Ziele: Gefährdete Bevölkerungsgruppen identifizieren und Hilfsstrategien für zukünftige Pandemien entwickeln
Welche körperlichen und seelischen Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf die Menschen? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Studie COH-FIT (Collaborative Outcomes Study on Health and Functioning during Infection Times). Das Projekt untersucht die akuten und die längerfristigen Folgen der Pandemie und will herausfinden, welche Menschen ein höheres oder ein niedrigeres Risiko für Gesundheitsprobleme unter den besonderen Umständen aufweisen. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dazu beitragen, die Bevölkerung während zukünftiger Pandemien besser zu unterstützen. Es ist die weltweit größte Studie dieser Art. Fast 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus mehr als 40 Ländern und sechs Kontinenten wirken daran mit. Auch die Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ist beteiligt.
„In Hannover liegt der Schwerpunkt der Studie auf den Auswirkungen, die die Corona-Krise auf psychisch labile Menschen hat“, erklärt Professor Dr. Kai Kahl, geschäftsführender Oberarzt an der psychiatrischen MHH-Klinik. Ihn interessiert unter anderem, welche Folgen Quarantäne und Kontaktsperren beispielsweise auf Menschen mit manischen oder depressiven Erkrankungen, mit posttraumatischen Belastungsstörungen oder Borderline-Syndrom haben. Verstärken sich ihre Leiden? Kommen eventuell sogar verstärkt Suizidgedanken auf? „Sollte sich das bestätigen, brauchen wir dringend effektive Präventionsmaßnahmen, damit wir auf zukünftige Pandemien gut vorbereitet sind“, betont Professor Kahl. Bei den Hilfsstrategien könnte beispielsweise der frühzeitige, enge Arzt-Patienten-Kontakt über Telemedizin eine große Rolle spielen. Gesundheitspolitisch wichtige Punkte sind für den Psychiater unter anderem die während der Pandemie aufgetretenen Versorgungsengpässe mit lebensnotwendigen Medikamenten und das Ungleichgewicht bei der Behandlung von COVID-19-Patienten und der Behandlung von Patienten mit anderen Erkrankungen während der Krise.
Die weltweite COH-FIT-Studie wird auf internationaler Ebene geleitet, federführend ist Professor Dr. Christoph U. Correll von der Charité Universitätsmedizin Berlin. Außer der MHH-Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie sind weitere deutsche und zahlreiche internationale Unikliniken beteiligt. „Mit der Studie haben wir ein hervorragendes Instrument, um repräsentative Daten aus der Bevölkerung vieler Länder, unabhängig von ihrer Sozialstruktur und Wirtschaftskraft, zu erhalten“, sagt Professor Kahl. „Mithilfe der Erkenntnisse können Präventionsmaßnahmen entwickelt werden, die der Allgemeinheit, aber auch einzelnen Gruppen helfen, Probleme während einer Pandemie zu verhindern oder zu minimieren.“ Erste Studienergebnisse erwartet Professor Kahl in etwa vier Monaten.
Die COH-FIT-Studie beruht auf einer Online-Befragung der breiten Öffentlichkeit. Teilnehmen können Erwachsene, Jugendliche und Kinder ab sechs Jahren, wenn deren Erziehungsberechtigte zustimmen. Die Daten werden in drei Wellen – während der Pandemie, drei Monate und sechs Monate danach – erhoben. Professor Kahl rechnet in Deutschland mit mindestens 24.000 Teilnehmenden. „Es dürfen aber auch sehr viel mehr werden“, sagt er. Interessierte können unter www.coh-fit.com den Fragebogen ausfüllen.
Diese Presseinformation finden Sie auch auf www.mhh.de.
Weitere Informationen erhalten Sie bei Professor Dr. Kai Kahl, Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, Telefon (0511) 532-2495, E-Mail: kahl.kai@mh-hannover.de.
Professor Dr. Kai Kahl.
Quelle „MHH/Kaiser".
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