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12/01/2020 11:00

Prednison effektiv in der Reduktion von Cluster-Kopfschmerzattacken

Dr. Bettina Albers Pressestelle der DGN
Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.

    Eine aktuell in „Lancet Neurology“ publizierte Studie [1] zeigt, dass die Therapie mit Prednison die Zahl der Kopfschmerzattacken bei Patientinnen und Patienten mit episodischem Clusterkopfschmerz signifikant reduzieren kann. Bei einem Drittel der Patienten beendete die Therapie die Kopfschmerzanfälle sogar ganz und bei der Hälfte der Studienteilnehmer konnte zumindest die Halbierung der Attackenzahl erreicht werden, ohne dass es zu mehr Nebenwirkungen als in der Placebogruppe kam. Einziger Wermutstropfen: Die Studie musste aufgrund der schleppenden Rekrutierung vorzeitig beendet werden.

    Der Clusterkopfschmerz ist der häufigste Typ der trigeminoautonomen Kopfschmerzen. Ca. 75% der Betroffenen sind Männer. Die Schmerzen treten anfallsartig mit hoher Intensität im Bereich des Trigeminusnervs im Gesicht auf und beschränken sich auf eine Seite des Gesichtes. Als Begleitsymptome sind Lakrimation, Ptosis, Rhinorrhoe bzw. z.T. auch nasale Kongestion bekannt. Jede Attacke kann zwischen 15 und 180 Minuten andauern, innerhalb einer Clusterepisode kann es zu bis zu acht Attacken pro Tag kommen. Clusterkopfschmerzepisoden bestehen oft über mehrere Wochen oder Monate, dann folgt ein schmerzfreies Intervall, das ein Vierteljahr bis mehrere Jahre andauern kann.

    Es liegt auf der Hand, dass Clusterkopfschmerzen durch die hohe Intensität der Schmerzen die Lebensqualität der Betroffenen massiv beeinträchtigen. Als Akutmedikamente zur Attackenkupierung haben sich die Inhalation von reinem Sauerstoff sowie Triptane etabliert. Zur Prophylaxe von Cluster-Kopfschmerz-Attacken empfehlen die Leitlinien den Einsatz von Verapamil. Auch Lithium kann zur Anwendung kommen, allerdings gibt es dazu keine randomisierten Daten. Kortikoide werden häufig als „Kurz-Zeit-Prophylaxe“ eingesetzt, um die Zeit bis zum Wirkeintritt der Prophylaxe wie Verapamil zu überbrücken, obwohl die Datenlage auch hier unzureichend ist.

    „Wir sehen in der Praxis aber durchaus Therapieerfolge durch Kortikoide“, erklärt Prof. Dr. med. Mark Obermann, Direktor des Zentrums für Neurologie, Asklepios Kliniken Seesen. „Der Pathomechanismus des Clusterkopfschmerzes ist noch nicht abschließend geklärt. Wir haben es uns daher zur Aufgabe gemacht, die Datenlage zu verbessern und eine randomisierte, doppelverblindete, placebokontrollierte Studie durchgeführt.“

    Insgesamt wurden 116 Patientinnen und Patienten randomisiert, 57 Patienten erhielten Prednison (100 mg oral in den ersten fünf Tagen, dann wurde die Dosis um 20 mg alle drei Tage reduziert), 59 Patienten erhielten entsprechend ein Placebo. Die Randomisierung erfolgte computergestützt, stratifiziert wurde nach Alter, Geschlecht und Studienzentrum; die Patientencharakteristika waren in beiden Studienarmen sehr ähnlich. Alle Patienten – sowohl in der Placebo- wie in der Verumgruppe – erhielten zur Basisprophylaxe Verapamil (beginnend mit 3x tägl. 40 mg, die Dosis wurde bis auf 120 mg 3x tägl. hochtitriert und blieb dann über den restlichen Studienverlauf stabil). Die Studie lief insgesamt über 28 Tage, primärer Endpunkt war der Vergleich der mittleren Anzahl der Kopfschmerzattacken in der ersten Behandlungswoche.

    Im Ergebnis zeigte sich, dass Prednison überlegen war. Die Studienteilnehmer, die in die Verumgruppe randomisiert worden waren, erlitten im Durchschnitt 7,1 Kopfschmerzattacken in der ersten Behandlungswoche, die Patienten in der Placebogruppe 9,5. Der Unterschied betrug -2,4 Attacken und war damit signifikant (p=0,002). Bei einem Drittel der Studienteilnehmer, die Prednison erhalten hatten, endeten die Kopfschmerzanfälle nach einer Woche sogar vollständig, die Hälfte der Patientinnen und Patienten berichtete über eine Halbierung der Kopfschmerzattacken, während sich bei nur etwa 15% der Placebogruppe ein solcher Therapieerfolg einstellte. Die Patienten der Verumgruppe hatten außerdem auch weniger „Kopfschmerztage“, es reduzierte sich also nicht nur die Anzahl der Einzelattacken, sondern die Betroffenen profitierten auch von mehr kopfschmerzfreien Tagen. Der Therapieeffekt hielt etwa vier Wochen an, dann gab es kaum noch einen Unterschied zwischen den Gruppen, was die Studienautoren vor allem damit erklären, dass in beiden Therapiearmen die Langzeiteffekte von Verapamil zum Tragen kamen.

