IAI und Piepenbrock veröffentlichen Studie
Die Arbeit von Reinigungskräften sei als „Low-Level-Service“ schlecht bezahlt. Neben diesem Narrativ über vermeintlich schlechte Bezahlung wird dem Dienstleistungsbereich der Gebäudereinigung in Teilen gleichzeitig eine geringe Wertschätzung entgegengebracht. Ist die Gebäudereinigung in normalen Zeiten als „Low-Interest-Service“ im Hintergrund tätig, erfährt sie in der Phase der COVID-19-Pandemie eine erhöhte Aufmerksamkeit. Angesichts der Bilder aus den Intensivstationen der Krankenhäuser oder der aufwändigen Reinigung des Rednerpultes vor einer Rede von Bundeskanzlerin Merkel in einer Plenarsitzung des Bundestages zur Hauptsendezeit scheint dies wenig überraschend: die Wertschätzung steigt spürbar. Doch es gibt bei den Diskussionen rund um den gewerblichen Teil dieses Reinigungsbereiches neben einer Wertschätzungsdebatte auch stets eine gewichtige wettbewerbliche und ökonomische Facette. Die Unternehmen sind in der derzeitigen Marktlage nicht nur einem großen wettbewerblichen Druck ausgesetzt. Da die Betriebe der Branche gleichzeitig eine der höchsten Personalaufwandsquoten des deutschen Dienstleistungssektors schultern müssen, ist die Lohnentwicklung dieses Handwerksbereichs auch stets im Fokus der Tarifpartner. Wie sieht aber die entsprechende Lohnentwicklung in diesem Handwerksbereich aus? Das Institut für angewandte Innovationsforschung hat zusammen mit der Piepenbrock Unternehmensgruppe einen Faktencheck zur Lohnentwicklung im Gebäudereinigerhandwerk veröffentlicht.
Zentrale Ergebnisse sind u.a.:
- In den letzten Jahren war in der Gebäudereinigerbranche bei stetig steigendem Arbeitskräftemangel trotz (Lohn-)Kostendruck eine expansive Lohnpolitik zu beobachten. Die (Real-)Löhne entwickelten sich insgesamt sogar deutlich besser als in der gesamtdeutschen Wirtschaft.
- Die Gebäudereinigerbranche gehört auch zu einer Gruppe des Handwerks, die als erste die Angleichung von West- und Ostlöhnen vollziehen. Die entsprechende Angleichung der Ostlöhne glich angesichts des Kostendrucks in den letzten Jahren einem Kraftakt.
- In weiten Teilen gehört die Branche zu den Wirtschaftsbereichen, die für weniger qualifizierte und weniger qualifizierbare Arbeitskräfte einen Arbeitsmarkt bieten. Jeder zweite bis dritte Beschäftigte hat keinen Berufs- oder Studienabschluss.
- Das Entlohnungsniveau aller Lohngruppen nach Lohntarifvertrag der Gebäudereinigerbranche liegt deutlich über dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. Die Mindesttariflöhne der Gebäudereiniger liegen in der niedrigsten Lohngruppe 1 Ende 2020 bundeseinheitlich mit 15,51 Prozent und in der Lohngruppe 6 sogar mit 50,8 Prozent deutlich über dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn
- Die Gebäudereinigerbranche hat sich damit auch stetig von einer Gruppe der Branchen entfernt, die sich mit ihren Tarifabschlüssen (noch immer) am Niveau dieses allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns orientieren.
- Die künftigen Auswirkungen einer COVID-19-Pandemie können bislang auch mit Blick auf die gewerblichen Teile eines handwerklichen Reinigungsbereiches nur schwer abgeschätzt werden.
- Sicher scheint jedoch, dass während und nach der Pandemie sowie während und nach der anstehenden digitalen Transformation – was sich beides als herausfordernder Marathonlauf entwickeln dürfte – der Wettbewerbs- und (Lohn-)Kostendruck im gewerblichen Gebäudereinigerhandwerk auch in Zukunft hoch bleiben wird. Auch neue Kompetenzträger zur Bewältigung der digitalen Transformation wachsen nicht auf den Bäumen und werden erst recht nicht nach tariflichen Mindestlöhnen entlohnt.
Die Studie steht Ihnen als Download auf der IAI-Webseite zur Verfügung unter:
https://www.iai-bochum.de/publikationen/weitere-veroeffentlichungen/
Kontakt:
Prof. Dr. Markus Thomzik
Markus.Thomzik@iai-bochum.de
Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars
Economics / business administration, Politics, Social studies
transregional, national
Scientific Publications, Transfer of Science or Research
German
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