Einem Forschungsteam der TU Chemnitz gelang der Nachweis der Wechselwirkung zwischen Elektronen und Phononen auf der Basis von zweidimensionalen Halbleitern – Veröffentlichung in dem zu „Nature“ gehörenden Journal "Communications Physics"
In den letzten 50 Jahren hat die Silizium-Technologie eine Fülle von Fortschritten erzielt, die ganz essentiell zum technologischen und gesellschaftlichen Wandel beigetragen haben. Dazu zählen zum Beispiel immer kleinere, effizientere aber leistungsstärkere mikroelektronische Komponenten, die in Smartphones, Laptops und vielen weiteren elektronischen Geräten eingesetzt werden. Die kontinuierliche Nachfrage nach verbesserter Rechenleistung bei gleichzeitig geringeren Herstellungskosten und niedrigerem Energiebedarf hat Forschung und Entwicklung nun an einen technologischen Scheideweg gebracht. Denn die gebräuchliche Fertigungstechnik – die sogenannte „Silizium-Gate-Technik“ zur Fertigung integrierter Schaltungen zum Beispiel auf Basis der CMOS-Technologie (Complementary Metal-Oxide-Semiconductor) für Chips und Mikroprozessoren – hat eine Skalierungsgrenze erreicht. Im Übergang vom Mikro- in den Nanometerbereich ergeben sich neue und ganz erhebliche Herausforderungen an die Materialien und die Fertigung – denn im Nanometerbereich werden Quanteneffekte wirksam, die ein Umdenken bei den bisherigen Verfahren erfordern.
Daher suchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach alternativen Materialien, die im Nanometerbereich mindestens die gleiche Leistung wie Silizium erbringen und gleichzeitig bei der Überwindung dieser technologischen Herausforderungen helfen können. Einen wichtigen Beitrag auf diesem Weg hat ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Dr. Mahfujur Rahaman, Post Doctoral Researcher an der Professur Halbleiterphysik (Leitung: Prof. Dr. Dietrich Zahn) der Technischen Universität Chemnitz, geleistet. Sie haben untersucht, wie sich eine spezielle Wechselwirkung – die sogenannte „Fröhlich-Kopplung“ – in verschiedenen Schichtendicken und Lagen des Halbleiters Indiumselenid (InSe) auf die Elektronenbeweglichkeit auswirkt. InSe ist ein Mitglied der 2D-Halbleiterfamilie und ein vielversprechender Kandidat auf dem Weg zu neuen Halbleiter-Technologien jenseits von Silizium. Die Ergebnisse haben eine hohe Relevanz für mögliche Anwendungen von nano-skaligen Halbleitern und sind ein wichtiger Schritt hin zur Anwendung von InSe in schnelleren und effizienteren elektronischen Bauelementen.
Die Ergebnisse geben daher Aufschluss über die potentielle Leistungsfähigkeit eines elektronischen Bauteils auf InSe-Basis. Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in der aktuellen Ausgabe der zu „nature“ gehörenden Zeitschrift Communications Physics.
Auf dem Weg zur nächsten Generation mikroelektronischer Architekturen
2D-Halbleiter sind vielversprechend für Anwendungen in der Mikro- und Nanoelektronik, da sie mit der Silizium-CMOS-Technologie kompatibel und nur wenige Atomlagen dick sind. Das heißt, dass die nächste Generation elektronischer Architekturen auf Strukturgrößen im Sub-Nanometerbereich skaliert werden kann. So werden mikroelektronische Bauteile möglich, die noch sparsamer und gleichzeitig bedeutend leistungsfähiger sein werden.
2D-Halbleiter sind sogenannte Monolagen der entsprechenden Volumenmaterialien und können zum Beispiel durch schichtweises Abtragen aus einem Kristall hergestellt werden. Dabei ist eine Monolage etwa hunderttausendmal dünner als ein menschliches Haar. In jüngster Zeit hat sich Indiumselenid aufgrund seiner im Vergleich zu anderen 2D-Halbleitern geringeren effektiven Elektronenmasse als sehr attraktiv für die Elektronik der nächsten Generation erwiesen.
Die Fertigung auf der Basis von InSe führt zu einer höheren Elektronenbeweglichkeit, einem wichtigen Parameter für schnellere Bauelemente. Darüber hinaus gibt es noch einen weiteren wichtigen Parameter: die sogenannte Elektron-Phonon- oder Fröhlich-Kopplung. Dieses Prinzip der Wechselwirkung hat Einfluss auf die Elektronenbeweglichkeit, insbesondere in polaren Halbleitern wie InSe. Für diese nimmt die Elektronenbeweglichkeit mit zunehmender Fröhlich-Kopplung ab. Daher kann die Stärke der Fröhlich-Wechselwirkung indirekt als Maß für die Elektronenbeweglichkeit verwendet werden.
Das Team um Rahaman untersuchte die schichtabhängige Fröhlich-Kopplung in InSe vom Volumen bis zur Monolage mit Hilfe der plasmonischen Injektion heißer Elektronen. Das sind besonders energiereiche Elektronen. Dabei beobachteten sie eine schichtabhängige anomale Fröhlich-Kopplung in InSe.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Fröhlich-Kopplung trotz der starken Begrenzung der Schichtdicke in Monolagen (2D) schwächer ist als in Volumen-InSe (3D). Die vergleichbare Elektronenmobilität von Monolagen- und Volumen-InSe untermauern das Potenzial von InSe als 2D-Halbleiter für zukünftige Hochleistungsanwendungen in der Halbleitertechnologie.
Dr. Mahfujur Rahaman, Tel. +49 (0)371 531-33298, E-Mail mahfujur.rahaman@s2011.tu-chemnitz.de und Prof. Dr. Dietrich RT Zahn, Tel. +49 (0)371 531-33036, E-Mail zahn@physik.tu-chemniz.de.
Mahfujur Rahaman, Muhammad Awais Aslam, Lu He, Teresa I. Madeira, Dietrich R. T. Zahn: Plasmonic hot electron induced layer dependent anomalous Fröhlich interaction in InSe. Commun Phys 4, 172 (2021).
https://doi.org/10.1038/s42005-021-00674-5
Dr. Mahfujur Rahaman von der Professur Halbleiterphysik der TU Chemnitz hat mit einem Forschungsteam ...
Lars Meese
TU Chemnitz
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Physics / astronomy
transregional, national
Research results
German
Dr. Mahfujur Rahaman von der Professur Halbleiterphysik der TU Chemnitz hat mit einem Forschungsteam ...
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