idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
08/02/2021 11:43

Evolution der Wandelnden Blätter aufgeklärt: Göttinger Forschungsteam erstellt Stammbaum der Blattinsekten

Thomas Richter Öffentlichkeitsarbeit
Georg-August-Universität Göttingen

    Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Göttingen hat die Evolution der Wandelnden Blätter untersucht. Wandelnde Blätter gehören zu den Stab- und Gespenstschrecken, die anders als ihre etwa 3000 astförmigen Verwandten keine Zweige imitieren. Stattdessen tragen sie großflächige Erweiterungen an Körper und Beinen, um in Form und Farbe Laubblätter nachzuahmen. In dem nun erstellten genetischen Stammbaum werden die Verwandtschaftsbeziehungen von knapp 100 Arten ermittelt. Das sind etwa zwei Drittel aller bekannten Spezies. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Communications Biology erschienen.

    Die Wandelnden Blätter haben ihre Tarnung, die als Schutz vor Fressfeinden wie Vögeln und Säugetieren dient, perfektioniert: durch Nachbildung von Fraßstellen und verwelkenden Blattelementen. Zudem imitieren die Tiere die Blattaderung durch eine spezielle Aderung der großen Vorderflügel.

    Bislang war der Großteil der Wandelnden Blätter unter dem Namen Phyllium zusammengefasst. Jedoch waren hier zahlreiche Arten vereint, die überhaupt nicht näher miteinander verwandt sind. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler führten nun einige neue Gattungen ein, um die natürliche Verwandtschaft beschreiben zu können. „Viele der untersuchten Arten sind noch nicht einmal wissenschaftlich beschrieben“, erklärt Sarah Bank, Erstautorin der Studie und Doktorandin im Studiengang Biodiversity and Ecology der Universität Göttingen. „Wir haben auch viele kryptische Arten identifiziert – also solche, die sich äußerlich nicht unterscheiden, aber genetisch stark verschieden sind.“ Der Göttinger Evolutionsbiologe Dr. Sven Bradler ergänzt: „Vor wenigen Jahren waren gerade einmal 50 Arten beschrieben. Durch unsere Studien und vor allem durch die Zusammenarbeit mit dem New Yorker Experten für Wandelnde Blätter, Royce Cumming, hat sich diese Zahl nunmehr verdoppelt. Dies zeigt, dass unsere Kenntnisse über biologische Vielfalt häufig stark abhängig sind von der Expertise einzelner. Für viele Organismengruppen fehlt derartiges Wissen schlichtweg.“

    Das Team rekonstruierte zudem die stammesgeschichtliche Verbreitung der Insekten. Demnach liegt der Ursprung der Wandelnden Blätter im Südpazifik, von wo sie sich in den vergangenen 50 Millionen Jahre über das gesamte tropische Asien ausbreiteten – im Osten bis zu den Fidschi-Inseln und im Westen bis zu den Seychellen. „Das Alter der Wandelnden Blätter ist ein wissenschaftlich umstrittenes Thema“, sagt Bank. „Andere Studien hatten deren zeitlichen Ursprung in der Kreide- oder sogar Jurazeit, also vor 100 bis 150 Millionen Jahren angesiedelt. Damals waren die angiospermen (bedecktsamigen) Blütenpflanzen, deren Blätter die Insekten so perfekt imitieren, jedoch noch gar nicht verbreitet. Folglich erscheinen uns die Ergebnisse unserer Arbeit plausibler, die einen jüngeren Ursprung favorisieren.“


    Contact for scientific information:

    Sarah Bank
    Georg-August-Universität Göttingen
    Fakultät für Biologie und Psychologie
    Abteilung Evolution und Biodiversität der Tiere
    Untere Karspüle 2, 37073 Göttingen
    Telefon (0551) 39-25391
    E-Mail: sarah.bank@uni-goettingen.de
    www.uni-goettingen.de/de/sarah+bank/587734.html


    Original publication:

    Sarah Bank et al. A tree of leaves: Phylogeny and historical biogeography of the leaf insects (Phasmatodea:Phylliidae). Communications Biology (2021). Doi: https://doi.org/10.1038/s42003-021-02436-z


    Images

    Paar des Wandelnden Blattes Phyllium rubrum von der Malaiischen Halbinsel. Die Männchen (links) dieser Insekten sind stets deutlich kleiner als die Weibchen.
    Paar des Wandelnden Blattes Phyllium rubrum von der Malaiischen Halbinsel. Die Männchen (links) dies ...
    Foto: Bruno Kneubühler

    Sarah Bank
    Sarah Bank
    Foto: privat


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Biology
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Paar des Wandelnden Blattes Phyllium rubrum von der Malaiischen Halbinsel. Die Männchen (links) dieser Insekten sind stets deutlich kleiner als die Weibchen.


    For download

    x

    Sarah Bank


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).