Wissenschaftler:innen aus Regensburg, Pisa und Leeds entwickelten eine photonische Schlüsselkomponente. Durch starke Kopplung elektronischer Resonanzen mit dem Lichtfeld eines Mikroresonators konnten sie einen sättigbaren Absorber bereits bei extrem geringen Intensitäten betreiben, der künftig ultrakurze Impulse aus Terahertz-Lasern ermöglichen könnte. Ihre Ergebnisse präsentiert das internationale Forschungsteam in der aktuellen Ausgabe von Nature Communications.
Terahertzstrahlung ist elektromagnetische Strahlung im schwer zugänglichen Frequenzfenster zwischen Mikrowellenelektronik und langwelligem Infrarot. Sie eröffnet ein vielfältiges Spektrum von Anwendungen, das sich von Sicherheitsscannern an Flughäfen über Spurengasdetektion bis hin zu ultraschneller Kommunikationstechnologie und Medizintechnik erstreckt. Viele weitere Technologien könnten hinzukommen, wenn ultrakurze Impulse direkt aus elektrisch gepumpten, kompakten Terahertz-Lasern, sogenannten Quantenkaskadenlasern, erzeugt werden könnten. Diese funktionieren bisher jedoch nur im Dauerstrichbetrieb, also ohne zeitliche Variation der Leistung.
Mittels sogenannter sättigbarer Absorber ließen sich kostengünstigen Quantenkaskadenlasern kurze Terahertzimpulse leicht entlocken. Die Funktionsweise eines sättigbaren Absorbers lässt sich mit der eines beschlagenen Spiegels vergleichen, der wieder klar wird, sobald ausreichend intensives Licht darauf fällt. Bringt man ein solches Element in einen Quantenkaskadenlaser ein, so reicht die Lichtintensität im Fall kontinuierlicher Lichtemission nicht aus, um den Spiegel klar werden zu lassen – die hohen Verluste lassen den Laser nur schwaches oder gar überhaupt kein Licht emittieren. Konzentriert sich die gesamte Leistung des Lasers hingegen in einem einzigen, kurzen Lichtimpuls, so ist dieser intensiv genug, um den Absorber zu sättigen. Hierbei erfährt das Licht erheblich geringere Verluste, sodass er eine Präferenz für diesen Betriebsmodus ausbildet. Bislang allerdings waren sättigbare Absorber für den Terahertz-Spektralbereich schwer zu realisieren und erforderten darüber hinaus Lichtintensitäten weit jenseits der Möglichkeiten eines Quantenkaskadenlasers.
Um eine neue Klasse sättigbarer Absorber zu entwickeln, ließ sich die Arbeitsgruppe von Professor Dr. Rupert Huber am Institut für Experimentelle und Angewandte Physik der Universität Regensburg gemeinsam mit Professorin Miriam Vitiello, NEST Pisa, und Professor Edmund Linfield, University of Leeds, von der Musik inspirieren: Woher stammt zum Beispiel der einmalige Klang eines Steinway-Klaviers? Das Geheimnis liegt nicht in den Saiten, sondern vielmehr im Resonanzkörper. Dort entstehen Klang und Dynamik nach einem Tastenanschlag. „Im Grunde übernehmen wir diese Idee in die Terahertz-Optik“, sagt Jürgen Raab, der Erstautor der Veröffentlichung. Miriam Vitiellos Gruppe
entwickelte eine mikrostrukturierte Anordnung, bestehend aus einem Goldspiegel und einem Goldgitter, welche zusammen als Resonanzkörper für Terahertz-Strahlung wirken. Dessen Resonanzen können stark mit Elektronen in speziellen Halbleiter-Nanostrukturen gekoppelt werden, welche in der Gruppe von Edmund Linfield auf eine einzelne Atomlage genau hergestellt wurden.
In einer in Regensburg entwickelten hochpräzisen Zeitlupenkamera beobachteten die
Wissenschaftler:innen, wie die neuen Strukturen auf einen kräftigen „Tastenanschlag“, also die Anregung mit einem intensiven Terahertz-Impuls, reagiert. Auf der Zeitskala von Femtosekunden – dem millionsten Teil einer Milliardstel Sekunde – zeigte sich ein verblüffendes Ergebnis: Der Absorber sättigte bereits bei einer um einen Faktor 10 geringeren Intensität als die reine Halbleiterstruktur alleine. Diese Reaktion setzte darüber hinaus schneller ein als eine einzelne Lichtschwingung des Terahertz-Impulses und der „Ton“ verwandelte sich während der Sättigung so, dass nahezu keine Absorption des intensiven Terahertz-Impulses erfolgte. Miriam Vitiello ist begeistert: „Wir halten nun alle nötigen Komponenten in Händen, um ultraschnelle Quantenkaskadenlaser mit sättigbaren Absorbern zu bauen“.
Da Terahertzstrahlung tausendfach schneller als die Taktraten moderner Computer oszilliert, könnten ultrakurze Terahertzimpulse eine neue Generation von Telekommunikationsverbindungen ermöglichen – weit schneller als 5G. Auch wichtige Fortschritte im Bereich der chemischen Analytik und der medizinischen Diagnostik sind denkbar. Ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg ist nun erreicht.
Jürgen Raab M. Sc.
Institut für experimentelle und angewandte Physik
Universität Regensburg
+49 941 943 4219
Juergen1.raab@ur.de
Prof. Dr. Rupert Huber
Institut für experimentelle und angewandte Physik
Universität Regensburg
+49 941 943 2070
Rupert.Huber@ur.de
Jürgen Raab, Francesco P. Mezzapesa, Leonardo Viti, Nils Dessmann, Laura K. Diebel, Lianhe Li, A. Giles Davies, Edmund H. Linfield, Christoph Lange, Rupert Huber, and Miriam S. Vitiello:
Ultrafast terahertz saturable absorbers using tailored intersubband polaritons. In: Nature
Communications, DOI https://doi.org/10.1038/s41467-020-18004-8
http://www.physik.uni-regensburg.de/forschung/huber/jraab.html
http://www.physik.uni-regensburg.de/forschung/huber/home.html
http://www.nano.cnr.it/?mod=peo&id=336
https://eps.leeds.ac.uk/electronic-engineering/staff/333/professor-edmund-linfie...
Ein intensiver Lichtimpuls (weiß) kann den sättigbaren Absorber (Goldgitter) in einen nahezu perfekt ...
Jürgen Raab
Universität Regensburg, Jürgen Raab
Criteria of this press release:
Journalists
Physics / astronomy
transregional, national
Research results
German
Ein intensiver Lichtimpuls (weiß) kann den sättigbaren Absorber (Goldgitter) in einen nahezu perfekt ...
Jürgen Raab
Universität Regensburg, Jürgen Raab
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