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02/23/2004 13:58

FH Aalen: In-vitro-Diagnostik und Screening von Wechselwirkungen in der Zelle

Dr. Marc Dressler Presse, Kommunikation und Marketing
Fachhochschule Aalen

    Methoden der Biophotonik: Totalreflexionsfluoreszenzmikroskopie und Fluorescence Lifetime Imaging in Zentrum für Angewandte Forschung gebündelt.

    Mit den Mitteln aus der Zukunftsoffensive der Landesregierung Baden-Württemberg wurden drei Zentren für Angewandte Forschung (ZAF) gegründet, in denen mehrere Fachhochschulen gemeinsam mit universitären und industriellen Partnern verschiedene Schwerpunktthemen wie Mikrosystemtechnik, nachhaltige Energietechnik und Biotechnologie bearbeiten. Die Fachhochschule Aalen ist gemeinsam mit den Fachhochschulen Mannheim und Reutlingen, den Universitäten Heidelberg und Ulm sowie dem Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg und einigen industriellen Partnern am ZAF-Biotechnologie beteiligt. Dieses Zentrum ermöglicht eine längerfristige Kooperation und schafft die Infrastruktur für ein kontinuierliches wissenschaftliches Arbeiten auf einem aktuellen Forschungsgebiet.

    Unter dem Dach des Zentrums für Angewandte Forschung lassen sich Arbeitsgruppen auch längerfristig etablieren, Doktoranden ausbilden und weitere Drittmittel einwerben. So wurde die Arbeitgruppe "Biophotonik" um Prof. Dr. Herbert Schneckenburger (Studiengang Optoelektronik) in ein Verbundprojekt der Universität Ulm zur Funktionellen Nanoskopie in den Biowissenschaften (FuN in Life) eingebunden. In Aalen forschen an diesem innovativen Projekt die Doktoranden Petra Weber (Absolventin der Universität Hohenheim) und Michael Wagner (Absolvent des Masterstudiengangs Photonics der Fachhochschule Aalen). Die Arbeitsgruppe wird durch einen weiteren Projektmitarbeiter, eine biologisch-technische Assistentin sowie einzelne Diplomanden ergänzt.

    Ziel der Arbeiten in der Gruppe um Prof. Dr. Schneckenburger ist vor allem die In-vitro-Diagnostik verschiedener Krankheiten und das Screening von Einflüssen bestimmter Medikamente. Die Wirkungen pharmazeutischer Wirkstoffe lassen sich bioanalytisch charakterisieren, indem ihre Abhängigkeit von zytologischen Faktoren wie der Membranfluidität oder dem Zellalter bestimmt werden. Die Verfahren sind alle nicht invasiv, so dass die Zelle beim Vorgang des Messens nicht zerstört wird.

    Einen Schwerpunkt der Untersuchungen bildet die Totalreflexions-Fluoreszenz-Mikroskopie (TRFM) mit einem im Forschungsteam um Prof. Dr. Schneckenburger an der FH Aalen entwickelten Beleuchtungsverfahren. Bei der TRFM wird ein Laserstrahl mittels Spiegeln schräg von unten auf den gläsernen Objektträger gerichtet und an der Grenzfläche zur optisch dünneren Zellprobe total reflektiert. Bei der Totalreflexion entsteht am Brechpunkt des Laserlichtes ein evaneszentes elektromagnetisches Feld, das jenseits des Objektträgers exponentiell abklingt. Die Energie dieses Feldes reicht aus, um fluoreszierende Farbstoffe in der Probe anzuregen, die sich in unmittelbarer Nähe zum Objektträger befinden, wie beispielsweise die Zellmembran. Je nach Einstellung des Einfallwinkels des Laserlichtes lässt sich die Eindringtiefe des Feldes zwischen 50 und mehreren 100 Nanometern exakt regulieren. Auf diese Weise kann Prof. Dr. Schneckenburger ganz gezielt Abläufe in der Zellmembran untersuchen und für Screening-Tests nutzen.

