Wechsel bei Fraunhofer MEVIS: Ron Kikinis übernimmt Professur in den USA, Horst Hahn leitet das Institut nun alleine
Prof. Ron Kikinis, der bisherige Leiter des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medizin MEVIS in Bremen, hat einen Ruf an die renommierte Harvard Medical School in den USA angenommen. Seit 1. März 2020 leitet Prof. Horst Hahn das Institut alleine – zuvor hatten beide nahezu sechs Jahre lang als Doppelspitze agiert. Jetzt lehrt Kikinis als „B. Leonard Holman Endowed Professor of Radiology“ an der Harvard Medical School (HMS). Diese Stiftungsprofessur zählt zu den höchsten akademischen Auszeichnungen, die die prestigeträchtige Medical School vergeben kann. Sie kommt ausschließlich Spitzenforschern zuteil, die auf ihrem Gebiet weltweit führend sind.
„Ron Kikinis, der als einer der Pioniere der computergestützten Medizin gelten darf, hat in Bremen zahlreiche Spuren hinterlassen“, würdigt Horst Hahn die Aktivitäten seines ehemaligen Kompagnons. Am 1. Mai 2014 hatten beide die Leitung von Fraunhofer MEVIS übernommen, wobei Kikinis seine vorherige Position behalten und im Zweimonats-Turnus zwischen Bremen und Boston gependelt war. Außerdem hatte der promovierte Mediziner eine Professur für „Medical Image Computing“ am Fachbereich Mathematik/Informatik der Universität Bremen inne. „Das hat die Kooperation von Fraunhofer MEVIS mit der Universität deutlich gestärkt“, freut sich Hahn. „Das Thema Medical Computing ist nun Bestandteil der Informatikausbildung an der Uni Bremen.“ Unter anderem wird den Studierenden vermittelt, wie sich mit Hilfe innovativer Algorithmen ein Mehr an patientenrelevanten Informationen aus den Bilddaten von Ultraschall, MRT und CT gewinnen lassen, um treffsicherere Diagnosen zu erzielen. Auch Therapien werden immer mehr durch Software-Assistenten unterstützt, etwa um die optimale Dosis für eine Tumorbestrahlung zu ermitteln.
Ferner hat Kikinis während seiner Tätigkeit in Deutschland ein noch junges Forschungsfeld mit auf den Weg gebracht, Radiomics genannt. Darunter ist die computergestützte Kombination von Bildaufnahmen und klinischen Daten zu verstehen. Unter anderem verbinden die Fachleute Bilddaten aus MR-Scannern mit klinischen Informationen wie Blutwerten und digitalisierten Gewebeschnitten. Diese kombinierten Datensätze werden dann von lernfähigen Algorithmen nach aussagekräftigen Mustern durchsucht. In Zukunft könnten die Resultate beispielweise helfen, das aussichtsreichste Medikament für die Chemotherapie eines Krebspatienten zu finden. Ron Kikinis hat in seiner Zeit am Fraunhofer MEVIS unter anderem das Radiomics-Schwerpunktprogramm der DFG mit initiiert.
Auch wenn der 64-Jährige nun endgültig zurück nach Harvard geht, bleibt er seiner ehemaligen Wirkungsstätte als Kooperationspartner erhalten. So koordiniert er in den USA ein Konsortium namens „Imaging Data Commons“ (IDC), an dem auch Fraunhofer MEVIS beteiligt ist. Hier geht es darum, Bilddatenbanken zur Krebsforschung so zu organisieren, dass sie deutlich einfacher für multizentrische Studien verfügbar sind. Dadurch sollen lernfähige Algorithmen unter Wahrung des Datenschutzes künftig in mehreren Datenbanken zugleich nach aussagekräftigen Mustern fahnden können. „Ich habe die Zeit in Deutschland als sehr wertvoll empfunden, das Highlight dieser Erfahrung waren die Menschen bei Fraunhofer MEVIS“, resümiert Ron Kikinis. „Es war eine sehr befriedigende Arbeit und ich bin auf das Erreichte sehr stolz.“
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