    „Insgesamt ist das ein positives Studienergebnis, das die im klinischen Alltag beobachtete Wirksamkeit von Kortikoiden untermauert und eine Evidenz für den klinischen Einsatz gibt. Die Mehrzahl der Patientinnen und Patienten profitiert demnach von der Therapie“, so das Fazit des Schmerzexperten. Erfreulich war darüber hinaus auch das günstige Nebenwirkungsprofil: Nur bei zwei Studienteilnehmern der Placebogruppe traten ernste Nebenwirkungen auf. Insgesamt unterschied sich die Nebenwirkungsrate zwischen den beiden Studiengruppen nicht. „Die Therapie erwies sich also nicht nur als effektiv, sondern auch als sicher“, schlussfolgert Prof. Obermann.

    Als Erstautor weist er allerdings auch auf eine Schwäche der Studie hin. Aufgrund der schleppenden Rekrutierung musste die Studie vorzeitig abgebrochen werden, obwohl der Zeitraum der Finanzierung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sogar zweimal verlängert wurde. Als einen naheliegenden Grund führt Prof. Obermann an, dass viele Patienten im klinischen Alltag bereits erfolgreich mit Kortikoiden behandelt werden und Sorge hatten, in die Placebogruppe randomisiert zu werden. „Das ist ein gängiges Problem von RCTs, die einen Wirksamkeitsnachweis von Therapien erbringen möchten, die sich bereits in der Praxis etabliert haben“, erklärt Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Pressesprecher der DGN. „Gerade in der Schmerzmedizin ist es schwer, Betroffene von der Teilnahme an einer Studie zu überzeugen, wenn das für sie das Risiko beinhaltet, dass sich die Zahl der Schmerztage und -attacken erhöhen kann. Kaum ein Patient nimmt das freiwillig in Kauf. Die Wissenschaft ist dann grundsätzlich in einem Dilemma und kann oft keinen Evidenznachweis für etablierte Therapien erbringen. Es ist deshalb umso wichtiger, dass sich für diese Studie zehn auf die Behandlung von Kopfschmerzen spezialisierte Zentren in Deutschland zusammengeschlossen, haben um möglichst viele Patienten zu rekrutieren und dies auch erfolgreich zum Abschluss gebracht wurde. Doch obwohl in dieser aktuellen Studie nicht die geplante Teilnehmerzahl erreicht werden konnte, halten wir die erreichte Zahl für repräsentativ und gehen von einem validen Studienergebnis aus. Die Erhebung gibt den Kolleginnen und Kollegen unserer Einschätzung nach eine hohe Gewissheit, eine wirksame und sichere Therapie anzuwenden.“

    Literatur
    [1] Obermann M, Nägel S, Ose C et al. Safety and efficacy of prednisone versus placebo in short-term prevention of episodic cluster headache: a multicentre, double-blind, randomised controlled trial. The Lancet Neurology. Published:November 24, 2020. https://www.thelancet.com/journals/laneur/article/PIIS1474-4422(20)30363-X/fullt...

    Pressekontakt
    Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
    c/o Dr. Bettina Albers, albersconcept, Jakobstraße 38, 99423 Weimar
    Tel.: +49 (0)36 43 77 64 23
    Pressesprecher: Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen
    E-Mail: presse@dgn.org

    Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN)
    sieht sich als wissenschaftliche Fachgesellschaft in der gesellschaftlichen Verantwortung, mit ihren über 10.000 Mitgliedern die neurologische Krankenversorgung in Deutschland zu sichern und zu verbessern. Dafür fördert die DGN Wissenschaft und Forschung sowie Lehre, Fort- und Weiterbildung in der Neurologie. Sie beteiligt sich an der gesundheitspolitischen Diskussion. Die DGN wurde im Jahr 1907 in Dresden gegründet. Sitz der Geschäftsstelle ist Berlin. www.dgn.org

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    Generalsekretär: Prof. Dr. Peter Berlit
    Geschäftsführer: Dr. rer. nat. Thomas Thiekötter
    Geschäftsstelle: Reinhardtstr. 27 C, 10117 Berlin, Tel.: +49 (0)30 531437930, E-Mail: info@dgn.org


    Original publication:

    DOI:https://doi.org/10.1016/S1474-4422(20)30363-X


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    Criteria of this press release:
    Journalists
    Medicine
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Scientific Publications
    German


     

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