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04/28/2020 12:12

Das Gewicht des Universums

Dr. Julia Weiler Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Neue Erkenntnisse über die Materiedichte und -struktur des Universums haben Bochumer Kosmologen um Prof. Dr. Hendrik Hildebrandt gewonnen. Bereits vor mehreren Jahren war Hildebrandt Teil eines Forschungskonsortiums gewesen, das auf Diskrepanzen in den Daten zwischen verschiedenen Gruppen aufmerksam gemacht hatte. Die ermittelten Werte für Materiedichte und -struktur waren je nach Messmethode unterschiedlich. Eine neue Analyse, die zusätzliche Infrarotdaten miteinbezog, ließ die Unterschiede noch deutlicher werden. Sie könnten darauf hinweisen, dass das das Standardmodell der Kosmologie fehlerhaft ist.

    Über die Forschung von Hendrik Hildebrandt berichtet das Wissenschaftsmagazin Rubin der Ruhr-Universität Bochum. Die neueste Analyse des Forschungskonsortiums namens Kilo-Degree Survey ist im Januar 2020 in der Zeitschrift Astronomy and Astrophysics erschienen.

    Zwei Verfahren zur Bestimmung der Materiestruktur

    Materiedichte und -struktur können Forschungsteams zum einen basierend auf dem kosmischen Mikrowellenhintergrund berechnen, eine Strahlung, die kurz nach dem Urknall ausgesandt wurde und noch heute messbar ist. Dieses Verfahren hat das Planck-Forschungskonsortium verwendet.

    Das Team des Kilo-Degree Survey, und einige andere Gruppen, bestimmten die Materiedichte und -struktur mithilfe des Gravitationslinseneffekts: Massereiche Objekte lenken das Licht von Galaxien ab, sodass diese Galaxien von der Erde aus betrachtet mit verzerrter Form an einer anderen Stelle erscheinen, als sie tatsächlich sind. Aus diesen Verzerrungen können Kosmologen auf die Masse der ablenkenden Objekte und somit auf die Gesamtmasse des Universums zurückschließen. Dazu müssen sie jedoch unter anderem die Abstände zwischen Lichtquelle, ablenkendem Objekt und Beobachter kennen. Diese wiederum ermitteln die Forscher mithilfe der Rotverschiebung, die besagt, dass das Licht weiter entfernt liegender Galaxien ins Rote verschoben auf der Erde ankommt.

    Neue Kalibration mittels Infrarotdaten

    Um Entfernungen zu ermitteln, nehmen Kosmologen daher Bilder der Galaxien bei unterschiedlichen Wellenlängen auf, zum Beispiel eines im blauen, eines im grünen und eines im roten Bereich; dann bestimmen sie die Helligkeit der Galaxien auf den verschiedenen Bildern. Hendrik Hildebrandt und sein Team beziehen dabei zusätzlich mehrere Aufnahmen aus dem infraroten Bereich ein, was die Präzision der Entfernungsbestimmung verbessert.

    Frühere Analysen hatten bereits gezeigt, dass die auf dem Mikrowellenhintergrund basierenden Daten des Planck-Konsortiums systematisch von den Gravitationslinseneffekt-Daten abweichen. Je nach Datensatz war die Abweichung mehr oder weniger stark ausgeprägt, am stärksten beim Kilo-Degree Survey. „Unser Datensatz ist der einzige, der auf dem Gravitationslinseneffekt beruht und mit zusätzlichen Infrarotdaten kalibriert ist“, sagt Hendrik Hildebrandt, Heisenbergprofessor und Leiter der Arbeitsgruppe Beobachtende Kosmologie in Bochum. „Das könnte der Grund für die stärkere Abweichung zu den Planck-Daten sein.“

    Um diese Diskrepanz zu überprüfen, wertete die Gruppe den Datensatz eines anderen Forschungskonsortiums, des Dark Energy Survey, mithilfe einer ähnlichen Kalibrierung aus. Dadurch entfernten sich auch diese Werte weiter von den Planck-Werten.

    Diskussion in Fachkreisen

    Ob es sich bei der Diskrepanz zwischen den Datensätzen tatsächlich um einen Hinweis darauf handelt, dass das Standardmodell der Kosmologie falsch ist oder nicht, diskutieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler derzeit. Das Team des Kilo-Degree Survey arbeitet bereits an einer neuen Analyse eines umfangreicheren Datensatzes, der weitere Erkenntnisse beisteuern könnte. Voraussichtlich im Frühjahr 2020 werden sie noch präzisere Daten für Materiedichte und -struktur liefern können.

    Ausführlicher Artikel in Rubin

    Einen ausführlichen Beitrag zu dem Thema finden Sie im Wissenschaftsmagazin Rubin unter https://news.rub.de/wissenschaft/2020-04-28-kosmologie-wie-viel-wiegt-das-univer.... Texte auf der Webseite und Bilder aus dem Downloadbereich dürfen unter Angabe des Copyrights für redaktionelle Zwecke honorarfrei verwendet werden.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Hendrik Hildebrandt
    Arbeitsgruppe Beobachtende Kosmologie
    Fakultät für Physik und Astronomie
    Ruhr-Universität Bochum
    Tel.: +49 234 32 24019
    E-Mail: hendrik@astro.rub.de


    Original publication:

    Hendrik Hildebrandt et al.: KiDS+VIKING-450: Cosmic shear tomography with optical and infrared data, in: Astronomy & Astrophysics, 2020, DOI: 10.1051/0004-6361/201834878


    Images

    Massereiche Objekte im Universum sind keine perfekten Linsen. Während sie das Licht ablenken, erzeugen sie Verzerrungen. Die Bilder sehen so aus, als ob man durch den Fuß eines Weinglases schaut.
    Massereiche Objekte im Universum sind keine perfekten Linsen. Während sie das Licht ablenken, erzeug ...
    © Roberto Schirdewahn (Dieses Foto darf nur in Zusammenhang mit der Presseinformation verwendet werden, bei der es zum Download steht.)
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    Kosmologe Hendrik Hildebrandt sucht Antworten auf fundamentale Fragen zum Universum, zum Beispiel, wie groß die Materiedichte im All ist.
    Kosmologe Hendrik Hildebrandt sucht Antworten auf fundamentale Fragen zum Universum, zum Beispiel, ...
    © Roberto Schirdewahn (Dieses Foto darf nur in Zusammenhang mit der Presseinformation verwendet werden, bei der es zum Download steht.)
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    Criteria of this press release:
    Journalists
    Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Massereiche Objekte im Universum sind keine perfekten Linsen. Während sie das Licht ablenken, erzeugen sie Verzerrungen. Die Bilder sehen so aus, als ob man durch den Fuß eines Weinglases schaut.


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    Kosmologe Hendrik Hildebrandt sucht Antworten auf fundamentale Fragen zum Universum, zum Beispiel, wie groß die Materiedichte im All ist.


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