Forscher finden die Grundlagen der Giftproduktion im Amanita muscaria und bestätigen damit eine 50 Jahre alte Vermutung
Der Rote Fliegenpilz ist der wohl bekannteste aller Waldpilze. Das liegt nicht nur an seinem unverwechselbaren Äußeren, sondern auch an seiner Giftwirkung. Manche Völker früherer Kulturen bedienten sich sogar bewusst der psychoaktiven Effekte von Amanita muscaria. Diese werden verursacht durch den Inhaltsstoff Ibotensäure und dessen Abbauprodukt Muscimol. Die chemische Struktur der Giftstoffe ist bereits seit Mitte des 20. Jahrhunderts bekannt, doch wie sie vom Fliegenpilz hergestellt werden – also die Biosynthese – war bisher nicht geklärt. Prof. Dr. Michael Müller und Dr. Sebastian Obermaier vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Universität Freiburg gelang es nun, die Gene zu identifizieren, die dem Pilz die Fähigkeit zur Giftproduktion verleihen. Die Forscher konnten damit zeigen, wo der Ausgangspunkt für die Biosynthese liegt. Ihre Analyse haben sie in der Fachzeitschrift Angewandte Chemie vorgestellt.
Durch Untersuchungen am Gesamterbgut des Fliegenpilzes fanden die Freiburger Pharmazeuten einen DNA-Bereich, der sieben Gene umschließt. Diese Gene werden unter bestimmten Wachstumsbedingungen gleichzeitig aktiv, was nahelegt, dass sie einem gemeinsamen Zweck dienen. Der Pantherpilz, welcher ebenfalls Ibotensäure produziert, enthält den gleichen DNA-Bereich wie der Fliegenpilz. Verwandte Pilzarten, die jedoch keine Ibotensäure produzieren, besitzen die sieben Gene nicht, was auf den Zusammenhang zwischen den Genen und der Giftproduktion hindeutet.
Um zu überprüfen, ob der gefundene DNA-Bereich tatsächlich für die Biosynthese zuständig ist, brachten Müller und Obermaier eines der Gene in das Modellbakterium Escherichia coli ein. Die veränderten Bakterien waren daraufhin in der Lage, die Aminosäure Glutamat in den Ibotensäure-Vorläufer 3 Hydroxyglutamat umzuwandeln. Damit war die Funktion der im Fliegenpilz entdeckten Gene bestätigt: Sie sind für die Biosynthese der Ibotensäure verantwortlich.
„Interessanterweise wurde 3 Hydroxyglutamat bereits vor über 50 Jahren als Vorläufer der Ibotensäure vorausgesagt“, erklärt Obermaier, „es wurde damals aber nicht im Fliegenpilz gefunden.“ Mit dem Einsatz von modernen genetischen und analytischen Methoden konnten die Freiburger Forscher nun die damalige Vermutung bestätigen. „Das verdeutlicht, welchen technischen Fortschritt die Wissenschaft in den letzten Jahrzehnten gemacht hat“, sagt Müller, „und es zeigt auch, wie alte Ideen der Forschung von heute Impulse geben können.“
Originalpublikation:
Obermaier, S., Müller, M. (2020): Ibotenic Acid Biosynthesis in the Fly Agaric Is Initiated by Glutamate Hydroxylation. In: Angewandte Chemie International Edition. DOI: 10.1002/anie.202001870
Kontakt:
Prof. Dr. Michael Müller
Institut für Pharmazeutische Wissenschaften
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-6320
michael.mueller@pharmazie.uni-freiburg.de
https://www.onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/anie.202001870?af=R
Die giftige Wirkung des Fliegenpilzes beruht auf dem Gehalt an Ibotensäure und Muscimol.
Foto: Sebastian Obermaier
None
Criteria of this press release:
Journalists
Biology, Chemistry, Zoology / agricultural and forest sciences
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).