Erstmalig wurde gezeigt, dass verschachtelte Zwilling-in-Zwilling-Strukturen von der atomaren bis zur makroskopischen Längenskala mit einem einzigen Parameter beschrieben werden können. Damit wird es möglich, Legierungen in der Zukunft noch gezielter zu beeinflussen, um deren funktionelle Eigenschaften weiter zu verbessern.
Zwillinge gleichen einander und werden in Werkstoffen meist durch eine Spiegelung an einer Zwillingsgrenze beschrieben. Kristalline Zwillinge treten in vielen neuartigen Funktionswerkstoffen auf. Dass zum Beispiel thermomagnetische Bauelemente Abwärme in Elektrizität umwandeln oder magnetokalorische Bauelemente Systeme kühlen können, geht in vielen Werkstoffen auf die Bildung von Kristallzwillingen zurück. Auch für das Härten martensitischer Stähle sowie für den Formgedächtniseffekt ist die Zwillingsbildung entscheidend. Das zugrundeliegende Prinzip der Verzwilligung ist daher auch gut erforscht und gehört zum Grundwissen der Werkstoffkunde. Doch je genauer man hinsieht, desto mehr Fragen stellen sich. So bilden sich die Zwillinge im Material nicht zufällig und homogen, sondern formen eine ineinander verschachtelte Struktur: winzige Zwillinge im atomaren Maßstab bilden Bereiche, die einen übergeordneten Zwilling formen, der wiederum Teil eines noch größeren Zwillings ist. Diese hierarchische „Zwilling-in-Zwilling-Struktur“ enthält Zwillingsgrenzen auf allen Längenskalen: vom atomaren- bis in den makroskopischen Bereich.
Obwohl Zwillingsbildung auf jeder einzelnen Längenskala beobachtet wurde, gab es bisher noch keinen umfassenden Ansatz, warum und wie die Zwillinge ineinander geschachtelt sind. Wissenschaftler des IFW Dresden haben sich zusammen mit Kollegen in Prag der Aufgabe gestellt, das Rätsel der hierarchischen Zwillinge zu lösen. In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Advanced Functional Materials“ berichten sie, wie die Entstehung von hierarchischen Zwillingsstrukturen über alle Längenskalen hinweg erklärt werden kann. „Es war wie ein Puzzle“ erzählt einer der Koautoren. „Man spielt erst mit atomaren Bauklötzen und stellt dann fest, dass man aus diesen einen größeren Baustein zusammensetzen kann. Dann haben wir weiter gepuzzelt und es ließ sich auch der nächstgrößere Baustein aus den Kleineren zusammensetzen. Das Ganze haben wir dann wiederholt, bis nach fünf Schritten alles zusammengepasst hat.“Hat man das Bauprinzip erst einmal verstanden, so sieht man auf Mikroskopieaufnahmen nicht mehr nur viele kreuz und quer verlaufende Linien, sondern kann diesen Linien unterschiedliche Zwillingsgrenzen zuordnen. „Durch das ineinander geschachtelte Puzzle erhält man Bilder, die sehr an den holländischen Künstler Mondrian erinnern. Um diese zu malen, braucht die Natur nur einen einzigen Parameter, die Gitterkonstante der atomaren Bauklötze. Der Rest ergibt sich durch die wiederholte Verzwilligung von selbst.“Für die Wissenschaft sind jedoch nicht die schönen Bilder der exemplarisch untersuchten Ni-Mn-Ga Legierung wichtig, sondern dass man das erste Mal das Gefüge der anfangs beschriebenen Funktionswerkstoffe von der atomaren bis zur makroskopischen Längenskala mit einem einzigen Parameter beschreiben kann. Damit wird es möglich, diese Werkstoffe in der Zukunft noch gezielter zu beeinflussen, um deren funktionelle Eigenschaften weiter zu verbessern.
Dr. Sebastian Fähler
E-mail: s.faehler(at)ifw-dresden.de
Tel +49 (0) 351 4659 588
S. Schwabe, R. Niemann, A. Backen, D. Wolf, C. Damm, T. Walter, H. Seiner, O. Heczko, K. Nielsch, S. Fähler, Building Hierarchical Martensite, Adv. Funct. Mater. 2020, 202005715; https://doi.org/10.1002/adfm.202005715
URL: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/adfm.202005715
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/adfm.202005715
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen (3000- bis 10000-fache Vergrößerung) der Oberfläche martens ...
S. Kauffmann-Weiß, IFW Dresden
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Electrical engineering, Materials sciences, Mechanical engineering, Physics / astronomy
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen (3000- bis 10000-fache Vergrößerung) der Oberfläche martens ...
S. Kauffmann-Weiß, IFW Dresden
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).