idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
11/12/2021 16:42

Neue Studie zur Biodiversität: Die Vielfalt ökologischer Funktionen auf Meeresinseln sinkt

Christian Wißler Pressestelle
Universität Bayreuth

    Die Artenvielfalt von Ökosystemen hat sich weltweit unter dem Einfluss des Menschen stark verändert. Ein Forschungsteam mit Prof. Dr. Manuel Steinbauer von der Universität Bayreuth hat diese Prozesse am Beispiel von Vögeln auf Ozeaninseln untersucht. Die in „Science Advances“ veröffentlichte Studie zeigt: Die Zahl gebietsfremder Arten, die sich neu ansiedeln, ist oft höher als die Zahl der unter anthropogenen Einflüssen ausgestorbenen Arten. Doch können die zugewanderten Arten die diversen ökologischen Funktionen ausgestorbener Arten nicht in vollem Umfang ersetzen. Einheimischer Artenschwund bewirkt daher langfristig eine Vereinheitlichung von Ökosystemen und ihrer Funktionen.

    Die neue Studie ist aus einer engen Zusammenarbeit von Prof. Dr. Manuel Steinbauer mit Forschungspartnern in Schweden und Großbritannien hervorgegangen. Insgesamt hat das Team durch Untersuchungen an Fossilien und lebenden Tieren Daten von 1.302 Vogelarten auf neun Archipelen gewinnen können. Davon sind 265 Arten heute zumindest auf diesen Inseln ausgestorben. 143 Arten sind als ursprünglich gebietsfremde Arten eingewandert und allmählich heimisch geworden. Auf den Bermuda-Inseln, auf Hawaii und St. Helena übertrifft ihre Zahl deutlich die der ausgestorbenen Arten. Auf den Kanareninseln, Kuba und Jamaica sowie auf Neukaledonien verhält es sich dagegen genau umgekehrt. Ein nur leichtes Übergewicht gegenüber den eingewanderten Arten haben die ausgestorbenen Arten auf Madagaskar, den Maskarenen und Neuseeland. „Hinsichtlich der genauen Zahl ausgestorbener Arten bestehen allerdings weiterhin Wissenslücken. Auf fast allen Inseln dürften insbesondere auch durch den Einfluss des Menschen zahlreiche Arten ausgestorben sein, von denen wir bislang noch nicht wissen“, sagt Steinbauer.

    Die unterschiedlichen quantitativen Befunde wurden nun abgeglichen mit den ökologischen Funktionen der Vogelarten. Hierzu zählen beispielsweise die Form und Länge des Schnabels oder die Flugfähigkeit. Das Ergebnis: Die meist durch den Menschen verursachte Zuwanderung neuer Vogelarten, die an die Stelle ausgestorbener Arten treten, führt dazu, dass die Vogelwelt auf den Meeresinseln in funktionaler Hinsicht weniger ausdifferenziert ist. Die ursprüngliche Vielfalt ökologischer Funktionen weicht dem Trend zur Vereinheitlichung. Zahlreiche Funktionen, die einige der mittlerweile ausgestorbenen Arten durch Anpassungen an spezifische Inselgegebenheiten entwickelt haben, sind verloren gegangen. Sie konnten durch neue gebietsfremde Arten nicht oder allenfalls nur teilweise ersetzt werden.

    Steinbauer war federführend an der Konzeptionierung der auf umfangreichen Datenmengen aufbauenden Studie beteiligt. „Aus den weltweit vorliegenden empirischen Daten zum Aussterben und zur Etablierung von Arten sowie den neuen Möglichkeiten in der Datenanalyse und Modellierung ergeben sich faszinierende Einblicke in die Dynamiken der Artenvielfalt“, sagt der Bayreuther Ökologe, der sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten intensiv mit der Biodiversität auf Meeresinseln und ihrer Geschichte befasst hat. Gemeinsam mit Forschungspartnern in Oxford, London und Göteborg ist er erstmals der bisher völlig ungeklärten Frage nachgegangen, ob die globale Mobilität von Arten die ökologischen Folgen des vom Menschen verursachten Artenschwunds ausgleichen kann. „Die Ökosysteme der von uns ausgewählten ozeanischen Inseln haben eine hohe Zahl von endemischen Vogelarten hervorgebracht, also von Arten, die in keiner anderen Region der Erde heimisch sind. Zugleich haben sich hier, vom Menschen wiederum gefördert, viele Vogelarten neu angesiedelt. Daher lässt sich auf diesen Inseln besonders gut beobachten, wie sich die Kombination von Artenverlust und Etablierung neuer Arten auswirkt“, erläutert Steinbauer.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Manuel Steinbauer
    Bayreuther Zentrum für Ökologie und Umweltforschung (BayCEER)
    Universität Bayreuth
    Telefon: +49 (0)921 / 55-5834
    E-Mail: manuel.steinbauer@uni-bayreuth.de


    Original publication:

    Ferran Sayol et al.: Loss of functional diversity through anthropogenic extinctions of island birds is not offset by biotic invasions. Science Advances (2021), DOI: https://dx.doi.org/10.1126/sciadv.abj5790


    Images

    Rotohrbülbül (Pycnonotus jocosus), der sich unter anderem auf Hawaii und den Maskareneninseln angesiedelt hat.
    Rotohrbülbül (Pycnonotus jocosus), der sich unter anderem auf Hawaii und den Maskareneninseln angesi ...

    (c) Tim Blackburn.


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, Students, Teachers and pupils, all interested persons
    Biology, Environment / ecology, Zoology / agricultural and forest sciences
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Rotohrbülbül (Pycnonotus jocosus), der sich unter anderem auf Hawaii und den Maskareneninseln angesiedelt hat.


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).