Berlin/Bayreuth, 20. Januar 2004 -
Angesichts der neuerlichen Vorwürfe gegen den Betreiber des "Instituts für Plastination" in Heidelberg, Dr. Gunther von Hagens, macht die Deutsche Gesellschaft für Pathologie (DGP) darauf aufmerksam, dass der Anatom nach Ansicht der wissenschaftliche Vereinigung der Fachleute aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zumindest gegen medizinethische Regeln verstößt - unabhängig vom Ausgang der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen.
Obduktionen seien zum einen für die Erforschung von Krankheiten, zum anderen für die Überprüfung ärztlichen Handelns, die Qualitätssicherung in der Medizin und für die Ausbildung von Ärzten unverzichtbar, betonte Prof. Dr.med. Manfred Stolte, Pressesprecher der DGP. Pathologen untersuchen in der Regel natürlich Verstorbene, nicht zuletzt auch, um Angehörige zu beraten, etwa bei Infektions-, Berufs- und Erbkrankheiten. In der Rechtsmedizin hingegen werden Obduktionen von zur Aufklärung zweifelhafter Todesfälle vorgenommen. In der Anatomie schließlich dient die "Leichenschau" der Ausbildung von Medizinstudenten.
Seit Jahrhunderten gibt es zudem anatomische Sammlungen, die zur würdevollen Aufklärung und eben nicht für kommerzielle, die Schaulust ansprechende Veranstaltungen da sind.
Dr. von Hagens war schon in der Vergangenheit häufig in die Kritik von Fachleuten und gesellschaftlichen Organisationen geraten. Die sensationsheischende Wanderausstellung "Körperwelten" verletze die grundgesetzlich garantierte Würde des Menschen. Dazu trugen zum Beispiel auch Werbefahrten durch Städte mit dem Präparat einer toten Schwangeren bei.
Die Universität Heidelberg hat darauf aufmerksam gemacht, dass von Hagens kein Mitglied der Fakultät ist. Die Staatsanwaltschaft in Heidelberg ermittelt gegen ihn, weil er zu Unrecht einen Professorentitel trage, der in Wirklichkeit einer Gastprofessur in China entstamme.
Auch die Tatsache, dass der "Plastinator" im November 2002 in London vor Publikum die Leiche eines Deutschen zerschnitten hat, wurde heftig kritisiert. Öffentliche Obduktionen lehnt die DGP ab.
Bereits im Jahr 2002 stand Gunther von Hagens im Verdacht, Präparate von russischen Häftlingen genutzt zu haben.
Nunmehr soll die Firma "Von Hagens Plastination ltd." im chinesischen Dalian, in der hunderte von Leichen plastiniert werden, auch Opfer der in China sogar bei geringen Straftaten und womöglich bei Regimekritikern "üblichen" Hinrichtungen benutzt haben. Auch in diesem Fall prüft die Staatsanwaltschaft eine Anklage.
"Sollten diese Vorwürfe zutreffen, so schadet diese menschenunwürdige Praxis nicht nur dem wichtigen Anliegen der Obduktion", erklärte Prof. Stolte. Es erinnere auch fatal an den Umgang der Nationalsozialisten mit Lebenden und Toten. Schon 1989 hat die deutsche Kultusminmisterkonferenz dazu aufgefordert, Präparate von NS-Opfern aus anatomischen Sammlungen herauszunehmen.
Voraussetzung jeglicher Obduktionstätigkeit ist - so Stolte - dass die Würde des verstorbenen Menschen gewahrt wird.
Ansprechadressen:
Pressestelle DGP/Kontakt:
MWM-Vermittlung
Kirchweg 3 B, 14129 Berlin
Tel.: 030 / 803 96-86, Fax: -87
mwm@mwm-vermittlung.de
www.mwm-vermittlung.de/aktuelles.html
Pressereferent der DGP:
Prof. Dr. med. Manfred Stolte
Institut für Pathologie, Univ. Bayreuth
Tel.: 0921/400-5601
pathologie.klinikum@bnbt.de
Hinweis:
Eine Broschüre über die Arbeit von Pathologen als "Lotsen der Diagnostik" können Medienvertreter/innen in der Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Pathologie (s.o.) anfordern.
Vorankündigung:
Die DGP wird bei Pressekonferenzen am 4. Juni in Rostock und am 7. Juni in Berlin über die Arbeit der Pathologen, über Missverständnisse in der Öffentlichkeit ("Was im Krimi immer falsch gemacht wird") und über Fortschritte bei beispielhaften Krankheiten (Brustkrebs, Erkrankungen des Mannes, Transplantationen) aufklären.
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Criteria of this press release:
Law, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Philosophy / ethics, Politics, Religion, Social studies, Teaching / education
transregional, national
Research results, Science policy
German
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