Der Forschungsbericht "The Cost of Talking Peace" wird heute offiziell veröffentlicht. Die politologische und wirtschaftswissenschaftliche Analyse der Finanzierung von Friedensprozessen ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen ISDC und swisspeace. Der Bericht analysiert den wenig erforschte Aspekt der Finanzierung von Friedensprozessen. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass Finanzierungsfragen zwar technischer Natur sind, ihre Auswirkungen auf erfolgreiche Friedensverhandlungen und Mediationsprozesse aber sehr politisch sind. Das Autorenteam stellt fest, dass die Form der Finanzierung die Erfolgschancen von Friedensverhandlungen wesentlich beeinflussen kann.
Zusammenfassung
Ein deutsch-schweizerisches Forschungsteam veröffentlicht heute eine neue Studie über die politologischen und wirtschaftswissenschaftlichen Aspekte der Finanzierung von Friedensverhandlungen.
Das Team der Forschungsinstitute ISDC - International Security and Development Center in Berlin und swisspeace in Bern betonen, dass die Finanzierung ein zentrales Thema in Friedensverhandlungen und Mediationsprozessen ist. Die Rolle und Auswirkungen der Finanzierung werden jedoch nur unzureichend verstanden und könnten ein Hindernis für den Frieden darstellen.
Professor Tilman Brück, Gründer und Direktor des ISDC und Mitverfasser des Berichts, kommentiert: "Frieden zu schaffen ist in der Regel die bessere Wirtschaftspolitik für die Gesellschaft als Krieg zu führen. Aber Frieden zu schaffen kostet auch Geld - genau wie der Besuch eines Arztes oder der Kauf von Medikamenten Geld kostet. Wie Friedensverhandlungen bezahlt werden, ist jedoch nicht gut erforscht oder geregelt. Wir brauchen klare Regeln für die Finanzierung von Friedensverhandlungen, damit mehr Frieden geschaffen werden kann".
Hintergrund
Die Finanzierung von Friedensverhandlungen wird oft als eine rein technische Frage behandelt. Bei genauerem Hinsehen ist die Finanzierung jedoch grundsätzlich politischer Natur und hat als solches einen starken Einfluss auf die Architektur und die Dynamik von Friedensverhandlungen.
Für einen funktionierenden Friedensverhandlungsprozess müssen die Finanzierungsanfragen der Verhandlungsakteure, die als Verhandlungsparteien und Vermittler definiert sind, mit einem begrenzten Pool externer Mittel abgestimmt werden, die von Gebern zur Verfügung gestellt werden. Die vorliegende Forschung konzeptualisiert diese Dynamik der Ressourcenallokation als ein “Matching Game”, welches aus einer Reihe von Interaktionen (oder Verhandlungen) besteht, mit der Absicht, die vorhandenen Finanzierungsanfragen mit verfügbaren externen Mitteln abzugleichen. Die Verhandlungsarchitektur, die schließlich in einem bestimmten Prozess zur Anwendung kommt, resultiert also, zumindest bis zu einem gewissen Grad, aus einer Verhandlung zwischen den beteiligten Verhandlungsakteuren und den Geldgebern.
Was den gesamten Finanzierungsmarkt für Friedensverhandlungen anbelangt, so fand das Forschungsteam mehrere Merkmale, die ihn definieren:
a) Die Finanzierung ist endogen zur allgemeinen Verhandlungsarchitektur,
b) der Markt wurde im Laufe der Jahre immer voluminöser und diversifizierter, und
c) die Finanzierung wird zunehmend "projektbezogen" (bestehend aus projektbezogener Finanzierung) und professionalisiert.
Die Finanzierung von Friedensverhandlungen ist mit einer Reihe von Marktversagen behaftet, welche ganze Prozesse untergraben können. Zwar sind nur wenige Friedensverhandlungen, wenn überhaupt, aufgrund von Marktversagen gescheitert, dennoch stellen diese Marktversagen Hindernisse für gut funktionierende Verhandlungen dar, tragen zu einer längeren Dauer der Prozesse bei und erhöhen ihre Kosten. Um das bestehende Marktversagen zu überwinden, müssen die Akteure auch angemessener mit Informationsasymmetrien und Fehlanreizen umgehen, wie bei Problemen des kollektiven Handelns.
