Das neuartige Corona-Virus kann sich auch außerhalb der Lunge, zum Beispiel in den Nieren, vermehren. Das haben Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) in einer Studie nachgewiesen, die sie in der aktuellen Ausgabe des internationalen Fachmagazins The Lancet veröffentlicht haben. Zugleich beobachtete das Team, dass COVID-19-Patientinnen und -Patienten, bei denen in den Nieren der COVID-19-Erreger nachweisbar ist, ein höheres Risiko für ein akutes Nierenversagen und eine kürzere Überlebenszeit haben.
Für ihre Studie haben die Forschenden Obduktionen von 63 überwiegend älteren Patientinnen und Patienten mit einer COVID-19-Infektion und Vorerkrankungen ausgewertet. In 60 Prozent der untersuchten Nieren hat das Team den COVID-19-Erreger gefunden. Erst kürzlich hatten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entdeckt, dass SARS-CoV-2 ein Multiorganvirus und in zahlreichen Organen nachweisbar ist.
In ihrer aktuellen Studie konnten die Forschenden zeigen, dass der Nachweis von SARS-CoV-2-Erregern in den Nieren von COVID-19-Patienten mit einem erhöhten Risiko für ein akutes Nierenversagen einhergeht: Unter den Patienten mit einem akuten Nierenversagen entdeckten die Wissenschaftler bei 72 Prozent der Fälle das Virus in den Nieren. Im Gegensatz dazu fanden sie bei Patienten ohne akutem Nierenversagen nur in 43 Prozent der Fälle den Erreger in den Nieren.
„Dies ist ein Erklärungsansatz für das häufige Nierenversagen bei einer COVID-19-Infektion, das zu den wesentlichen Sterblichkeitsfaktoren zählt“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Tobias B. Huber, Direktor der III. Medizinische Klinik und Poliklinik (Nephrologie, Rheumatologie, und Endokrinologie).
„Es ist uns zudem gelungen, den SARS-CoV-2-Erreger aus der Niere eines verstorbenen Patienten zu isolieren. Innerhalb von 48 Stunden hat sich der Erreger in Nierenzellen 1000-fach vervielfältigt. Unsere Ergebnisse geben Hinweise darauf, dass sich der SARS-CoV-2-Erreger auch in anderen Organe als der Lunge aktiv vermehren kann“, sagt Co-Studienleiter Prof. Dr. Martin Aepfelbacher, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene.
Darüber hinaus entdeckten die Forschenden einen Zusammenhang zwischen dem Nachweis des Virus in der Niere und der Überlebenszeit der an COVID-19 verstorbenen Patienten. „Aus dieser und anderen Studien können wir lernen, dass man frühzeitig auf Organbeteiligungen bei einer COVID-19-Infektion achten muss. Im Fall der Niere ist dies durch Urintests möglich“, sagt Prof. Huber.
An der Studie waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der III. Medizinischen Klinik und Poliklinik, dem Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene, der Klinik für Intensivmedizin und dem Institut für Rechtsmedizin des UKE beteiligt.
Prof. Dr. Tobias B. Huber
III. Medizinische Klinik und Poliklinik
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Martinistraße 52
20246 Hamburg
Telefon: 040 7410-53908
direktionsassistenz-3.med@uke.de
Literatur
Fabian Braun, Marc Lütgehetmann, Susanne Pfefferle, Milagros Wong, Alexander Carsten, Maja Lindenmeyer, Dominik Nörz, Fabian Heinrich, Kira Meißner, Dominic Wichmann, Stefan Kluge, Oliver Gross, Klaus Püschel, Ann Sophie Schröder, Carolin Edler, Martin Aepfelbacher, Victor Puelles, Tobias B. Huber. SARS-CoV-2 renal tropism is associated with disease severity and acute kidney injury. The Lancet. 2020.
DOI: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)31759-1
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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