Drei Gründe für die Systemrelevanz urbaner Grün- und Freiflächen
Die explodierende Nachfrage nach Grün in der Corona-Krise zeigt es deutlich: Die Berliner Parks sind systemrelevant – für die körperliche und seelische Gesundheit der Menschen, für das Klima und für die biologische Vielfalt. Sie sind wie eine moderne Arche Noah. In wachsenden Städten wie Berlin stehen grüne Freiräume jedoch häufig unter Druck, gelten als Luxus und müssen oft Bebauungsprojekten weichen. Für eine angemessene Pflege fehlen häufig die Ressourcen. Prof. Dr. Ingo Kowarik vom Institut für Ökologie der TU Berlin ist auch Berliner Landesbeauftragter für Naturschutz und Landschaftspflege. Er forscht unter anderem zur Stadtnatur und den damit verbundenen Ökosystemleistungen, die wesentlich für das gute Leben in der Stadt sind. Er plädiert für die Erhaltung und den Ausbau von Stadtgrün und hat drei Gründe für die Systemrelevanz urbaner Grün- und Freiflächen zusammengetragen.
„Viele halten Grün in der kompakten Stadt der kurzen Wege für einen Luxus – wenn’s enger für alle wird“, so Professor Ingo Kowarik. „Die aktuelle Krise zeigt dagegen überdeutlich, wie systemrelevant das urbane Grün für zukunftsfähige Städte ist. Bester Indikator dafür sind die derzeit oft übervollen Parkanlagen. Die Menschen gehen dorthin, weil es ihnen guttut.“ Der erste Grund für die Systemrelevanz des Stadtgrüns ist daher dessen Bedeutung für eine vorsorgende Gesundheitspolitik, so Ingo Kowarik. „Seit langem ist wissenschaftlich bestens belegt, wie positiv sich urbanes Grün auf die psychische und physische Gesundheit auswirkt. Bewegung im Grünen und Kontakt zur Stadtnatur vermindern beispielsweise Herz-Kreislaufrisiken und Depressionen. Urbanes Grün hilft daher entscheidend, gesundheitliche Herausforderungen besser zu bewältigen – und erspart damit erhebliche Krankheitskosten.“
Der Klimawandel beherrscht aktuell nicht mehr die Schlagzeilen, doch Hitze, Trockenheit und Starkregen werden uns zukünftig immer stärker herausfordern und Lebenszeiten verkürzen, führt Kowarik als zweiten Grund für die Systemrelevanz des Stadtgrüns an. „Mehrere Studien unseres Instituts haben gezeigt: Grüne Flächen machen Städte durch Verdunstung und Schattenwurf kühler, fördern Luftzirkulation und mindern den Hitzestress. Sie helfen auch, die Wassermassen bei immer häufigeren Starkregen zu bewältigen, entlasten die Kanalisation.“ Urbanes Grün sei daher unverzichtbar für die Anpassung von Städten an den Klimawandel.
Gesundheit, Klimawandel, Arten- und Insektensterben –
drei Argumente für grüne (Innen-)Städte
Den dritten Grund für die Systemrelevanz des städtischen Grüns sieht der Ökologe Kowarik in der globalen Biodiversitätskrise: „Artenrückgang und Insektensterben werden besonders durch intensive Landnutzungen im ländlichen Raum angetrieben. Mit ihren naturnahen und kulturell geprägten Grünflächen bieten Städte dagegen vielen Arten eine moderne Arche Noah. Unsere Forschung zeigt, dass viele und auch seltene Tier- und Pflanzenarten im urbanen Grün überleben können – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.“
Diese Argumente wurden auch im Stadtbericht der nationalen Studie „Naturkapital Deutschland“ zur volkswirtschaftlichen Bedeutung der Natur des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung angeführt, der vom TU-Institut für Ökologie koordiniert wurde. Danach habe sich einiges, aber nicht wirklich Entscheidendes geändert, so Ingo Kowarik. „Die Corona-Krise bietet nun die Chance, die Systemrelevanz des urbanen Grüns wirklich zu begreifen und gesellschaftliche Prioritäten neu zu bestimmen. Gebraucht werden Grünflächen in ausreichender Größe und Qualität auch dort, wo viele Menschen leben und Flächenkonkurrenzen besonders stark sind: in der Innenstadt. Corona verschafft uns damit einen neuen Blick auf den gesellschaftlichen Wert von Flächen wie dem Tempelhofer Feld oder Neuköllner Friedhöfen, deren Bebauung aktuell diskutiert wird.“
Die aktuelle Krise biete nun die eine große Chance, die herausragende Bedeutung urbaner Grünflächen für Gesundheitsvorsorge, Klimawandel, biologische Vielfalt und weitere gesellschaftliche Ziele in praktisches Handeln zu übersetzen. Mit seiner Expertise sei das TU-Institut für Ökologie und weitere Fachgebiete der TU-Fakultät VI Planen Bauen Umwelt disziplinübergreifend gut dafür aufgestellt, Bausteine und Systeme einer multifunktionalen urbanen grünen Infrastruktur zu erarbeiten, zu testen und helfen, sie in die Realität zu bringen.
http://www.oekosys.tu-berlin.de
Zur Studie „Naturkapital Deutschland“
https://www.ufz.de/teebde/
Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
Prof. Dr. Ingo Kowarik
Technische Universität Berlin
Fakultät VI Planen Bauen Umwelt
Institut für Ökologie
Fachgebiet Ökosystemkunde/Pflanzenökologie
E-Mail: kowarik@tu-berlin.de
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, Students, all interested persons
Environment / ecology, Oceanology / climate, Zoology / agricultural and forest sciences
transregional, national
Research projects
German
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