    Eine Erweiterung der TRFM stellt die Methode des Fluorescence Lifetime Imagings (FLIM) dar. Sie basiert auf der unterschiedlich langen Zeit, die ein angeregter Stoff fluoresziert. Diese Fluoreszenzlebensdauer wird über das Abklingen fluoreszierender Stoffe ermittelt. Dazu werden die Stoffe in kurzen Zeitabständen mit kurzen Laserimpulsen angeregt: In einer Nanosekunde misst ein Bildverstärker das Fluoreszenzsignal, das ein Laserimpuls innerhalb von etwa 100 Picosekunden ausgelöst hat. Das 'verstärkte' Bild wird von einer handelsüblichen CCD-Kamera aufgezeichnet. Nach weiteren fünf Nanosekunden erfolgt die nächste Messung, so dass Punkt für Punkt die Fluoreszenz-Lebensdauer eines Stoffes beispielsweise in der Zellmembran verrechnet und bildlich dargestellt werden kann.

    TRFM und FLIM machen bei der Untersuchung einer Zelle selektiv nur deren äußere Membran sichtbar. Das Forschungsinteresse Prof. Dr. Schneckenburgers gilt insbesondere der Fluidität von Zellmembranen. Diese gibt an, wie steif eine Zelle ist. Je höher die Fluidität einer Zellmembran, desto geringer ist ihre Steifigkeit. Die Membranfluidität beeinflusst die Zellteilung, die Fusion von Membranen und den Transport von Stoffen durch die Membran. Deshalb ist die Fluidität der Zellmembran ein guter Indikator für organische Erkrankungen. Da Zellmembranen aus einer Lipid-Doppelschicht bestehen, in der die wasserunlöslichen Kohlenwasserstoffschwänze der Membranlipide gegenüber liegen, hängt die Fluidität in erster Linie ab vom Sättigungsgrad der Kohlenwasserstoffschwänze. Ungesättigte Kohlenwasserstoffschwänze sind kürzer und bewirken eine höhere Fluidität, weil sie weniger stark mit anderen Kohlenwasserstoffschwänzen der Doppelschicht in Wechselwirkung treten können. Neben dem Sättigungsgrad sind noch weitere bioanalytische Faktoren wie das Zellalter, der molekulare Aufbau der Membran oder die Umgebungstemperatur bedeutsam. Ist eine Zelle starken Temperaturschwankungen ausgesetzt, hält sie aktiv die Fluidität ihrer Membran konstant. Dies erfolgt entweder über eine Änderung der Sättigung der Kohlenwasserstoffschwänze oder über die Produktion steroider Membranbestandteile wie Cholesterin, das die Fluidität vermindert. Die Wirkung weiterer, pharmazeutischer Wirkstoffe auf die Membranfluidität werden von der Arbeitsgruppe erforscht.

    Ein weiteres Interesse der Arbeitsgruppe gilt der Aufnahme bestimmter Medikamente in Nervenzellen, den sogenannten Neuronen und den sie umgebenden Gliazellen. Zwar lässt die Blut-Hirn-Schranke gewöhnlich keine Stoffwechselprodukte aus dem Blut in das Nervensystem des Gehirns passieren, jedoch kann diese Schranke durch toxische Stoffe und Tumore aufgebrochen werden. Mit Hilfe von TRFM und FLIM gelangen detaillierte Untersuchungen zur Aufnahme tumorselektiv gespeicherter Farbstoffe in Gliazellen, die vor allem Neurochirurgen die Möglichkeit geben, Hirntumoren frühzeitig zu erkennen und ihr Wachstum durch Bestrahlung mit rotem Licht zu verzögern. Dieses Gebiet wird von Prof. Dr. Schneckenburger erforscht im Rahmen eines deutsch-israelischen Forschungsprojekts in Zusammenarbeit mit der Universität Bar Ilan und dem Klinikum München-Großhadern.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Herbert Schneckenburger
    Tel. 07361/568-229
    Herbert.Schneckenburger@fh-aalen.de


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    Endothelzelle nach Inkubation mit Acridin Orange bei konventioneller Fluoreszenzmikroskopie.
    Endothelzelle nach Inkubation mit Acridin Orange bei konventioneller Fluoreszenzmikroskopie.

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    Endothelzellen nach Inkubation mit Acridin Orange bei Totalreflexionsfluoreszenzmikroskopie.
    Endothelzellen nach Inkubation mit Acridin Orange bei Totalreflexionsfluoreszenzmikroskopie.

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    Criteria of this press release:
    Biology, Information technology
    transregional, national
    Research projects
    German


     

    Endothelzelle nach Inkubation mit Acridin Orange bei konventioneller Fluoreszenzmikroskopie.


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    Endothelzellen nach Inkubation mit Acridin Orange bei Totalreflexionsfluoreszenzmikroskopie.


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