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02/06/2004 13:15

Zwei Frauen und ein Mann

Peter Pietschmann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Ulm

    Zwei Frauen und ein Mann
    Frauenförderpreis 2004 der Universität Ulm

    Den mit 5.000 Euro dotierten Frauenförderpreis 2004 der Universität Ulm erhalten am Dies academicus 2004 der Universität (6.2.) Dr. Monica Hagedorn für ihre Dissertation über den Kalziumtransport bei der kalzifizierenden Armierung des Epithels der Kellerassel ("Epithelial Calcium Transport in the sternal Epithelium of the terrestrial Isopod Porcellio scaber"), Dipl.-Biol. Bettina Berg, die genetische Untersuchungen an dem Bakterium Acinetobacter ("Untersuchungen zur Interaktion des Transkriptionsregulators PcaU aus Acinetobacter sp. Stamm ADP1 mit seinen Bindestellen auf der DNA") durchgeführt hat, sowie Prof. Dr. Harald Traue in Würdigung seines außergewöhnlichen Einsatzes zur Förderung von Frauen in Wissenschaft und Forschung.

    Daß der Ulmer Frauenförderpreis auch einem Mann zuerkannt werden kann, ist satzungsbegründet und auch schon bei früherer Gelegenheit verleihungswirksam geworden. Prämiiert werden in einem solchen Fall zum Beispiel arbeitsorganisatorische Arrangements und strukturelle Hilfestellungen, die es Wissenschaftlerinnen ermöglichen, insbesondere nach einer Babypause ihre Tätigkeit in der Universität wieder aufzunehmen. So hat Prof. Traue auf unterschiedliche Weise unterstützende Bedingungen gewährleistet, Wiedereingliederungsstipendien beschafft, oder in anderen Fällen die Arbeitsorganisation für die in ihrer beruflichen Tätigkeit zu fördernden Mütter flexibilisiert, durchaus auch in dem Sinn, daß die Kinder an den Arbeitsplatz mitgebracht werden können und noch im Zimmer des Chefs Spielzeug vorfinden, das ihnen hilft, sich die Zeit zu vertreiben. Traues tätiges Engagement ist ein Erfolgsmodell nicht zuletzt in dem wichtigen Sinn, daß die stipendiengestützten Wiedereingliedengsfiguren zum Angebot neuer Stellen und damit zur beruflichen Reintegration der Geförderten geführt haben.

    Epithelialer Kalziumtransport (Dr. Monica Hagedorn)

    Die zu den Krebstieren (Crustacea) gehörende Kellerassel (Porcellio scaber) hat, wie die meisten Krebstiere, ein starres Exoskelett (Kutikula), das durch die Einlagerung von Mineralien, vor allem Kalziumkarbonat, gehärtet ist. Um wachsen zu können, muß sich das Tier in regelmäßigen Abständen häuten und nach jeder Häutung die neue Kutikula schnell kalzifizieren, um deren schützende Funktion wiederherzustellen. Marine Krebstiere können Kalzium aus dem Wasser, wo es in großen Mengen vorhanden ist, über die Kiemen aufnehmen. Terrestrische Tiere dagegen, zu denen auch die Kellerassel gehört, sind auf die geringen Mengen an Kalzium angewiesen, die sie aus der Nahrung über das Darmepithel gewinnen. Deshalb bilden terrestrische (und im Süßwasser lebende) Krebstiere vor der Häutung Kalziumreservoire aus, die es ihnen ermöglichen, Kalzium während der Häutung zu speichern und für das neue Exoskelett zu aktivieren.

    Die Kellerassel legt sternale (am Brustbein liegende) Kalkdepots an, die über einen Zeitraum von 10 bis 14 Tagen vor der Häutung gebildet werden. Der Aufbau und die Resorption dieser Kalkreservoire ist eng mit dem einzigartigen, in zwei Phasen verlaufenden (biphasischen) Häutungszyklus der Asseln (Isopoden) verknüpft. Isopoden häuten zuerst die hintere (posteriore) und dann die vordere (anteriore) Körperhälfte. Wenn das Kalkdepot voll ausgebildet ist, kommt es zur posterioren Häutung. In der Zwischenhäutungsphase, das heißt zwischen der posterioren und anterioren Häutung, werden die Kalkablagerungen innerhalb von etwa 24 Stunden über das anteriore sternale Epithel (ASE) resorbiert und für die Härtung der neuen posterioren Kutikula genutzt. Während dieser Vorgänge ist das ASE für den Ionentransport besonders spezialisiert. Diese Spezialisierung, die hohen Kalziumtransportraten und die bidirektionalen Kalziumtransportwege machen das sternale Epithel zu einem sehr geeigneten Modell für die Untersuchung von epithelialem Kalziumtransport (ECT). Als ECT wird der Transport von Kalzium durch eine Zellschicht bezeichnet, die zwei Kompartimente in einem Organismus voneinander trennt. Obwohl dem ECT eine fundamentale Bedeutung bei einer Vielzahl von biologischen Vorgängen zukommt, wie zum Beispiel bei der Resorption von Kalzium über das Darmepithel, bei der Mineralisierung von Zähnen oder der Ausbildung von Muschelschalen, ist sein genauer Mechanismus nicht bekannt.

