Alle Jahre wieder: Das Weihnachtsfest nähert sich mit schnellen Schritten. Aber auch die besinnliche Adventszeit kann arbeitsrechtliches Konfliktpotenzial bergen. Darf es überhaupt eine Weihnachtsfeier geben? Und müssen Arbeitnehmer an einer Online-Weihnachtsfeier teilnehmen? Gibt es einen Anspruch auf Weihnachtsgeld? Prof. Dr. Michael Fuhlrott, Arbeitsrechtler und Professor an der Hochschule Fresenius, erklärt im Interview, was arbeitsrechtlich zu beachten ist.
Weihnachtsfeiern in Zeiten von Corona – ist das überhaupt erlaubt?
Der Arbeitsschutzstandard mit seinen Abstandsregelungen und Hygienevorgaben gilt für alle betrieblichen Veranstaltungen. Eine „klassische Weihnachtsfeier“ mit einem gemeinsamen Essen, womöglich noch in Buffetform, Weihnachtsliedern und geselligem Beisammensein an der Bar ist danach nicht möglich. Zudem sind Zusammenkünfte von Personen auf das absolut notwendige betriebliche Mindestmaß zu beschränken. Eine Weihnachtsfeier, selbst wenn sie „nur“ im Kreis der Abteilung stattfindet, dürfte darunter nicht fallen.
Viele Unternehmen stellen dieses Jahr auf virtuelle Weihnachtsfeiern oder digitale Team-Events um – müssen Arbeitnehmer hieran teilnehmen?
Arbeitnehmer können nicht verpflichtet werden, an einer betrieblichen Weihnachtsfeier teilzunehmen. Diese ist regelmäßig Freizeit und keine Arbeitszeit. Gleich ob online oder real: Eine Teilnahmepflicht besteht damit nicht. Findet die Weihnachtsfeier während der Arbeitszeit statt und will der Arbeitnehmer hieran nicht teilnehmen, muss er aber seiner Arbeit nachgehen oder sich frei nehmen. Welche atmosphärischen Auswirkungen ein ausdrückliches Fernbleiben zur Folge hat oder welches Signal der Arbeitnehmer damit im Betrieb oder bei Vorgesetzten setzt, ist natürlich ebenfalls ein Aspekt, den man berücksichtigen sollte.
Insbesondere in Zeiten von Corona wird sich für einige Betriebe ein Öffnen zwischen Weihnachten und Neujahr nicht lohnen. Darf der Arbeitgeber dafür Betriebsferien verordnen und den Betrieb schließen?
Auch wenn Arbeitnehmer den Urlaub lieber für das nächste Jahr oder die warme Jahreszeit aufsparen möchten, dürfen Arbeitgeber Betriebsferien anordnen und die Arbeitnehmer dazu verpflichten, hierzu Urlaubstage einzusetzen. Allerdings müssen die Arbeitnehmer hierauf entsprechend rechtzeitig im Jahr hingewiesen werden, so dass sie noch Urlaubstage dafür „einplanen“ können. Kurzfristige Schließungen mit der Pflicht zur Kompensation durch Urlaubsansprüche sind daher nicht möglich.
Wie sieht es mit dem Weihnachtsgeld aus? Habe ich darauf einen Anspruch?
Nach dem Gesetz gibt es keinen Anspruch auf Weihnachtsgeld. Rechtlich stellt das Weihnachtsgeld eine Sonderzuwendung des Arbeitgebers dar. Diese kann der Arbeitnehmer nur verlangen, wenn der Arbeitsvertrag dies ausdrücklich vorsieht oder – das ist fast noch häufiger – ein anwendbarer Tarifvertrag die Zahlung vorgibt. Ausnahmsweise kann sich ein Anspruch aus den Grundsätzen der sogenannten betrieblichen Übung ergeben. Wenn Arbeitgeber vorbehaltlos in dreimaliger Folge eine Leistung gewähren, entsteht hierauf ein arbeitnehmerseitiger Rechtsanspruch. Zahlen sie also freiwillig in den Jahren 2017, 2019 und 2019 ein Weihnachtsgeld, müssen sie dies auch 2020 wieder leisten.
Das Weihnachtsgeld als steuerfreien Corona-Bonus zahlen – was ist davon zu halten?
Unternehmen dürfen ihren Mitarbeitern bis zum 31.12.2020 eine steuerfreie Zahlung in Höhe von bis zu EUR 1.500,- zukommen lassen (sog. Corona-Prämie). Auf diese Zahlung fallen weder für Arbeitgeber, noch für Arbeitnehmer Sozialabgaben an, so dass die Summe ein Netto-Betrag ist. Allerdings muss der Betrag „zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn“ erbracht werden. Besteht ein Anspruch der Arbeitnehmer auf ein Weihnachtsgeld, darf dieses damit nicht als „verkappte“ Corona-Prämie gezahlt werden, da der Arbeitgeber so verpflichtend zu entrichtende Sozialabgaben nicht ordnungsgemäß abführen würde.
Die Weihnachtszeit ist auch die Zeit des Schenkens und Beschenkt-Werdens. Ist es bedenklich, wertvolle Geschenke von Kunden anzunehmen?
Ja, auf jeden Fall! Vorsicht bei der Annahme von Geschenken! Selbst wenn nur der Verdacht einer Beeinflussung der Arbeitstätigkeit dadurch aufkommt, wie zum Beispiel der Bevorzugung von Lieferanten bei der Vergabe von Aufträgen, dann droht hier nicht nur eine Kündigung, sondern ein solches Verhalten kann auch strafrechtliche Folgen haben. Arbeitnehmer sollten sich daher vergewissern, bis zu welcher Höhe Geschenke entgegengenommen werden dürfen. Im Zweifel sollten Vorgesetzte über ein erhaltenes oder auch nur angebotenes Geschenk informiert werden.
Der Interviewpartner Prof. Dr. Michael Fuhlrott ist Professor für Arbeitsrecht an der Hochschule Fresenius in Hamburg sowie Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei FHM Rechtsanwälte.
Über die Hochschule Fresenius
Die Hochschule Fresenius mit ihren Standorten in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Idstein, Köln, München und Wiesbaden sowie dem Studienzentrum in New York gehört mit über 17.000 Studierenden zu den größten und renommiertesten privaten Hochschulen in Deutschland. Sie blickt auf eine mehr als 170-jährige Tradition zurück. 1848 gründete Carl Remigius Fresenius in Wiesbaden das „Chemische Laboratorium Fresenius“, das sich von Beginn an sowohl der Laborpraxis als auch der Ausbildung widmete. Seit 1971 ist die Hochschule staatlich anerkannt. Sie verfügt über ein sehr breites, vielfältiges Fächerangebot und bietet in den Fachbereichen Chemie & Biologie, Design, Gesundheit & Soziales, onlineplus sowie Wirtschaft & Medien Bachelor- und Masterprogramme in Vollzeit sowie berufsbegleitende und ausbildungsbegleitende (duale) Studiengänge an. Die Hochschule Fresenius ist vom Wissenschaftsrat institutionell akkreditiert. Bei der Erstakkreditierung 2010 wurden insbesondere ihr „breites und innovatives Angebot an Bachelor- und Master-Studiengängen“, „ihre Internationalität“ sowie ihr „überzeugend gestalteter Praxisbezug“ vom Wissenschaftsrat gewürdigt.
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