institut für Theoretische Physik und Astrophysik
    Tel.: 0431-880-4122
    bonitz@theo-physik.uni-kiel.de
    Web: http://www.theo-physik.uni-kiel.de/~bonitz

    Details, die nur Millionstel Millimeter groß sind: Damit beschäftigt sich der Forschungsschwerpunkt »Nanowissenschaften und Oberflächenforschung« (Kiel Nano, Surface and Interface Science – KiNSIS) an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Im Nanokosmos herrschen andere, nämlich quantenphysikalische, Gesetze als in der makroskopischen Welt. Durch eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Physik, Chemie, Ingenieurwissenschaften und Life Sciences zielt der Schwerpunkt darauf ab, die Systeme in dieser Dimension zu verstehen und die Erkenntnisse anwendungsbezogen umzusetzen. Molekulare Maschinen, neuartige Sensoren, bionische Materialien, Quantencomputer, fortschrittliche Therapien und vieles mehr können daraus entstehen. Mehr Informationen auf http://www.kinsis.uni-kiel.de


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Michael Bonitz
    Institut für Theoretische Physik und Astrophysik
    Tel.: 0431-880-4122
    bonitz@theo-physik.uni-kiel.de
    Web: http://www.theo-physik.uni-kiel.de/~bonitz


    Original publication:

    Niclas Schlünzen, Jan-Philip Joost, Michael Bonitz, Achieving the Scaling Limit for Nonequilibrium Green Functions Simulations, Physical Review Letters 124, 7, (2020) DOI: 10.1103/PhysRevLett.124.076601
    https://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevLett.124.076601


    More information:

    http://www.uni-kiel.de/de/detailansicht/news/24-quantenmechanik


    Images

    Jan-Philip Joost (l.), Professor Michael Bonitz und Niclas Schlünzen haben ein Simulationsverfahren entwickelt, mit dem bis ca. 10.000-mal schnellere quantenmechanische Berechnungen möglich sind
    Jan-Philip Joost (l.), Professor Michael Bonitz und Niclas Schlünzen haben ein Simulationsverfahren ...
    Foto: Julia Siekmann, Uni Kiel
    None

    Rechenzeitaufwand der neuen G1-G2-Methode (durchgezogene Linie) als Funktion der Prozessdauer, im Vergleich zum herkömmlichen Verfahren (logarithmische Skalen).
    Rechenzeitaufwand der neuen G1-G2-Methode (durchgezogene Linie) als Funktion der Prozessdauer, im Ve ...
    Foto: Niclas Schlünzen, AG Bonitz
    None


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Jan-Philip Joost (l.), Professor Michael Bonitz und Niclas Schlünzen haben ein Simulationsverfahren entwickelt, mit dem bis ca. 10.000-mal schnellere quantenmechanische Berechnungen möglich sind


    For download

    x

    Rechenzeitaufwand der neuen G1-G2-Methode (durchgezogene Linie) als Funktion der Prozessdauer, im Vergleich zum herkömmlichen Verfahren (logarithmische Skalen).


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).