Die Ausbeutung des Planeten Erde beschränkt sich schon lange nicht mehr auf die Landoberflächen. Auch an den Ozeanen wird zunehmend Raubbau betrieben. Die Meere werden leergefischt, verschmutzt und durch den globalen Klimawandel zunehmend bedroht. Gesunde Ozeane sind aber nicht nur eine wichtige Basis für das größte Ökosystem auf unserem Planeten, sondern auch für den Menschen. Eine Studie unter Federführung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel, die am World Oceans Day in der internationalen Fachzeitschrift One Earth erschienen ist, plädiert nun dafür diese Verbindung stärker in die Beurteilung der Gesundheit unserer Meere einzubinden.
Eine gesunde Umwelt, das wünschen sich viele Menschen in ihrem Lebensumfeld. Die Meere und Ozeane sind allerdings für viele nicht so sehr im Fokus, obwohl sie Erholung bieten und uns unter anderem mit Sauerstoff und Nahrung versorgen. In den letzten Jahren ist aber auch klar geworden, dass die Ozeane in vielfältiger Art und Weise unter Druck geraten sind und ihre „Gesundheit“ bedroht ist. Zunehmende Verschmutzung, globale Überfischung, aber auch Erwärmung und Versauerung setzen dem Ozean, dem größten Ökosystem auf diesem Planeten, zu und richten zum Teil weitreichende Schäden an.
Aber wie kann man diese Prozesse stoppen, damit sich die marinen Ökosysteme erholen können? Mit diesen Fragen beschäftigten sich die Initiativen ‚Ocean Health‘ (Leitung Prof. Ute Hentschel, GEOMAR) und ‚Ocean Recovery‘ (Leitung Prof. Anja Engel, GEOMAR) des Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“ und luden 2018 zu dem Symposium „Integrated Science for Future Ocean Health and Recovery“ nach Kiel ein. In dem anschließenden Workshop trafen sich über 30 internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Disziplinen sowie weitere Interessenvertreter aus aller Welt, um Optionen für die Zukunft zu diskutieren. Ihre Empfehlungen sind jetzt in einem Beitrag in der internationalen Fachzeitschrift One Earth erschienen.
„Der Schutz des Ozeans und die Wiederherstellung seiner Gesundheit ist eines der UN Ziele für Nachhaltige Entwicklung und gerät immer mehr in den Fokus internationaler Politik, da menschliche Aktivitäten zunehmend das Ökosystem Ozean gefährden“, erläutert Dr. Andrea Franke, Erstautorin der Veröffentlichung. „Aber wann ist der Ozean gesund? Verschiedensten Akteuren fällt es immer wieder schwer sich auf eine gemeinsame Definition des Begriffes ‚Ozeangesundheit‘ zu einigen. Deshalb haben wir ein operationelles Rahmenkonzept entwickelt, um die Gesundheit des Ozeans bewerten zu können. Dabei haben wir empirische aber, zusammen mit den Umweltethikern der Christian-Albrechts Universität zu Kiel, auch normative Aspekte berücksichtigt, die mit der Idee einer ‚starken Nachhaltigkeit‘ in Einklang stehen“, so Franke weiter.
„Bei der Entwicklung von Maßnahmen, die eine nachhaltige Nutzung und den Schutz des Ozeans und seiner Lebensräume sichern und darüber hinaus dabei helfen bereits stark beeinträchtigte Meeresökosysteme wiederherzustellen, muss zunächst einmal klar sein, was wir unter einem ‚gesunden Ozean‘ eigentlich verstehen“, führt Dr. Enno Prigge, Ko-Autor des Artikels vom GEOMAR, weiter aus. „Ein transdisziplinäres, von mehreren Akteuren getragenes Rahmenwerk ist dabei nicht nur für die Klärung des Konzeptes ‚Ozeangesundheit‘ nötig. Es ist auch für die Entwicklung und Umsetzung aktivere Maßnahmen zur Wiederherstellung eben dieser und zum Erhalt der zahlreichen positiven Wechselwirkungen zwischen gesunden Meeren und der Gesundheit und des Wohlbefindens von uns Menschen essentiell“, sagt der Kieler Wissenschaftler.
In diesem Sinne sollten die beiden UN-Nachhaltigkeitsziele "Leben unter Wasser" (Nr. 14) zusammen mit "Gesundheit und Wohlergehen" (Nr. 3) gemeinsam betrachtet und umgesetzt werden. „Gesunde Meere sind auch eine wichtige Basis für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen“, so die These des interdisziplinären Teams. Auf internationaler Basis gibt es hier schon einige transdisziplinäre Ansätze, um Expertise aus ganz unterschiedlichen Bereichen zusammen zu bringen und zu bündeln. Auch in einem gerade veröffentlichten Bericht des European Marine Boards mit dem Titel „Policy Needs for Oceans and Human Health“ wird dieses Thema aufgegriffen. „Um aktive Maßnahmen zur Wiederherstellung der Ozeangesundheit auf den Weg zu bringen, müssen Wissenschaft, Gesellschaft, Industrie und Politik zusammenarbeiten. Mit transdisziplinären Konzepten können wir es schaffen, den Ozean zu schützen und nachhaltig zu nutzen“, so Dr. Franke abschließend.
Dr. Enno Prigge, eprigge@geomar.de
Franke, A., T. Blenckner, C. M. Duarte, K. Ott, L. E. Fleming, A. Antia, T. B.H. Reusch, C. Bertram, J. Hein, U. Kronfeld-Goharani, J. Dierking, A. Kuhn, C. Sato, E. van Doorn, M. Wall, M. Schartau, R. Karez, L. Crowder, D. Keller, A. Engel, U. Hentschel, and E. Prigge, 2020: Operationalizing Ocean Health: Toward Integrated Research on Ocean Health and Recovery to Achieve Ocean Sustainability. One Earth 2, https://doi.org/10.1016/j.oneear.2020.05.013
https://www.marineboard.eu/sites/marineboard.eu/files/public/publication/EMB_PB8... European Marine Board. Policy Needs for Oceans and Human Health. European Marine Board. EMB Policy Brief N°. 8, May 2020. ISSN: 0778-3590 ISBN: 9789492043962 DOI: 10.5281/zenodo.3822099
Schematische Abbildung zu Ocean & Human Health
Aus Franke et al, 2020.
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology, Environment / ecology, Oceanology / climate
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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