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12/17/2021 13:53

Francesco Buti – ein Dichter und viele Komponisten

Axel Burchardt Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Musikwissenschaftler der Universität Jena veröffentlichen zehn seit 400 Jahren nicht aufgeführte italienische Kantaten. In dem gerade erschienenen Buch "Cantatas on Texts by Francesco Buti (1606-82)" werden neue Einblicke ins klingende 17. Jahrhundert gegeben. Bei ihren Forschungen entdeckten die Jenaer Musikwissenschaftler zwei weitere Kantaten zu Texten Butis, die sie für heutige Interpreten verfügbar gemacht haben, u. a. indem alle Texte Butis ins Englische übersetzt wurden.

    In Deutschland verwüstet der 30-jährige Krieg das Land, die Geschicke Frankreichs bestimmen Kardinal Richelieu und Ludwig XIII. Dessen schöne Frau Anna von Österreich liebt Theater, Musik und Tanz. Chick ist, was aus Rom, Florenz und Venedig kommt und so geben am französischen Hof italienische Komponisten den Ton an.

    Kein Wunder also, dass Francesco Buti (1606-1682) nach Paris geht, als sein Dienstherr 1645 aus Rom fliehen muss. Inzwischen führen Kardinal Mazarin und Anna von Österreich die Geschäfte für den noch minderjährigen Ludwig XIV. Francesco Buti, Doktor im Kirchen- und Zivilrecht und bereits von vielen Komponisten als Dichter geschätzt, macht am französischen Hof als Eventmanager, Librettist und Diplomat Karriere.

    Unterschätzte Texte

    Seit seiner Habilitationsschrift über die „Italienische Oper in Frankreich im 17. Jahrhundert“ bewegt Michael Klaper, Professor für Historische Musikwissenschaft an der Universität Jena, dass bemerkenswert viele Komponisten der Zeit sich der Kunst Butis bedienten. Dessen Texten allerdings bescheinigte man später keine allzu große Qualität – ein Vorurteil, fand Michael Klaper. Bei der Auseinandersetzung mit Butis Libretti entdeckte der Experte für Barockmusik deren Qualität und war fasziniert von Figurenzeichnung und Dramatik.

    Gleiches gilt für die Kantaten-Texte des Italieners. Michael Klaper wusste von acht überlieferten Werken. Ein überschaubarer Bestand exzellenter Texte, die einst die besten Musiker der Zeit zu wunderbaren Kompositionen inspirierten. Zeit für eine Wiederentdeckung. Der Plan war, diesen Schatz zu heben und Neues zu wagen, die Forschung nicht wie üblich auf das Werk nur eines Komponisten, sondern auf einen Textdichter und verschiedene Komponisten zu richten.

    Bereits die Idee begeisterte den renommieren Verlag A-R Editions, Middleton, Wisconsin, der das Jenaer Projekt verlegerisch betreute. Gemeinsam mit Studierenden der Musikwissenschaft und der Alten Musik erarbeiteten Prof. Klaper und seine Doktorandin Nastasia Heckendorff das Werkverzeichnis aller erhaltenen Kantaten mit Texten von Francesco Buti. Nun ist die Edition „Cantatas on texts by Francesco Buti (1606-82)“ erschienen.

    Livemusik begleitete den gehobenen Alltag im 17. Jahrhundert

    Musikwissenschaftler haben eine recht genaue Vorstellung vom klingenden 17. Jahrhundert. Livemusik begleitete den Alltag von Adel, Klerus und gehobenem Bürgertum. „Die Gesellschaft war natürlich streng hierarchisch gegliedert“, sagt Prof. Klaper, „zugleich erinnert der tägliche Gebrauch von Musik sehr an unsere Gegenwart. Ob die gerade entstandene Oper oder zur Abendunterhaltung bestellte Sänger und Musiker, ob große, aufwendige Produktionen oder Kammermusik mit zwei Interpreten – das Publikum ist begeisterungsfähig, fachkundig und begierig auf Neues.“

    Tausende von Kompositionen entstanden, nur ein Bruchteil ist als Handschrift oder Abschrift, selten als Druck überliefert und schlummert verstreut in einschlägigen Archiven. Auf der Suche nach Buti durchforsteten die Forschenden in Jena digital Kataloge und Inventarverzeichnisse von Bibliotheken in Italien, Paris, London und den USA. Dabei konnten sie zwei weitere Kantaten zu Texten Butis entdecken. Damit aber begann erst die Arbeit. Der Aufwand ist immens, will man die Werke heutigen Interpreten verfügbar machen. Es gilt, die alten Noten und Texte zu entschlüsseln, zu verstehen und für Musizierende les- und interpretierbar aufzubereiten. Gesungen wird natürlich italienisch. Doch hat Michael Klaper nicht nur für die Studierenden in Jena alle Texte Butis ins Englische übersetzt, nur über Englisch wird heute der Inhalt der Kantaten weltweit zugänglich.

    Wie meist in der populären Musik drehen sich schon Butis Texte um bestens vertraute Themen. „Tröste dich, mein Herz“, beginnt die erste Kantate. „Vielfach werden tragische Ereignisse durchgespielt, die der Liebe oder den Liebenden entgegenstehen“, sagt Michael Klaper.

    Seit dem 17. Jahrhundert war diese innige, schöne Musik verstummt. Die vorliegende Edition macht es möglich, dank des gemeinsamen Textdichters gleich zehn seinerzeit überaus populäre und erfolgreiche Komponisten wieder erklingen zu lassen.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Michael Klaper
    Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena
    Fürstengraben 18, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 944990
    E-Mail: michael.klaper@uni-jena.de


    Original publication:

    Cantatas on Texts by Francesco Buti (1606-82), hg. v. Michael Klaper/Nastasia Heckendorff, Middleton, Wisconsin 2021, Verlag A-R Editions, ISBN: 978-1-9872-0711-8 (print), 978-1-9872-0712-5 (online), DOI https://doi.org/10.31022/B226


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    Der Musikwissenschaftler Prof. Dr. Michael Klaper von der Universität Jena mit der neuen Publikation "Cantatas on Texts by Francesco Buti (1606-82)“.
    Der Musikwissenschaftler Prof. Dr. Michael Klaper von der Universität Jena mit der neuen Publikation ...
    Foto: Jens Meyer/Uni Jena


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Music / theatre
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Der Musikwissenschaftler Prof. Dr. Michael Klaper von der Universität Jena mit der neuen Publikation "Cantatas on Texts by Francesco Buti (1606-82)“.


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