Das Weiße in unserem Auge ist etwas Besonderes. Die Lederhaut ist nicht pigmentiert, weshalb wir gut verfolgen können, wohin unser Gegenüber schaut. Die Natur hat das so eingerichtet, damit wir besser miteinander kommunizieren können. Diese traditionelle Sichtweise fordert nun ein Team der Universität Duisburg-Essen (UDE) und der Universität Zürich mit einer neuen Studie heraus. Die Forschenden aus Zoologie und Anthropologie haben sich das Kommunikationsverhalten und die Augenfarbe bei Menschenaffen angeschaut. Einen Zusammenhang sehen sie hier nicht. Die Ergebnisse sind soeben im internationalen Fachjournal „Nature – Scientific Reports“ erschienen.*
Seit langem geht die Wissenschaft davon aus, dass der Kontrast von heller Lederhaut (Sklera) und dunkler Iris dazu da ist, effektiv Blicksignale zu vermitteln. „Ein Teil dieser Hypothese fußt auf der Vorstellung, dass unter den Primaten nur der Mensch über eine weiße Sklera verfügt“, sagt Studienleiter und Zoologe Kai Caspar (UDE). „Dafür lagen bisher aber nur wenige vergleichende Daten vor. Deshalb haben wir anhand von Fotos die Sklera-Pigmentierung von über 380 so genannter Hominoiden aus 15 Arten angeschaut und Kontrastwerte verglichen. Darunter waren Menschen, große Menschenaffen wie Schimpansen und Orang-Utans sowie Gibbons, die kleinen Menschenaffen.“
Obwohl alle Hominoiden eng verwandt sind, verständigen sie sich sehr unterschiedlich. UDE-Zoologe Caspar sagt: „Anders als bei uns Menschen spielen Blicke für große Menschenaffen nur eine untergeordnete Rolle, für die kleineren Arten scheinen sie gar keine kommunikative Bedeutung zu haben. Dementsprechend stark müssten also Unterschiede in der Pigmentierung ausfallen, wenn die Annahme stimmte: Je heller die Lederhaut, desto mehr wird mit den Augen ‚gesprochen‘.“
So ist es aber nicht, konnte die Studie zeigen. Weder ist das Weiße im menschlichen Auge einzigartig, noch lässt sich ein Zusammenhang herstellen zwischen Sklera-Farbe und kommunikativen Zwängen. „Die Kontrastierung unserer Augen unterscheidet sich nicht signifikant von der anderer Menschenaffen, etwa dem Sumatra-Orang-Utan. Interessanterweise kann die Sklera-Pigmentierung aber innerhalb derselben Affenart manchmal sehr variabel sein. Beim Menschen hingegen gibt es nur Weiß. Das ist in diesem Extrem schon ungewöhnlich.“
Die gängige Annahme, dass die Aufhellung unserer Lederhaut zwecks effektiver Verständigung entstand, verwerfen die Zoologen um Kai Casper gänzlich. Sie vermuten dahinter stattdessen evolutionäre Mechanismen wie die genetische Drift oder die sexuelle Selektion: „Sie haben womöglich dazu geführt, dass das Erscheinungsbild unserer Augen sich von dem unserer nächsten Verwandten unterscheidet.“
Bild-Download: https://www.uni-due.de/de/presse/pi_fotos.php
Das Bild zeigt einen weiblichen Sumatra-Orang-Utan. Foto: UDE/Kai Caspar
Kai R. Caspar, Allgemeine Zoologie, Tel. 0201/18 3-4310, kai.caspar@uni-due.de
* Kai R. Caspar, Marco Biggemann, Thomas Geissmann & Sabine Begall: Ocular pigmentation in humans, great apes, and gibbons is not suggestive of communicative functions, Nature Scientific Reports 11, 12994 (2021). https://doi.org/10.1038/s41598-021-92348-z
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology, Psychology
transregional, national
Research results
German
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