Erkenntnisse aus der Wissenschaft bieten Überblick und Hilfestellungen für die aktuelle Krise und zukünftige Herausforderungen
Krisenstäbe bilden, Geschäftsmodelle anpassen, Digitalisierung ausbauen, Solidarität und Zusammenhalt stärken: Familienunternehmen müssen in der Corona-Krise kurzfristig ihre Organisation umkrempeln oder zumindest festgefahrene Prozesse und Strukturen verändern, um wirtschaftlich einigermaßen stabil durch die Krisenzeit zu kommen. Viele Unternehmen zeigen sich dabei im höchsten Maße erfinderisch und entwickeln echten Pioniergeist, andere wiederum suchen noch nach der richtigen Strategie für ihr Unternehmen. Hilfe bekommen Organisationen dabei auch aus der Wissenschaft:
Ein internationales Forscherteam um die Professoren Thomas Clauß von der Universität Witten/Herdecke und Sascha Kraus von der Durham University hat die erste wirtschaftswissenschaftliche Studie weltweit zu den Auswirkungen und damit einhergehenden Transformationsprozesse von Familienunternehmen in der Corona-Krise durchgeführt. Die Datenerhebung hat unmittelbar nach dem Lockdown in fünf europäischen Ländern im Zeitraum vom 26. März bis zum 10. April 2020 stattgefunden. Aus den Datenerhebungen konnte das Forscherteam kurzfristige und langfristige Handlungsempfehlungen für Familienunternehmen ableiten:
Die Studie empfiehlt, dass Unternehmen Krisenstäbe etablieren, die die dynamische Lage stets im Blick haben und Veränderungen innerhalb der Organisation kommunizieren und die Maßnahmen anstoßen.
Wichtig sei zudem die Liquiditätssicherung durch Gespräche mit Geldgebern, die Nutzung von Unterstützungsprogrammen sowie die Rückstellungen von Investitionen oder, wenn nicht anders möglich, die Kurzarbeit.
Auch sollten innovative Formen der Arbeitsorganisation umgesetzt werden, wie die Organisation auch administrativer Prozesse in Schichten, die räumlichen Trennungen von Mitarbeitenden sowie die Verlagerung ins Homeoffice.
Unternehmen sollten proaktive, aktuelle und bilaterale Kommunikation mit allen Mitarbeitenden mittels geeigneter Kanäle (Intra- und Internet, Podcast, Hotlines etc.) betreiben.
Unternehmen sollten prüfen, ob das grundlegende Geschäftsmodell temporär angepasst werden kann. So nutzen beispielsweise viele Unternehmen ungenutzte Produktionskapazitäten zur Herstellung systemrelevanter Güter wie Mund-Nase-Masken oder Beatmungsgeräten. Dienstleister bieten virtuelle Beratungen und Webinare an, und Gastronomen verkaufen Speisen in Konserven oder als Take-Away-Lösungen.
Aus der Krise für die Zukunft lernen
Neben diesen kurzfristigen Maßnahmen, die sich in vielen Unternehmen bereits fest in der Arbeitswelt, mal mehr und mal weniger, und je nach Möglichkeit einer Branche, manifestiert haben, formulieren die Wissenschaftler auch langfristige Maßnahmen, aus denen Unternehmen sogar wachsen und für die Zukunft lernen könnten:
Die Krise zeige schon jetzt, dass der Zusammenhalt und die Solidarität gestiegen sei und Entscheiderinnen und Entscheider in Unternehmen langfristig daran arbeiten sollten, diese Kultur zu fördern.
Empfohlen wird zudem, den notwendigen aktuellen Digitalisierungsschub weiter zu forcieren, da häufig bereits vorhandene digitale Tools nun genutzt werden müssen und deren Leistungsfähigkeit den beteiligten Akteuren deutlich wird.
Auch bestehe die Notwendigkeit und Zeit, Unternehmensprozesse kritisch zu reflektieren und Ineffizienzen sowie Schwachstellen zu erkennen. Daraus ergeben sich Chancen, das Unternehmen langfristig zu verschlanken und Geschäftsmodelle zu innovieren.
Erste Studie zum Umgang von Familienunternehmen mit der Corona-Krise
„The economics of COVID-19: Initial empirical evidence on how family firms in five European countries cope with the corona crisis” ist die erste veröffentlichte empirische Studie zum Umgang von Familienunternehmen mit der Corona-Krise und weltweit eine von bisher nur zwei veröffentlichten empirischen Studien zu den betriebswirtschaftlichen Implikationen dieser Krise. Sie erschien aktuell im renommierten internationalen Fachmagazin „International Journal of Entrepreneurial Behavior & Research“.
Die Datenerhebung umfasst 27 Interviews mit Geschäftsführern eines breiten Querschnitts von Familienunternehmen in fünf europäischen Ländern (Deutschland, Schweiz, Österreich, Italien, Liechtenstein). Es wurden Unternehmen verschiedener Größe (3-3.800 Mitarbeiter), verschiedenen Alters (2-275 Jahre) und verschiedener Branchen (z.B. Maschinenbau, Finanzdienstleister, Landwirtschaft, Gastronomie, Logistik, Automobil und Spielzeug) befragt.
Weitere Informationen bei:
Malte Langer | Abteilung Kommunikation & Marketing | malte.langer@uni-wh.de | +49 (0) 2302 / 926-931
Dr. Ruth Orenstrat | Wittener Institut für Familienunternehmen (WIFU) | Institutskoordination | Ruth.Orenstrat@uni-wh.de | +49 2302 926-506
Die Universität Witten/Herdecke (UW/H) nimmt seit ihrer Gründung 1982 eine Vorreiterrolle in der deutschen Bildungslandschaft ein: Als Modelluniversität mit rund 2.600 Studierenden in den Bereichen Gesundheit, Wirtschaft und Kultur steht die UW/H für eine Reform der klassischen Alma Mater. Wissensvermittlung geht an der UW/H immer Hand in Hand mit Werteorientierung und Persönlichkeitsentwicklung.
Witten wirkt. In Forschung, Lehre und Gesellschaft.
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Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists
Economics / business administration
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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