idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
09/30/2020 13:21

Verdächtige Unbekannte

Christina Anders Kommunikation
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft

    Viele Proteine, die möglicherweise an der Entstehung von Neurodegenerativen Erkrankungen beteiligt sind, offenbart nun das Netzwerk Neuronet1.0. Dazu veröffentlichte die AG Wanker vom MDC kürzlich eine neue Studie im Fachblatt Cell Reports.

    Auslöser neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, Chorea Huntington oder Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) sind fehlgefaltete, miteinander verklumpte Proteine, die sich im Nervengewebe ablagern. Sie verursachen dort schwere Schäden, Nervenzellen sterben ab. Die Symptome: Demenz, Bewegungsstörungen oder Lähmungen. „An den verantwortlichen Proteinen wird intensiv geforscht. Dennoch sind Ansätze für wirksame Therapien bislang ins Leere gelaufen“, sagt Professor Erich Wanker, Leiter der Arbeitsgruppe „Proteomforschung und molekulare Mechanismen bei neurodegenerativen Erkrankungen“ am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC). „Wir haben die auslösenden molekularen Mechanismen erst bruchstückhaft verstanden.“

    Um weitere Beteiligte der Krankheitsentstehung ausfindig zu machen, untersuchten die Forschenden die Wechselwirkung zwischen Proteinen, die bekanntlich Neurodegeneration verursachen, mit bislang unverdächtigen Kandidaten. Wer interagiert mit wem? Wie groß ist das Beziehungsgeflecht? Welche Proteine sind womöglich noch in neurodegenerative Krankheitsgeschehen involviert? Antworten auf diese Fragen geben die MDC-Wissenschaftler*innen in ihrer aktuellen Studie in „Cell Reports“, die in enger Kooperation mit dem Team um Professor Roded Sharan, Mitglied der School of Computer Science an der Universität Tel Aviv und weiteren internationalen Forschungsgruppen entstanden ist.

    Deutlich mehr als die üblichen Verdächtigen

    „Zunächst haben wir computergestützt wissenschaftliche Studien durchforstet, um sämtliche Proteine zu erfassen, von denen wir heute wissen, dass sie mit neurodegenerativen Erkrankungen zusammenhängen“, sagt Christian Hänig, Bioinformatiker in der Arbeitsgruppe von Wanker und Erstautor der Studie. „Die relevantesten 500 Proteine haben wir dann im Labor auf mögliche Wechselwirkungen mit anderen Proteinen hin untersucht.“

    Der Pool der in der Studie getesteten Gegenspieler umfasste nahezu alle menschlichen Proteine. Mit Hilfe eines robotergestützten Hochdurchsatzverfahrens untersuchte das Team systematisch Wechselwirkungen zwischen einzelnen Proteinen. Bei der Hefe-2-Hybrid-Methode wird die Erbsubstanz, die für die zu testenden Proteine codiert, jeweils in verschiedene Stämme von Hefezellen eingebracht. Anschließend werden immer zwei unterschiedliche Hefezellstämme miteinander verpaart. Kommt es dann innerhalb der fusionierten Hefezellen zu einer Wechselwirkung zwischen zwei Proteinen, sendet die Zelle ein Signal aus – etwa in Form einer Farbreaktion. Interagieren die Proteine nicht miteinander, bleibt das Signal aus.

    Die Daten aus den Laboruntersuchungen bearbeitete das MDC-Forschungsteam mit bioinformatischen Methoden und vereinte sie mit bereits aus der Literatur bekannten Proteininteraktionen in einem Netzwerk: Neuronet1.0 umfasst mehr als 30.000 Verbindungen zwischen 5.000 Proteinen, die alle mit Neurodegeneration in Verbindung stehen könnten. Darunter eine Vielzahl von Proteinen, die bislang nicht mit dieser Gruppe an Erkrankungen in Zusammenhang gebracht wurden. „Das Interaktionsnetzwerk liefert uns damit wichtige Hinweise auf viele weitere mögliche Verdächtige“, sagt Hänig.

    Ergebnisse aus Stichprobenuntersuchungen bei Fruchtfliegen und an Gewebeproben aus dem Gehirn von Alzheimerpatient*innen bestätigen die Hinweise aus Neuronet1.0. „Auch hier interagieren bekannte neurodegenerative Proteine – wie mit Hilfe unseres Netzwerks vorhergesagt – mit Proteinen, deren Rolle bislang unklar war“, sagt Wanker. „Wir hoffen, dass viele Forschungsgruppen unsere Daten aufgreifen werden, um die molekularen Mechanismen neurodegenerativer Erkrankungen weiter aufzuklären und Ansatzpunkte für wirksame Therapien finden zu können.“


    Contact for scientific information:

    Professor Erich Wanker
    Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC)
    ewanker@mdc-berlin.de
    https://www.mdc-berlin.de/de/wanker


    Original publication:

    Christian Hänig et al. (2020): “Interactome Mapping Provides a Network of Neurodegenerative Disease Proteins and Uncovers Widespread Protein Aggregation in Affected Brains”, Cell Reports, DOI: j.celrep.2020.108050


    More information:

    https://www.mdc-berlin.de/de/news/news/verdaechtige-unbekannte (auf MDC-Website lesen)
    https://www.mdc-berlin.de/de/news/press/ausbruch-und-verlauf-der-huntington-kran... (Ausbruch der Huntington Krankheit vorhersagen)
    https://www.mdc-berlin.de/de/news/news/zwei-experimente-auf-einen-streich (2 Experimente auf einen Streich)


    Images

    Das experimentell ermittelte Protein-Protein-Interaktionsnetzwerk NeuroNet1.0 (Bilderklärung im Anhang)
    Das experimentell ermittelte Protein-Protein-Interaktionsnetzwerk NeuroNet1.0 (Bilderklärung im Anha ...

    Christian Hänig, AG Wanker, MDC


    Attachment
    attachment icon Bildbeschreibung/Legende

    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Biology
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Das experimentell ermittelte Protein-Protein-Interaktionsnetzwerk NeuroNet1.0 (Bilderklärung im Anhang)


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).