Wird der Kurs der Amazon-Aktie eher von einem Wahlsieg von Joe Biden profitieren,
oder von einem Sieg von Donald Trump? Oder allgemeiner: Bei welchen Aktien ist – je nach Wahlergebnis – davon auszugehen, dass sie positiv oder negativ auf dieses Ergebnis reagieren?
Mit diesen Fragen haben sich Forscher an der Universität Liechtenstein und der Freien Universität Bozen auseinandergesetzt. Dazu angeregt wurden sie von Finanzprodukten, die im Vorfeld der USPräsidentschaftswahl 2016 angeboten wurden: «Wahlportfolios», also Bündel von Aktien, die – so das Versprechen der Anbieter – besonders positiv auf den Wahlerfolg eines bestimmten Kandidaten reagieren sollten. Doch wie findet man solche Aktien? Bisher wurden als Auswahlkriterien dafür z.B. Erfahrungswerte aus vergangenen Wahlen verwendet, oder Daten über Spenden von Unternehmen an politische Parteien. Manchmal wurde berücksichtigt, welche Unternehmen von zentralen Wahlversprechen der Kandidaten am meisten profitieren könnten.
Da diese Ansätze alle eher subjektiv und schwer automatisierbar sind, entwickelten die Forscher einen neuen Zugang, der objektiv und ausschliesslich auf Basis öffentlich verfügbarer Daten funktioniert. Bei zwei vergangenen Ereignissen hat dieses Modell bereits sehr gut funktioniert: Bei den US-Präsidentenwahlen 2016 sowie dem Brexit-Referendum im gleichen Jahr. Die Grundidee ist recht einfach: Wenn die Marktteilnehmer korrekt antizipieren, welche Aktien je nach Wahlausgang um wieviel steigen oder fallen, dann sind diese Erwartungen bereits Wochen und
Monate vor der Wahl in den Aktienkursen enthalten. Wenn sich die Wahrscheinlichkeiten für den Wahlausgang verändern, dann sollte sich auch jener Bestandteil der Aktienkurse ändern, der auf diese Erwartungen zurückzuführen ist. Diese Wahrscheinlichkeiten sind z.B. aus Daten von Wettmärkten oder von Wahlbörsen gewinnbar. Kombiniert man sie mit den Aktienkursen, so können die entsprechenden Erwartungen der Marktteilnehmer herausdestilliert werden.
Die Performance von Aktienportfolios, die auf dieser Grundlage zusammengestellt werden, kann in den Wochen und Monaten vor der Wahl getestet werden, um herauszufinden, ob bzw. wie gut das Modell Ansatz funktioniert. Für die kommende US-Präsidentschaftswahl haben die Forscher eine Webseite eingerichtet, die die entsprechenden Berechnungen auf Basis täglich aktualisierter Aktienkurse und Wahrscheinlichkeiten durchführt. Die Backtests zeigen, dass die Methode in den
letzten Monaten ausgezeichnet funktioniert hat. Das macht zuversichtlich, dass Wahlportfolios, die auf dieser Grundlage zusammengestellt werden, auch bei der anstehenden USPräsidentenwahl wieder eine positive Performance rund um den Wahltag zeigen sollten. Ob dem tatsächlich so ist, wird sich in wenigen Tagen zeigen. Übrigens: Amazon wird vom Modell klar als «Biden-Aktie» identifiziert.
Quelle: Hanke, M., S. Stöckl und A. Weissensteiner: «Political Event Portfolios», Journal of Banking and Finance, Vol. 118, Sept. 2020, 1-18, https://doi.org/10.1016/j.jbankfin.2020.105883
Webseite: https://apps.resqfin.com/ep/
Prof.Dr. Michael Hanke, Universität Liechtenstein
Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars
Economics / business administration, Information technology
transregional, national
Scientific Publications
German
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