idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
09/14/2021 15:51

Live-Experiment der Universität Koblenz-Landau zur zweiten Kanzler-Debatte

Dr. Birgit Förg Referat Öffentlichkeitsarbeit
Universität Koblenz-Landau

    Die Universität Koblenz-Landau, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und die Technische Universität Kaiserslautern haben Wahrnehmung und Wirkung der zweiten TV-Debatte 2021 – dem Triell zwischen den Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU), Olaf Scholz (SPD) und Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) - untersucht. Die Hauptergebnisse des Live-Experiments mit mehr als 400 Teilnehmern: Annalena Baerbock hat das Triell klar für sich entschieden. Armin Laschet wurde noch angriffslustiger als in der ersten Debatte eingestuft. Olaf Scholz musste sich häufig verteidigen. Die Debatte hatte Einfluss auf die Kanzlerpräferenz.

    Gewinnerin der TV-Debatte ist Annalena Baerbock nach Auffassung von 45 Prozent der Studienteilnehmer. Armin Laschet wurde nur von 15 Prozent, Olaf Scholz nur von 12 Prozent der Teilnehmer als Sieger benannt. 28 Prozent konnten keinen Sieger erkennen. Da die Bewertung der Debattenleistung der Kandidaten in erheblichem Maße von den parteipolitischen Grundüberzeugungen der Zuschauer beeinflusst wird, „lohnt sich deshalb ein Blick auf Personen, die keiner Partei nahestehen“, unterstreicht Dr. Jürgen Maier, Politikprofessor am Campus Landau der Universität Koblenz-Landau. Auch 52 Prozent dieser Teilnehmer sehen Baerbock deutlich vor Scholz und Laschet. Scholz sehen 13 Prozent als Sieger, Laschet nur 9 Prozent.

    Die in den Fragebögen erfassten Eindrücke korrespondieren mit den in Echtzeit über eine App abgegeben Bewertungen der Kandidaten. Wie schon in der ersten Debatte zeigen sich hier viele Passagen, in denen Laschet an Zustimmung verloren hat. Seine besten Momente hatte er, als er Olaf Scholz mit den Skandalen rund um die von ihm geführten Behörden konfrontierte. Baerbock und Scholz konnten die Zuschauer wesentlich häufiger von ihren Argumenten überzeugen als Laschet, wobei Baerbock nahezu alle Themenblöcke für sich entscheiden konnte. Baerbock erhielt bei den Themen Digitalisierung sowie Steuern und Finanzen den stärksten Zuspruch. Scholz ist in den Augen der Zuschauer der Gewinner im Themenblock Koalitionsbildung. Von allen Kandidaten gelang ihm auch die Schlussansprache am besten.

    „Eine Erklärung für das schlechte Abschneiden von Laschet könnte die von ihm gewählte Debattenstrategie sein“, so Maier. Die Studienteilnehmer nahmen den Auftritt Laschets als aggressiv wahr: 91 Prozent stimmen der Aussage zu, dass er seine Gegner häufig angegriffen hat. Damit übertraf er den im ersten Triell gemessenen Wert von 69 Prozent deutlich. Das schlechte Abschneiden von Scholz dürfte laut Maier darauf zurückzuführen sein, dass er sich – anders als noch in der ersten Debatte – gegen Angriffe seiner Konkurrenten zur Wehr setzen musste. 84 Prozent stimmten der Aussage zu, dass er sich häufig verteidigen musste. Hinsichtlich des ersten Triells waren dies 32 Prozent.

    Das Triell hat einen starken unmittelbaren Einfluss auf politische Einstellungen, so ein weiteres Ergebnis des Live-Experiments. 20 Prozent der Teilnehmer haben aufgrund der Debatte ihre Kanzlerpräferenz verändert. Vor zwei Wochen lag dieser Wert bei 21 Prozent. Der Anteil der Unentschiedenen ist im Zuge der Debatte von 25 Prozent auf 19 Prozent gesunken.

    Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass die Ergebnisse der vorliegenden Un-tersuchung vor allem aus drei Gründen von Befragungsdaten abweichen können, die bisher zum ersten TV-Triell veröffentlicht wurden: Es handelt es sich bei der Untersu-chung um ein experimentelles Design. Wesentlicher Bestandteil der Untersuchungs-anlage ist, dass die hier berichteten Befragungsdaten direkt vor und direkt nach der Debatte erhoben wurden. Durch den Vergleich der vor und nach der Debatte erhobenen Befragungsdaten lassen sich direkte, von interpersonaler und massenmedialer Kommunikation weitgehend unbeeinflusste Debattenwirkungen nachweisen. Zudem sind die gesammelten Daten nicht repräsentativ. Und schließlich ist die Teilnehmerzahl geringer als bei anderen Befragungen.

    Zur Methode

    Ziel der Studie ist es, die Wahrnehmungsprozesse und die Urteilsbildung von Wäh-lern insbesondere während des Wahlkampfes zu erforschen. Die Stichprobe ist eine Gelegenheitsstichprobe. 66 Prozent der Teilnehmer sind männlich. Der Altersdurch-schnitt der Teilnehmer beträgt 34 Jahre, das Minimum 18, Maximum 70 Jahre. 80 Prozent der Teilnehmer verfügen über (Fach-)Abitur. Sieben Prozent haben eine Parteiidentifikation mit der CDU/CSU, 14 Prozent mit der SPD, fünf Prozent mit der FDP, acht Prozent mit den Linken, 34 Prozent mit Bündnis 90/Die Grünen, ein Prozent mit der AfD und zwei Prozent mit einer anderen Partei. 30 Prozent haben keine Partei-bindung. Um Unterschiede in der Beteiligung der verschiedenen parteipolitischen Gruppen auszugleichen und damit einhergehende Verzerrungen der Untersuchungsergebnisse zu reduzieren wurden drei gleichgewichtete politische Lager gebildet: links, rechts, unabhängig.

    Insgesamt haben 438 Personen an der nicht repräsentativen Studie teilgenommen. Für das Experiment wurde eigens eine App entwickelt. Diese basiert auf Software-technologien der coneno GmbH, einem DFKI Spin-Off, das Systeme zur Durchführung von dynamischen, partizipativen Studien entwickelt. Das Entwicklerteam von coneno hat in enger Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlern das System speziell für diese Studie um Komponenten zur Echtzeitdatenanalyse erweitert. Dadurch ist es möglich, dass Teilnehmer die Kandidaten während der Debatte von zu Hause mit ihrem Smartphone permanent und in Echtzeit bewerten. Mithilfe von Fragebögen konnten sie ihre zusammenfassenden Meinungen vor und nach dem Duell abgeben. Die App wurde schon bei der ersten TV-Debatte verwendet und wird auch beim letzten Triell am 19. September 2021 eingesetzt.

    Weitere Informationen zur Studie sind unter fernsehdebatte.uni-landau.de nachzule-sen.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Jürgen Maier
    Universität Koblenz-Landau
    Campus Landau
    Frank-Loebsches Haus
    Kaufhausgasse 9
    76829 Landau

    Tel.: 06341 280 38 419
    E-Mail: maierj@uni-landau.de

    Prof. Dr. Paul Lukowicz
    Deutsches Forschungszentrum für
    Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI)
    Trippstadter Str. 122
    67663 Kaiserslautern

    E-Mail: paul.lukowicz@dfki.de


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists, all interested persons
    Politics
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).