Ein internationales Team aus Deutschland, Schweden, Russland und den USA unter der Leitung von Wissenschaftern des European XFEL hat Ergebnisse eines Experiments veröffentlicht, das neue Möglichkeiten zur Untersuchung von Übergangszuständen in Atomen und Molekülen eröffnet. Damit könnten Forschende künftig neue Einblicke in die Photokatalyse, in den Ablauf der Photosynthese und die Entstehung von Strahlungsschäden gewinnen.
Es ist das allererste Nutzerexperiment, das an der SQS-Experimentierstation (Small Quantum System) des European XFEL durchgeführt worden ist. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verwendeten hochauflösende Elektronenspektroskopie, um eine Momentaufnahme eines kurzlebigen Übergangszustands zu erhalten, der entsteht, wenn Röntgenstrahlen ein Loch in das Innerste der atomaren Elektronenwolke stanzen. Die Ergebnisse der Studie, die an Neon-Atomen durchgeführt wurde, wurden in der Zeitschrift Physical Review X veröffentlicht.
Der extrem kurzlebige Übergangszustand von in den innersten Schalen angeregtem Neon existiert nur 2,4 Femtosekunden. Das ist eine fast unvorstellbar kurze Zeitspanne: Eine Femtosekunde verhält sich zu einer Sekunde wie eine Sekunde zu etwa 31,71 Millionen Jahren. "Der European XFEL ermöglicht es uns, eine hohe Anzahl von Laserpulsen pro Sekunde und eine hohe Pulsenergie zu nutzen. Das bedeutet, dass wir eine sehr hohe Anzahl von Photonen auf die Probe bringen können, was für die Untersuchung solcher Übergangs-Atomzustände entscheidend ist", erklärt Tommaso Mazza, der Hauptautor der Arbeit.
"Wir benutzten intensive Röntgenpulse, um erst die Elektronen aus einer inneren Schale eines Neon-Atoms zu entfernen, und dann mit einem zweiten Photon aus demselben Puls das 'ausgehöhlte' Atom zu charakterisieren", sagt Mazza. "Es ist das erste Mal, dass Informationen über die elektronische Struktur dieses Übergangszustandes durch röntgeninduzierte Elektronenspektroskopie zugänglich sind. Möglich war dies durch eine präzise Messung der Energie der nach der Anregung durch das zweite Photon emittierten Elektronen, während gleichzeitig die Wellenlänge des Röntgenpulses kontinuierlich verändert wurde."
Michael Meyer, leitender Wissenschaftler bei SQS, betont, dass die Ergebnisse zusammen mit einer kürzlich in Science veröffentlichten Arbeit eine wichtige Besonderheit der SQS-Experimentierstation aufzeigen: Die Möglichkeit, Anregungen spezifischer elektronischer Unterschalen im Atom effizient zu kontrollieren und somit gezielt zu sondieren. "Wir können atom- oder elementspezifische Anregungen in molekularen Proben erzeugen und untersuchen, wie jedes einzelne Atom im Molekül die von den Lichtpulsen ausgelösten Veränderungen beeinflusst", sagt er. Diese zielgerichtete Abfrage eines spezifischen Atoms im Molekül ermöglicht es den Wissenschaftlern, ein tieferes Verständnis des Verhaltens der einzelnen Bausteine des Moleküls unter intensiver Bestrahlung zu gewinnen.
Über European XFEL
European XFEL ist eine internationale Forschungsanlage der Superlative in der Metropolregion Hamburg: 27°000 Röntgenlaserblitze pro Sekunde und eine Leuchtstärke, die milliardenfach höher ist als die besten Röntgenstrahlungsquellen herkömmlicher Art, werden völlig neue Forschungsmöglichkeiten eröffnen. Forschergruppen aus aller Welt können an dem europäischen Röntgenlaser atomare Details von Viren und Zellen entschlüsseln, dreidimensionale Aufnahmen im Nanokosmos machen, chemische Reaktionen filmen und Vorgänge wie die im Inneren von Planeten untersuchen. European XFEL ist eine gemeinnützige Forschungsorganisation, die eng mit dem Forschungszentrum DESY und weiteren internationalen Institutionen zusammenarbeitet. Sie beschäftigt mehr als 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, im September 2017 hat die Anlage den Nutzerbetrieb aufgenommen. Derzeit beteiligen sich zwölf Länder: Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Russland, Schweden, die Schweiz, die Slowakei, Spanien, Ungarn und das vereinigte Königreich. Deutschland (Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein) trägt 58 Prozent der Kosten für die neue Einrichtung, Russland 27 Prozent. Die anderen Partnerländer sind mit ein bis drei Prozent beteiligt. Mehr Informationen unter www.xfel.eu/de.
Ansprechpartner:
Dr. Bernd Ebeling
Tel. 040 8998 6921
Email: bernd.ebeling@xfel.eu
https://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevX.10.041056
https://www.xfel.eu/aktuelles/news/index_ger.html?openDirectAnchor=1844&two_... Bild zum Download
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Chemistry, Physics / astronomy
transregional, national
Research results
German
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