idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
07/14/2020 09:08

Katzen: Unabhängig seit 6000 Jahren

Judith Jördens Senckenberg Pressestelle
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

    Forschende des Senckenberg Centers for Human Evolution and Palaeoenvironment an der Universität Tübingen haben mit einem internationalen Team die Nahrungsgewohnheiten der Vorfahren heutiger Hauskatzen untersucht. Sie kommen zu dem Schluss, dass die ersten aus Europa bekannten Katzen sich nicht vom Menschen abhängig machten. Stattdessen ernährten sich die Tiere vor 6200 bis 4300 Jahren sowohl von Wildtieren, als auch von Nagetieren, die im Zusammenhang mit menschlicher Landwirtschaft standen. Die Studie erscheint heute im Fachjournal „PNAS“.

    Die Falbkatze (Felis silvestris lybica) ist der Urahn aller heutigen Hauskatzen. Ursprünglich stammen die sandfarbenen Tiere vom afrikanischen Kontinent. „Vor etwa 6000 Jahren etablierten sich die Tiere auch in Europa und breiteten sich dort als Hauskatzen aus“, erklärt Prof. Dr. Hervé Bocherens vom Senckenberg Center for Human Evolution and Palaeoenvironment an der Universität Tübingen und fährt fort: „Die ältesten Fossilien sind ungefähr 6200 Jahre alt und wurden in Polen gefunden. Uns hat interessiert wie es zu der Domestizierung der Tiere nach ihrer Einwanderung kam.“

    Um diesen Fragen auf die Spur zu kommen, hat Bocherens mit Erstautorin Magdalena Krajcarz von der Nikolaus-Kopernikus-Universität im polnischen Toruń und einem internationalen Team stabile Isotope im Knochenkollagen der Katzenfossilien gemessen. Anhand der unterschiedlichen Isotopenverhältnisse lassen sich Rückschlüsse auf die Ernährung der Tiere schließen. „Insgesamt haben wir sechs Katzenfossilien aus polnischen Fossilfundstätten untersucht. Um einen Vergleich zu haben, wurden zudem Fossilien der ältesten aus Polen bekannten domestizierten Katzen, sowie 34 weitere Tiere, die mit den Katzen vor etwa 6000 Jahren in Europa lebten, gemessen“, erläutert der Tübinger Wissenschaftler. Ziel der Studie sei es, auch mit der Erforschung der Ökologie und Soziologie der eingewanderten Falbkatzen, die historische Verbindung von Mensch und Katze zu rekonstruieren.

    Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die eingewanderten Hauskatzen-Urahnen sich nicht vollständig vom Menschen abhängig machten. Bocherens hierzu: „Wir finden in den Knochen der Katzenfossilien sowohl Signale von Nagetieren, die im Zusammenhang mit menschlicher Landwirtschaft auftraten, als auch von Wildtieren.“ Die Forschenden schließen aus den Messergebnissen, dass die Vorfahren der heutigen Hauskatzen in Europa weiterhin wild lebten und nur einen Teil ihrer Nahrung in der Nähe menschlicher Behausungen zu sich nahmen. „Die Tiere waren also nicht synanthrop, nicht vollständig auf den Menschen und seinen Lebensraum angepasst, sondern lebten – im Gegensatz zu den Hunden in dieser Zeit – ‚opportunistisch’. Wenn es in der freien Wildbahn, welche sie sich mit den heimischen Wildkatzen teilen mussten, kein Fressen gab, durfte es auch gern Nahrung aus menschlicher Nähe sein“, fasst Bocherens zusammen und fügt hinzu: „Auch die heimischen, europäischen Wildkatzen ernährten sich von den Nagetieren. Es gab also eigentlich eine direkte Futterkonkurrenz zwischen den beiden Formen, die aber aufgrund des großen Angebots anscheinend nicht zur Verdrängung der einen oder anderen Katze führte.“


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Hervé Bocherens
    Senckenberg Center for Human Evolution and Palaeo-environment (HEP), Eberhard Karls Universität Tübingen
    Tel. 07071- 29-76988
    herve.bocherens@uni-tuebingen.de


    Original publication:

    Magdalena Krajcarz, Maciej T. Krajcarz, Mateusz Baca, Chris Baumann, Wim Van Neer, Danijela Popović, Magdalena Sudoł-Procyk, Bartosz Wach, Jarosław Wilczyński, Michał Wojenka, Hervé Bocherens (2020): Ancestors of domestic cats in Neolithic Central Europe: Isotopic evidence of a synanthropic diet. Proceedings of the National Academy of Sciences DOI: 10.1073/pnas.1918884117


    Images

    Die Żarska-Höhle ist einer der Fundorte der untersuchten Katzenfossilien.
    Die Żarska-Höhle ist einer der Fundorte der untersuchten Katzenfossilien.
    Michał Wojenka/Magdalena Krajca
    Michał Wojenka/Magdalena Krajcarz

    Auch wenn sich die Katzen nicht vom Menschen abhängig machten, fügten sie landwirtschaftliche Schadtiere zu ihrem Speiseplan hinzu.
    Auch wenn sich die Katzen nicht vom Menschen abhängig machten, fügten sie landwirtschaftliche Schadt ...
    Maciej T. Krajcarz
    Maciej T. Krajcarz


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology, Geosciences, History / archaeology
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Die Żarska-Höhle ist einer der Fundorte der untersuchten Katzenfossilien.


    For download

    x

    Auch wenn sich die Katzen nicht vom Menschen abhängig machten, fügten sie landwirtschaftliche Schadtiere zu ihrem Speiseplan hinzu.


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).