Ein Team am MPIDR untersuchte die Migration von Forschenden innerhalb Mexikos anhand von Millionen von Datensätzen wissenschaftlicher Publikationen. Ihr Modell kann auch zur Mobilitätsanalyse von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen in anderen Ländern genutzt werden.
„Über die internationale Migration von Forschenden wissen wir recht viel. Allerdings wurde bisher wenig unternommen, um die Mobilität von Forschenden innerhalb eines Landes nachzuvollziehen“, sagt Emilio Zagheni. Um diese Forschungslücke zu schließen, bildete der Direktor am Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock ein Team, das die Migration von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Mexiko analysiert. Ihre Studie wurde nun im Fachjournal EPJ Data Science veröffentlicht.
„Der Umfang und der Einfluss des Wissenschaftssektors in Mexiko ist vielleicht nicht so bekannt wie der anderer Länder, aber er ist groß und produktiv“, sagt Andrea Miranda-González. Die Doktorandin in Demografie an der UC Berkeley verbrachte den Sommer 2019 am MPIDR, um am Projekt teilzunehmen. Laut Angaben der bibliografischen Datenbank Scopus gab es in den 2010er-Jahren in Mexiko mehr als 200.000 Forschende, die insgesamt über 217.000 Publikationen verfasst haben. Das ist vergleichbar mit der Wissenschaftlerzahl in der Schweiz und der Zahl der Publikationen in Singapur. Die wissenschaftlichen Publikationen aus Mexiko wurden durchschnittlich 9,4 Mal pro Publikation zitiert, das entspricht in etwa dem Wert von Ländern wie China, Brasilien und Polen.
Um nun besser zu verstehen, wie die Migration von Forschenden innerhalb Mexikos aussieht, kombinierte das MPIDR-Team Methoden der Demografie und Netzwerkanalyse. Es stellte fest, dass die Migrationsmuster in den vergangenen zehn Jahren regional sehr unterschiedlich zu sein scheinen, was den Zielort des Umzugs und die Anzahl der mobilen Forschenden betrifft. Viele Forschende bleiben in ihren Heimatregionen. Trotzdem scheint es eine Vorliebe für die Hauptstadt Mexiko-Stadt und die umliegenden Bundesstaaten als Migrationsziel zu geben.
Bibliometrische Daten zu bereinigen und zu verfeinern ist herausfordernd
Für die Analyse verwendete das MPIDR-Team Millionen bibliometrischer Datensätze aus der Scopus-Datenbank für den Zeitraum zwischen 1996 und 2018. Es zeichnete damit die Mobilität von über 252.000 Forschenden in Mexiko nach. „Bibliometrische Daten sind vor allem das, was man auf der ersten Seite einer wissenschaftlichen Publikation findet, also etwa Titel, Autorennamen und Adressen des wissenschaftlichen Arbeitgebers“, sagt Software-Entwickler Tom Theile. „Als Beleg der Mobilität, verfolgen wir, ob und wie sich die Arbeitgeberadressen über den Zeitverlauf verändern. So vielen Publikationen die richtigen Autoren zuzuordnen ist dabei die größte Herausforderung.“ Denn einige Autoren und Autorinnen haben denselben Namen, und viele Publikationen können unter diesem Namen verfasst worden sein. Das bedeutet also, dass es sehr viele Möglichkeiten gibt, wer eine bestimmte Studie geschrieben hat.
„Solche großen Datensätze sind also nicht völlig eindeutig. Mit unserem Zuordnungs-Algorithmus kommen wir dem Ideal aber viel näher“, sagt Tom Theile.
In einem zweiten Schritt entwickelte das MPIDR-Team eine neue Methode, um diese aufbereiteten bibliometrischen Datensätze für die Migrationsanalyse zu nutzen. „Mit Hilfe unseres Algorithmus haben wir eine geeignete Datenaggregation auf regionaler Ebene erstellt, um die Daten mit neuronalen Netzen zu analysieren“, sagt Samin Aref, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am MPIDR. Mit Hilfe der Netzwerkanalyse stellte das MPIDR-Team fest, dass das Migrationsnetzwerk der Forschenden in Mexiko im Laufe der Zeit dichter und vielfältiger geworden ist und eine dynamische Struktur zwischen Zentrum und Peripherie aufweist. Um zu zeigen, dass die Mobilität der Forschenden in Mexiko in den vergangenen 20 Jahren abgenommen hat, verwendete das MPIDR-Team auch klassische demografische Migrationsmessungen.
„Die Methoden und Daten, die wir kombiniert haben, eröffnen neue Möglichkeiten Forschendenmigration innerhalb eines Landes nachzuvollziehen“, sagt Emilio Zagheni.
Über das MPIDR
Das Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock untersucht die Struktur und Dynamik von Populationen. Die Wissenschaftler*innen des Instituts erforschen politikrelevante Themen wie den demografischen Wandel, Altern, Geburtendynamik und die Verteilung der Arbeitszeit über die Lebensspanne, genauso wie den digitalen Wandel und die Nutzbarmachung neuer Datenquellen für die Erforschung von Migrationsströmen. Das MPIDR ist eine der größten demografischen Forschungseinrichtungen in Europa und zählt international zu den Spitzeninstituten in dieser Disziplin. Es gehört der Max-Planck-Gesellschaft an, der weltweit renommierten deutschen Forschungsgemeinschaft.
http://www.demogr.mpg.de
Kontakt
Silvia Leek – MPIDR Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
TELEFON +49 381 2081 – 143
E-MAIL presse@demogr.mpg.de
Samin Aref – Wissenschaftlicher Mitarbeiter
TELEFON +49 381 2081-297
E-MAIL aref@demogr.mpg.de
Tom Theile – Software Porgrammer
TELEFON +49 381 2081-151
E-MAIL theile@demogr.mpg.de
Emilio Zagheni – Direktor; Leiter des Arbeitsbereichs Digitale und Computergestützte Demografie
TELEFON +49 381 2081-104
E-MAIL zagheni@demogr.mpg.de
Miranda-González, A., Aref, S., Theile, T., Zagheni, E.: Scholarly migration within Mexico: analyzing internal migration among researchers using Scopus longitudinal bibliometric data. EPJ Data Science. (2020) https://epjdatascience.springeropen.com/articles/10.1140/epjds/s13688-020-00252-...
https://www.demogr.mpg.de/de/news_events_6123/news_pressemitteilungen_4630/press...
Criteria of this press release:
Journalists, all interested persons
Social studies
transregional, national
Scientific Publications
German
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