Wenn im Erdmantel – ähnlich wie in einer Lavalampe – Blasen aus erhitztem Gestein an die Oberfläche steigen, können dort Vulkanketten entstehen. Ein Forschungsteam unter Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel hat diesen sogenannten Hotspot-Vulkanismus im Atlantik untersucht und konnte durch Analyse der abgelagerten Gesteinsschichten mehr über die Zusammensetzung des unteren Erdmantels erfahren. Die Studie ist kürzlich in der Fachzeitschrift Science Advances erschienen.
In den 80er Jahren waren sogenannte Lava-Lampen im Zimmer vieler Jugendlicher zu finden. Die Hitze einer im Fuß der Lampe versteckten Glühbirne ließ rötliches Wachs in länglichen Blasen in einer bunten öligen Flüssigkeit nach oben steigen. Auch für den Erdmantel wird die Existenz von aufsteigenden Blasen aus erhitztem Gestein vermutet. Sie werden Mantel Plumes genannt. Erreicht dieses heiße Gestein die Obergrenze des Erdmantels, kann es (durch den dort geringeren Druck) aufschmelzen und auf der darüber liegenden dünnen Erdkrustenplatte Vulkanismus verursachen. Die Blasen steigen immer mehr oder weniger an der gleichen Stelle auf, an sogenannten Hotspots. Da sich die darüber liegende Erdplatte aber durch Plattenverschiebungen weiterbewegt, entsteht an der Oberfläche eine Kette von systematisch jünger werdenden Vulkangebäuden, im Meer eine vulkanische Inselkette. Die chemische Untersuchung des Hotspot-Vulkanismus stellt eine einzigartige Möglichkeit dar, um Informationen zur Zusammensetzung des unteren Erdmantels zu erhalten.
Ein klassisches Beispiel für Hotspot-Vulkanismus ist die Tristan-Gough-Vulkankette, die sich von der namibischen Küste Südwestafrikas über mehr als 3000 km bis zu den aktiven Vulkaninseln Tristan da Cunha und Gough mitten im Südatlantik erstreckt. Während mehrerer Expeditionen, unter anderem mit den deutschen Forschungsschiffen SONNE und MARIA S. MERIAN, wurden dort diese und die etwas weiter südlich liegende Shona-Vulkankette von der Arbeitsgruppe Magmatische und Hydrothermale Systeme am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel unter Leitung von Prof. Kaj Hoernle beprobt. Dabei fanden die Forschenden heraus, dass der geochemische Fingerabdruck entlang dieser beiden markanten Hotspotspuren identisch ist und auf sogenanntes „recyceltes“ Material in der Hotspotquelle hinweist.
„Unseren Untersuchungen zufolge stammt das dort gefundene Material aus einem älteren Subduktionsprozess“, erläutert Dr. Stephan Homrighausen vom GEOMAR, Erstautor der aktuellen Studie. Es entsteht, wenn zwei tektonische Platten aufeinandertreffen und die eine Platte die andere „überfährt“. An diesen sogenannten Subduktionszonen, wie beispielsweise den Anden, werden über Millionen von Jahren kontinuierlich ozeanische Kruste und kontinentales Material in den Erdmantel „recycelt“. Seismische Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Großteil der subduzierten Platten in den unteren Erdmantel abtaucht, sich dort ansammelt und dann durch Mantel Plumes wieder an die Oberfläche gebracht wird, was an den Tristan-Gough- und Shona-Hotspots nachgewiesen werden konnte.
„Zu unserem Erstaunen konnten wir auf den Tristan-Gough- und Shona-Hotspotspuren eine jeweils ca. 30 Millionen Jahre jüngere vulkanische Aktivität nachweisen, die eine völlig unterschiedliche Zusammensetzung aufweist, was vollkommen ungewöhnlich für Hotspotvulkanismus ist“, so Dr. Stephan Homrighausen. „Diese jüngeren Vulkane sind Bestandteile einer weiteren, überlagernden Hotspotspur, die sich bis weit auf den afrikanischen Kontinent verfolgen lässt. Solch überlagernde Hotspotspuren mit unterschiedlicher geochemischer Signatur konnten bisher nur im Pazifik beobachtet werden“, ergänzt Co-Autor Prof. Dr. Kaj Hoernle.
Eine mögliche Erklärung befindet sich mehr als 2500 Kilometer tief im unteren Erdmantel. Dort liegt direkt unter den ozeanischen Hotspots eine riesige Menge Mantelmaterial, die eine andere Zusammensetzung aufweist als der umgebende Erdmantel, und möglicherweise aus einer Mischung von Mantelmaterial aus der Ursprungszeit der Erde und recyceltem Krustenmaterial besteht. Der Ursprung dieser Ansammlung ist bisher unbekannt. Klar ist allerdings: Diese „Provinz“ wie die Geologen sie bezeichnen, stellt eine stetige Quelle für Mantel Plumes dar. Außerdem habe sie eine dynamische, komplexe Struktur, erklärt Dr. Homrighausen. „Wenn große Mengen am Rand der Provinz aufsteigen, könnte das zu Instabilitäten im Zentrum führen und Material von anderer chemischer Zusammensetzung zum Aufsteigen veranlassen. Das könnte die überlagernden Hotspotspuren erklären.“ Und Dr. Jörg Geldmacher, einer der weiteren Co-Autoren der neuen Studie ergänzt: „Dieses Verhalten erinnert mich tatsächlich sehr an die Lava-Lampe, die ich noch als junger Student im WG-Zimmer stehen hatte.“
S. Homrighausen, K. Hoernle, H. Zhou, J. Geldmacher, J-A. Wartho, F. Hauff, R. Werner, S. Jung and, J. P. Morgan, 2020: Paired EMI-HIMU hotspots in the South Atlantic - Starting plume heads trigger compositionally distinct secondary plumes? Science Advances, 6, https://doi.org/10.1126/sciadv.aba0282
http://www.geomar.de/n7216 Hier steht Bildmaterial zum Download bereit
http://www.geomar.de Das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
http://www.themenspezial.eskp.de/vulkanismus-und-gesellschaft für Themenspezial “Vulkane und Gesellschaft“, ESKP (Earth System Knowledge Platform)
Warten auf die Proben aus der Tiefe auf dem Forschungschiff SONNE.
Stephan Homrighausen/GEOMAR
Stephan Homrighausen/GEOMAR
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Geosciences
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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