Das Forschungsteam hat acht finanzierungsbezogene Fragen festgestellt, die den Markt untermauern und das effiziente Funktionieren von Friedensverhandlungen positiv oder negativ beeinflussen können. Diese Schlüsselthemen sind:
-- Verteilung: Während einige Verhandlungsprozesse - wie auch bestimmte Phasen oder Komponenten dieser Prozesse - überfinanziert sind, erhalten andere nicht genügend finanzielle Unterstützung.
-- Reaktionsfähigkeit: Mittel werden oft schneller benötigt, als die Geber dies bereitstellen können.
-- Wettbewerb und Koordinierung: Wenn sich die Geber nicht untereinander koordinieren, kann dies zu Doppelarbeit und verpassten Gelegenheiten führen, komparative Vorteile anderer Geber zu nutzen.
-- Hebelwirkung der Geber: Mitunter nutzen Geber Mittel, um den Prozess positiv als auch negativ zu beeinflussen.
-- Rechtliche, institutionelle und administrative Einschränkungen: Die Geber sind an verschiedene Einschränkungen gebunden, die mitunter nicht mit den Erfordernissen des Verhandlungsprozesses vereinbar sind.
-- Legitimität der Finanzierung: Wenn Geber (und Fonds) nicht als unparteiisch wahrgenommen werden, kann der Finanzierungsmechanismus selbst, und damit der gesamte Verhandlungsprozess, untergraben werden.
-- Finanzielle Anreize: Finanzielle Anreize, wie z.B. Tagegelder, können je nach Gestaltung und Anwendung eine fördernde oder hemmende Rolle für die Durchführung von Friedensverhandlungen spielen.
-- Vertrauen: Die Finanzierung kann eine wichtige Rolle bei der Vertrauensbildung zwischen den Verhandlungsparteien spielen, was das Vertrauen in den gesamten Prozess untermauern oder untergraben kann.
Zur Bewältigung der Finanzierungsprobleme wurden im Rahmen der Forschungsarbeiten mehrere Strategien für Verhandlungspartner und Geldgeber entwickelt:
-- Einrichtung geeigneter Kommunikations- und Koordinierungsmechanismen
-- Diversifizierung der Finanzierungsquellen
-- Gewährleistung einer klaren Rollenverteilung
-- Vorausplanung
-- Entwurf maßgeschneiderter Finanzierungsmodalitäten
-- Nutzung spezieller administrativer Kapazitäten
-- Die Anreize richtig setzen
-- Einrichtung angemessener Finanzierungsinstrumente und strategischer Partnerschaften
Die Studie wurde vom Schweizer Außenministerium finanziert.
Professor Tilman Brück, ISDC, brueck@isdc.org, +49-151-1117 5462
The main report: Brück, T., C. von Burg, L. Ellmanns, N. T. N. Ferguson, P. Lustenberger & A. Raffoul (2020). "The Cost of Talking Peace: A Political and Economic Analysis of Financing Peace Negotiation and Mediation Processes", swisspeace and ISDC, September.
The policy brief: Brück, T., C. von Burg, L. Ellmanns, N. T. N. Ferguson, P. Lustenberger & A. Raffoul (2020). "The Cost of Talking Peace: Financing Peace Negotiation and Mediation Processes", swisspeace Policy Brief, Nr. 9, September.
https://isdc.org
https://isdc.org/publications/the-cost-of-talking-peace/
https://isdc.org/publications/the-cost-of-talking-peace-financing-peace-negotiat...
Fund Allocation Dynamics
ISDC / swisspeace
Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars, Students, Teachers and pupils, all interested persons
Economics / business administration, Law, Politics, Social studies
transregional, national
Research projects, Research results
German
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