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10/26/2021 12:05

Freizeitschifffahrt auf dem Prüfstand

Helena Dietz Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Konstanz

    Deutschlandweites Forschungsprojekt startet am Limnologischen Institut der Universität Konstanz

    Was im Winter der Skisport, ist im Sommer für viele Erholungssuchende der Wassersport. Beide gewinnen immer mehr Anhänger und beide erzeugen zunehmend Umweltprobleme. Am Limnologischen Institut der Universität Konstanz startete im Juli ein kooperatives Forschungsprojekt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit einer Laufzeit von drei Jahren. Das Vorhaben mit dem Kurztitel „SuBoLakes – Umweltverträgliche Freizeitschifffahrt auf Seen in Deutschland“ soll die ökologischen Folgen der motorisierten Freizeitschifffahrt in ausgewählten Wassersportrevieren der Seen Berlins, Brandenburgs, Bayerns und des internationalen Bodensees analysieren.

    Mit dabei sind das Landesamt für Umwelt Brandenburg (LfU) sowie zahlreiche Partner aus dem Natur- und Gewässerschutz, der Unterwasserarchäologie und des Denkmalschutzes, der Sportbootverbände sowie der Tourismus- und Wassersportwirtschaft.

    „Alle sollen mit ins Boot, denn wir wollen gemeinsam zukunftsfähige Lösungen erarbeiten“, betont Ralf Köhler (Landesamt für Umwelt Brandenburg), einer der Antragsteller. Seine Fachbehörde sieht die zunehmende Belastung gerade der nordostdeutschen Reviere kritisch. Umwelt- und Naturschutzaspekte fänden, so Köhler, bisher keine hinreichende Berücksichtigung – leider auch nicht im „Masterplan Freizeitschifffahrt“, einer der jüngsten Initiativen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zum Wassertourismus. Er verweist dabei auf die Europäische Wasserrahmenrichtlinie, die für alle Oberflächengewässer bis 2027 einen guten ökologischen Zustand fordert. Der Trend zu immer mehr und immer größeren und komfortableren Booten, zum Teil mit Zweitwohnungscharakter, führe auch zu einer intensiveren Inanspruchnahme der Ufer- und Flachwasserzonen durch Steganlagen, Häfen und Marinas sowie durch die landseitige Infrastruktur. Das Projekt wird ökologisch fundierte Kriterien für „Nachhaltigkeit“ der Freizeitschifffahrt erarbeiten und daraus Handlungsrichtlinien ableiten.

    Aber auch in anderen Revieren, z. B. am Bodensee, sind wichtige Forschungsergebnisse absehbar, etwa zur Wellenbelastung des Seeufers durch Fahrgastschiffe und Katamarane. Der Umweltphysiker Prof. Dr. Frank Peeters vom Limnologischen Institut hat Verständnis für die Sorgen der Naturschützer und der Fischerei: „Wir haben in den letzten Jahren eine Vielzahl von Wellen- und Strömungsmessungen durchgeführt, die zeigen, dass Schiffswellen einen beträchtlichen Anteil der Gesamtwellenbelastung ausmachen und dabei zur Ufererosion beitragen können.“ Er und seine Mitarbeiter*innen wollen die Ausbreitung der Schiffswellen und deren Eigenschaften beim Einlaufen in die Uferzone modellieren. Diese Modellergebnisse sollen dazu genutzt werden, die Auswirkung der Schiffswellen auf die Uferzone besser abschätzen zu können. „Die Modellierung hilft uns, besonders betroffene Uferabschnitte auszuweisen.“ Renate Ebersbach, Projektpartnerin vom Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg, verweist auf die stein- und bronzezeitlichen Kulturschichtreste der „Pfahlbauten“ im Überlinger See, die seit Jahrzehnten einer deutlichen Erosion ausgesetzt sind. Auch im Starnberger See ist die Erosion im ufernahen Flachwasserbereich ein Problem für den Erhalt des UNESCO-Welterbes „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“, weiß Markus Gschwind vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege zu berichten.

    Die Forscher*innen sind sich einig: Saubere Bootsmotoren, Elektroantriebe und der Verzicht auf giftige Schutzanstriche reichen nicht aus. Die Umweltprobleme der motorisierten Fahrgast- und Freizeitschifffahrt sind viel tiefgreifender und bedürfen zukünftig einer vorsorgenden Lenkung. Nach drei Jahren Projektlaufzeit wollen sie eine Bilanz ziehen und geeignete Lösungsvorschläge machen. Zwischenzeitlich können sich Interessierte auf der Website des Projektes www.subolakes.de über den Fortgang informieren.

