idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
08/03/2021 11:16

Quantensensoren ermöglichen erstmals schmerzlose Muskeldiagnostik

Dr. Mareike Kardinal Pressestelle
Hertie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH)

    Quantensensoren könnten teilweise die bisherige Standardmethode ersetzen und potentiell die Muskeldiagnostik revolutionieren

    Unklare Muskelschwäche, Lähmungen, Krämpfe, Zuckungen oder Schmerzen: Das sind typische Beschwerden, die eine neurologische Untersuchung der Muskeln erfordern. Bislang wird dazu eine Nadelelektromyographie (EMG) durchgeführt. Hierbei wird eine Nadelelektrode durch die Haut in den Muskel eingeführt um die elektrischen Muskelsignale zu messen. Die Prozedur ist recht schmerzhaft und kommt daher gerade bei Kindern rasch an ihre Grenzen. Eine aussagekräftige Muskeldiagnostik ist bei ihnen daher schwierig. Ein internationales Forschungsteam um Dr. Justus Marquetand vom Hertie-Institut für klinische Hirnforschung und dem Universitätsklinikum Tübingen zeigt nun, dass die Untersuchung der potentiell krankhaften Muskelsignale auch mittels Quantensensoren möglich ist. Der Vorteil: Die Messung erfolgt kontaktlos und ist somit schmerzfrei. Langfristig könnte die Technik die bisherige Standardmethode teilweise ersetzen und potentiell die Muskeldiagnostik revolutionieren. Bei Kindern könnte sie erstmals eine genaue Diagnostik ermöglichen. Die Studie ist in der Zeitschrift Clinical Neurophysiology erschienen.

    Grundlage für die Diagnostik mittels Quantensensoren ist das Magnetfeld, das durch die elektrische Aktivität in den Muskeln entsteht. Die magnetischen Signale dringen ungehindert an die Körperoberfläche, wo sie ohne direkten Hautkontakt gemessen werden können. Das Forschungsteam nutzte nun erstmals diese Signale, um krankhafte Muskelzuckungen, sogenannte Faszikulationen, bei fünf Patientinnen und Patienten mit unterschiedlichen neuromuskulären Erkrankungen zu untersuchen. Dabei setzen sie eine neue Generation spezieller Quantensensoren ein: optisch gepumpte Magnetometer, kurz OPM. „Unsere Studie zeigt, dass die Untersuchung von potentiell krankhaften Muskelsignalen mittels Quantensensoren möglich ist“, so Studienleiter Marquetand. „Wir sind zuversichtlich, dass OPM künftig in der Lage sein werden, weitere pathologische Muskelsignale zu detektieren und damit das schmerzhafte Nadel-EMG teilweise ersetzen können.“

    Der Einsatz der Quantensensoren wäre ein wichtiger Durchbruch in der täglichen neurophysiologischen Diagnostik. Mit ihrer Hilfe könnten nicht nur Schmerzen bei Patientinnen und Patienten vermieden werden – sie könnten auch erstmals eine adäquate Muskeldiagnostik bei Kindern ermöglichen, bei denen die schmerzhafte Nadel-EMG kaum einsetzbar ist. „Eine schmerzlose und aussagekräftige Muskeldiagnostik bei Kindern ist vor allem vor dem Hintergrund aufkommender Gentherapien für genetisch bedingte neuromuskuläre Erkrankungen wie die spinale Muskelatrophie (SMA) hochrelevant“, erklärt Neurologe Marquetand.

    Neben diesem vielversprechenden Ergebnis gelang es den Forschenden in ihrer Studie, technische Limitationen der verwendeten OPM zu identifizieren. „Diese Informationen fließen nun bereits in die Entwicklung eines neuen OPM-Prototyps für die Muskeldiagnostik an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt ein“, berichtet Marquetand.

    Die Studie ist in enger Zusammenarbeit mit Dr. Thomas Middelmann (Physikalisch-technische Bundesanstalt Berlin), Dr. Dr. Philip Broser (Ostschweizer Kinderspital St. Gallen), Prof. Dr. Braun und Prof. Dr. Markus Siegel (Hertie-Institut für klinische Hirnforschung und Universitätsklinikum Tübingen) entstanden. Die grundlagenwissenschaftlichen Vorarbeiten im Bereich der Muskeldiagnostik mittels Quantensensoren wurden kürzlich durch die Verleihung des Anna Müller Grocholski Stiftung-Preis der Schweizerischen Gesellschaft für Neuropädiatrie an Dr. Dr. Broser gewürdigt. Der Preis unterstreicht die Innovativität und Relevanz der Erforschung der Quantensensorik für die klinische Anwendung. Informationen zu den Vorarbeiten finden Sie in der Pressemittelung des Universitätsklinikum Tübingens vom 01. April 2021 („Quantensensoren eröffnen Einblicke in die Muskelphysiologie“).


    Contact for scientific information:

    Universitätsklinikum Tübingen / Hertie-Institut für klinische Hirnforschung
    Dr. Justus Marquetand
    Hoppe-Seyler-Straße 3, 72076 Tübingen
    Tel. 07071 29-81196 ,Fax 07071 29-25125
    Justus.marquetand@med.uni-tuebingen.de


    Original publication:

    Marquetand et al. (2021): Optically pumped magnetometers reveal fasciculations non-invasively. Clinical Neurophysiology, 2021, ISSN 1388-2457
    https://doi.org/10.1016/j.clinph.2021.06.009


    More information:

    https://www.hih-tuebingen.de Hertie-Institut für klinische Hirnforschung
    http://www.medizin.uni-tuebingen.de Universitätsklinikum Tübingen


    Images

    Eine Muskelfaser. Durch die elektrische Aktivität ihrer Muskelzellen entsteht ein Magnetfeld, dass an der Körperoberfläche mittels Quantensensoren gemessen werden kann.
    Eine Muskelfaser. Durch die elektrische Aktivität ihrer Muskelzellen entsteht ein Magnetfeld, dass a ...
    Marquetand, 2021
    Marquetand, 2021


    Criteria of this press release:
    Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars, Students, Teachers and pupils, all interested persons
    Medicine
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Eine Muskelfaser. Durch die elektrische Aktivität ihrer Muskelzellen entsteht ein Magnetfeld, dass an der Körperoberfläche mittels Quantensensoren gemessen werden kann.


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).