    Dr. Monica Hagedorn, Zentrale Betriebseinheit Elektronenmikroskopie der Universität Ulm, hat jetzt mittels elektronenmikroskopischer sowie molekularer Untersuchungen einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung der Zusammenhänge geleistet. Insbesondere ist es ihr gelungen, die Rolle des sogenannten endoplasmatischen Retikulums (ER) beim transzellulären Kalziumtransport, der Kalzium durch die Epithelzellen hindurchbefördert, näher zu beleuchten. Als endoplasmatisches Retikulum wird ein innerzelluläres System flacher, von Elementarmembranen begrenzter Hohlräume bezeichnet, die unter anderem dem Stofftransport in der Zelle dienen und auch aktiv am Kalziumtransport durch die Zelle beteiligt sowie für die Speicherung von Kalzium zuständig sind.

    Dabei spielt ein Protein mit dem Namen "smooth endoplasmic reticulum Ca-ATPase", kurz SERCA, eine Schlüsselrolle derart, daß es das Kalzium in das endoplasmatische Retikulum pumpt. Hagedorn konnte nicht nur diese Funktion des Proteins im Zusammenspiel mit den Zellelementen belegen, sondern durch quantitative Messungen zudem zeigen, daß die Aktivität des Proteins in kalziumtransportierenden Häutungsstadien signifikant zunimmt. Mit dieser Aktivitätssteigerung korrespondiert Dr. Hagedorns Beobachtung einer gesteigerten Expression des Proteins SERCA. Die daraus resultierende schnellere Aufnahme von Kalzium durch das endoplasmatische Retikulum sowie eine erhöhte Aufnahmekapaziät unterstützen die Funktion des ER beim Kalzium-Transit. Insgesamt sprechen die Ergebnisse dafür, daß dem endoplasmatischen Retikulum eine wichtige Rolle beim transzellulären Kalziumtransport zufällt. Dies konnte hier erstmalig an dem mineralisierenden Epithel eines Invertebraten (Wirbellosen) gezeigt werden.

    Acinetobacter ADP1 und seinTranskriptionsregulator PcaU (Dipl.-Biol. Bettina Jerg)

    Das im Wasser und im Boden lebende Bakterium Acinetobacter sp. Stamm ADP1 hat in den letzten Jahren besonderes Interesse auf sich gezogen. Es ist nämlich in der Lage, aromatische Verbindungen abzubauen. Ein Beispiel für aromatische Verbindungen ist Lignin, ein harzartiger, holzbildender Stoff. Lignin hat einen Anteil von 25 % an der Landbiomasse. Es tritt hauptsächlich in Pflanzen auf. Von Pilzen wird es in seine Bestandteile zerlegt. Die verbleibenden Monomere können dann von Acinetobacter metabolisiert (verstoffwechselt) werden.

    Die Gene, die für die zur Metabolisierung dieser Aromaten notwendigen Enzyme kodieren, sind auf dem Chromosom in zusammenhängender Form angeordnet. Ein Regulatorprotein aktiviert oder unterdrückt die Enzymbildung, und zwar in Abhängigkeit davon, welche Menge an Protocatechuat vorliegt. Protocatechuat, eine ringförmige Kohlenstoffverbindung, entsteht durch verschiedene Reaktionen aus den im Medium vorhandenen aromatischen Verdindungen und wird dann enzymatisch weiter verstoffwechselt. Die Anwesenheit von Protocatechuat führt mit Unterstützung durch das Regulatorprotein PcaU zur Ablesung der DNA, so daß die Enzyme gebildet werden können, die für den Abbau von Protocatechuat erforderlich sind.

    In ihrer Diplomarbeit ist Bettina Jerg der Frage nachgegangen, wie sich Veränderungen in der DNA-Bindestelle auf die Protein-DNA-Interaktion auswirken und welche Folgen sich daraus für die Expression der Enzyme ergeben. Zur Beantwortung dieser Frage wurden verschiedenste Mutationen in die PcaU-Bindestelle eingefügt. Um den Effekt der veränderten Bindestelle auf die Enzymbildung zu bestimmen, fügte Jerg ein Gen hinzu, das für einen Farbstoff kodiert. Die Konzentration des Farbstoffs, dessen Expression qualitativ und quantiativ detektiert werden kann, korreliert direkt mit der gebildeten Enzymmenge.

    Dipl.-Biol. Jerg gelang es auf diese Weise, Stämme des Bakteriums auszulesen, die über eine aktive Bindestelle verfügen und die trotz Mutationen in der Bindestelle in der Lage waren, die Enzyme für den Abbau von Protocatechuat zu bilden. Auch konnte so die DNA-Sequenz der Bindestelle dieser Bakterienstämme ermittelt werden. Im Ergebnis der Arbeit zeigte sich, daß bestimmte Bereiche der PcaU-Bindestelle besonders wichtig für eine spezifische Protein-DNA-Interaktion sind. Die gewonnenen Erkenntnisse schaffen eine gute Ausgangslage für weitergehende regulatorische Studien, deren Ziel es sein wird, Aussagen über die spezifische Protein-Interaktion zu machen. Wie genau muß die vorgefundene Sequenz tatsächlich beschaffen sein, um eine Proteinbindung zu ermöglichen, und wie wirken sich Sequenzänderungen der Bindestelle auf die Überlebensfähigkeit des Mikroorganismus aus - die Beantwortung dieser und damit im Zusammenhang stehender Fragen stellen dem Bakterium Acinetobacter ADP1 Einsatzmöglichkeiten als biologischer Sensor wie auch als Verbündeter des Umweltschutzes in Aussicht.


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    Criteria of this press release:
    Biology, Information technology
    regional
    Research results
    German


     

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