    Faktenübersicht:
    • Kooperatives Forschungsprojekt „SuBoLakes – Umweltverträgliche Freizeitschifffahrt auf Seen in Deutschland“ der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) im Juli 2021 am Limnologischen Institut der Universität Konstanz gestartet; Kooperationspartner: Landesamt für Umwelt Brandenburg
    • Projektziel: Gemeinsam mit verschiedenen Interessengruppen ökologisch fundierte Kriterien für „Nachhaltigkeit“ der Fahrgast- und Freizeitschifffahrt erarbeiten und daraus Handlungsrichtlinien ableiten
    • Forschungsvorhaben des Limnologischen Instituts: (i) Modellierung der Ausbreitung von Schiffswellen und deren Eigenschaften beim Einlaufen in die Uferzone zur besseren Einschätzung der Auswirkung der Schiffswellen auf die Uferzone sowie (ii) Analyse der Umweltfolgen durch den Flächenverbrauch von Stegen, Häfen und Marinas
    • Projektlaufzeit: 01. Juli 2021 bis 30. Juni 2024

    Hinweis an die Redaktionen:
    Fotos können im Folgenden heruntergeladen werden:

    https://cms.uni-konstanz.de/fileadmin/pi/fileserver/2021/freizeitschifffahrt_3.j...
    Bildunterschrift: Eine einlaufende Wellengruppe eines Katamarans im Konstanzer Trichter des Bodensees.
    Bildnachweis: H. Hofmann, Universität Konstanz

    https://cms.uni-konstanz.de/fileadmin/pi/fileserver/2021/freizeitschifffahrt_4.j...
    Bildunterschrift: Motorisierter Wassersport ist ein Wachstumsmarkt, besonders in Nordostdeutschland: Auf internationalen Bootsmessen, hier 2019 in Werder (Havel), Brandenburg, präsentieren die Aussteller die neuesten Trends im Bootssport. Schneller, größer und komfortabler lautet die Devise.
    Bildnachweis: W. Ostendorp, Universität Konstanz

    https://cms.uni-konstanz.de/fileadmin/pi/fileserver/2021/freizeitschifffahrt_5.j...
    Bildunterschrift: Fahrgastschiffe können durch ihre Wellenerzeugung zur Ufererosion beitragen. Am Anleger Kressbronn wurden charakteristische Auskolkungen gefunden. Hier fehlen mehr als 9000 Kubikmeter Sediment.
    Bildnachweis: W. Ostendorp, Universität Konstanz

    https://cms.uni-konstanz.de/fileadmin/pi/fileserver/2021/freizeitschifffahrt_6.j...
    Bildunterschrift: Die Roseninsel im Starnberger See und der sie umgebende Flachwasserbereich sind eine von 111 Fundstellen der transnationalen seriellen UNESCO-Welterbestätte „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen".
    Bildnachweis: Klaus Leidorf, BLfD

    https://cms.uni-konstanz.de/fileadmin/pi/fileserver/2021/freizeitschifffahrt_7.j...
    Bildunterschrift: Ein Forschungstaucher dokumentiert das Pfahlfeld von Unteruhldingen - Stollenwiesen. Die über den Seegrund ragenden, etikettierten Pfähle sind durch Erosion freigelegt und von Quaggamuscheln überzogen. Schreitet die Erosion fort, gehen die Pfähle vollständig verloren.
    Bildnachweis: LAD im RPS/J. Köninger, terramare

    https://cms.uni-konstanz.de/fileadmin/pi/fileserver/2021/freizeitschifffahrt_1.j...
    Bildunterschrift: Pfähle der seeseitigen bronzezeitlichen Palisade von Unteruhldingen - Stollenwiesen. Die Pfähle ragen aufgrund von Erosion weit über den Seegrund auf. Immer mehr Material des freiliegenden Holzes wird abgetragen, was man an der Kegelform des Pfahles erkennt. Schreitet die Erosion fort, gehen die Pfähle vollständig verloren.
    Bildnachweis: LAD im RPS/J. Köninger, terramare

    https://cms.uni-konstanz.de/fileadmin/pi/fileserver/2021/freizeitschifffahrt_2.j...
    Bildunterschrift: Pfähle der seeseitigen bronzezeitlichen Palisade von Unteruhldingen - Stollenwiesen mit abgebrochenen Pfählen. Die Pfähle ragen aufgrund von Erosion weit über den Seegrund auf. Immer mehr Material des freiliegenden Holzes wird abgetragen, was man an der Kegelform des Pfahles erkennt. Starker Wellenschlag lässt frei aufragendende Pfähle abbrechen. Schreitet die Erosion fort, gehen die Pfähle vollständig verloren.
    Bildnachweis: LAD im RPS/J. Köninger, terramare


    Contact for scientific information:

    Interviewkontakte:
    Prof. Dr. Frank Peeters
    Arbeitsgruppe Umweltphysik am Limnologischen Institut der Universität Konstanz
    Funktion: Antragsteller und Projektleiter
    E-Mail: frank.peeters@uni-konstanz.de

    Dr. Ralf Köhler
    Landesamt für Umwelt Brandenburg (LfU), Referat W26
    Funktion: Antragsteller und Ko-Projektleiter
    E-Mail: ralfh.koehler@lfu.brandenburg.de

    Kontakt:
    Universität Konstanz
    Kommunikation und Marketing
    Telefon: + 49 7531 88-3603
    E-Mail: kum@uni-konstanz.de

    - uni.kn


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    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology, Environment / ecology, Oceanology / climate, Traffic / transport
    transregional, national
    Cooperation agreements, Research projects
    German


     

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