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11/19/1998 13:07

Ausführliche Stellungnahme zum Cadmiumgehalt von Guttapercha-Stiften

Markus Brakel Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e.V.

    Ausführliche Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) zum Spiegel-Artikel "Cadmiumgehalt von Guttapercha-Stiften" (Heft 46/98).

    In der vergangenen Woche wurde unter der Überschrift "Gift in den Wurzeln" ein Artikel im SPIEGEL veröffentlicht, in dem - mit Hinweis auf Testergebnisse mit Guttapercha-Stiften - vor einer möglichen Gefährdung der Patienten durch Cadmium in Guttapercha-Stiften gewarnt wird. Guttapercha-Stifte werden im Rahmen der Wurzelkanal-Behandlung zum Erhalt der Zähne routinemäßig verwendet und von den einschlägigen nationalen und internationalen Wissenschaftlichen Gesellschaften empfohlen.

    Der DGZMK und der DGZ wurden zwischenzeitlich die entsprechenden Analyse-Ergebnisse der Labors Igus und Laborservice sowie die Ergebnisse der Elutionsstudie des Labors Dr. Klausdieter Bauer zugänglich gemacht. Aufgrund der vorliegenden Daten ergibt sich folgende Einschätzung des Gefährdungspotentials:

    Die vorliegenden Ergebnisse lassen sich hinsichtlich des Gesamtgehaltes an Cadmium von Guttapercha-Stiften (d. h. Totalaufschluß) in drei Gruppen einteilen:

    1. 0,49 - 6,70 mg/kg (die meisten Stifte)
    2. 10,4 - 31 mg/kg (ein Stift, zwei Messungen)
    3. 5250 - 7790 mg/kg (nach Auskunft des verantwortlichen SPIEGEL-Redakteurs: sog. ältere Stifte)

    ad Gruppe 1
    In Guttaperchastiften ist Zinkoxid enthalten, das eine "natürliche Verunreinigung" durch Cadmium aufweist. Laut DAB ist für ZnO 10 mg/kg (= 10 µg/g) Cadmium zulässig, daher entspricht Gruppe 1 diesen Vorgaben. Eine worst case-Berechnung (= alles löst sich auf) ergibt pro Stift (Größe 45, 0,03 g Gewicht, 50 mm2 Oberfläche) bei Annahme des Grenzwertes (10 µg/g) einen Gesamtcadmiumgehalt von ca. 0,3 µg. Selbst bei ca. 50 Stiften (es gibt im gesamten Gebiß normalerweise nur 52 Wurzelkanäle), die sich in einer Woche auflösen (was bekanntlich nicht der Fall ist), würde der entsprechende Grenzwert (ca. 24 µg pro Woche resorbiertes Cadmium) nicht erreicht. Eine Gefährdung der Patienten liegt gemäß dieser Berechnung nach heutigem Kenntnisstand nicht vor.

    ad Gruppe 2
    Die gemessenen Werte liegen knapp über den Vorgaben des DAB für ZnO. Die vom Spiegel selbst in Auftrag gegebenen Elutionsversuche (Labor Dr. Bauer) ergaben, daß "kein" (d.h. unterhalb der angegebenen Nachweisgrenze von 0,001 mg/l) Cadmium ausgelaugt wird. Somit werden auch von diesen Stiften die entsprechenden Grenzwerte nach heutigem Kenntnisstand nicht erreicht. Auch hier liegt demnach eine Gefährdung der Patienten nach heutigem Kenntnisstand nicht vor. Der Wunsch des Patienten nach Schwermetallminimierung bleibt dabei naturgemäß unberücksichtigt.
    ad Gruppe 3
    Diese sog. älteren Stifte weisen einen ca. tausendfach höheren Cadmiumgehalt auf, was möglicherweise auf die früher übliche Verwendung von cadmiumhaltigen Pigmenten zurückzuführen ist. Diese Stifte werden heute nicht mehr hergestellt (lt. Herstellerangaben (Fa. VDW) bereits seit 10 Jahren nicht mehr). Es besteht allerdings theoretisch die Möglichkeit, daß Depots noch alte Bestände haben. Berücksichtigt werden muß jedoch, daß die Haltbarkeit (nach Angaben eines Herstellers (Fa. VDW) ca. 4 Jahre) bei diesen Produkten abgelaufen sein muß. Nach Angaben des zuständigen SPIEGEL-Redakteurs wurden alle Stifte letztes Jahr in einem Depot gekauft. Es bleibt nun zu fragen, ob Patienten, die vor 10 Jahren und mehr mit derartigen Stiften versorgt wurden (was einer realistischen, eher konservativen Einschätzung entspricht), einer Gefährdung ausgesetzt sind.

    Elutionsversuche (Labor Dr. Bauer) haben nach 40 Stunden Elution einen maximalen Wert von ca. 200 µg /l Cadmium ergeben. Gemäß den Angaben von Dr. Bauer wurden 0,05 - 0,15 g Guttapercha-Stifte in 1 ml Phosphatpuffer eluiert. Dabei entsprechen 0,05 - 0,15 g Guttaperchaspitzen ca. 1,5 - 5 Stiften der Größe 45 mit einer jeweiligen Oberfläche von 50 mm2. Wenn man von durchschnittlich drei Stiften ausgeht, so ergibt sich eine Oberfläche von 150 mm2.

    Rechnet man die angegebenen Konzentrationen (200 µg/l) in die aktuell eluierte Menge um (bei ca. 1 ml Elutionsmedium), so ergibt sich (bei 150 mm2 Oberfläche) eine gesamt eluierte Menge von Cadmium in den ersten 40 Stunden von max. 0,2 µg. Dividiert durch die Oberfläche ergibt sich daraus ein Wert von 0,0013 µg Cadmium pro mm2 pro 40 Stunden.

    Bei Behandlung unter optimalen Verhältnissen ist die Kontaktfläche zwischen Stift und lebendem Gewebe ca. 0,2 mm2 (Größe 45). Beim Überstopfen über den Apex um 1 - 1,5 mm erhöht sich dieser Wert auf ca. 2 mm2. Daraus ergibt sich eine maximale Elution bei optimalen Verhältnissen von 0,00026 µg pro 40 Stunden pro Stift, bzw. bei Überstopfen von 0,0026 µg pro 40 Stunden pro Stift.

    Geht man wiederum von (hypothetischen) 50 Stiften aus, so ergibt sich für die ersten 40 Stunden im Falle der Überstopfung eine eluierte Menge von 0,13 µg. Hochgerechnet auf eine Woche wäre dies 0,55 µg. Dabei bleibt unberücksichtigt, daß die Menge eluierbarer Substanzen aus Festkörpern generell mit der Eluationsdauer abnimmt, d.h. in Wirklichkeit ist die eluierte Menge von Cadmium noch erheblich niedriger und liegt somit - nach diesen Berechnungen - sicher und mit weitem Abstand unterhalb der einschlägigen Grenzwerte (ca. 24 µg resorbiertes Cd pro Woche). Demnach ist auch für Patienten, die mit derartigen Guttapercha-Stiften versorgt wurden, mit keiner Gefährdung zu rechnen.

    Leser, die an den originalen, dem SPIEGEL-Artikel zugrundeliegenden Analysedaten interessiert sind, können diese in der Geschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde erhalten :
    Tel. 0211 / 67 59 55 Fax : 0211 / 69 101 99
    E-Mail : info@dgzmk.de

    Wissenschaftlicher Informationsdienst der DGZMK
    Prof. Dr. G. Schmalz


    More information:

    http://www.dgzmk.de


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    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research projects, Scientific Publications
    German


     

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