Wer mit Heizöl oder Erdgas heizt, muss in diesem Winter für seine warme Wohnung so viel bezahlen wie noch nie. Besonders betroffen sind Haushalte in schlecht sanierten Altbauten mit einem hohen Energiebedarf. Bislang wurde vor allem aus Gründen des Klimaschutzes gefordert, den Gebäudebestand zügig energetisch zu sanieren. Aber Sanierungen schützen auch längerfristig vor einem Anstieg der Heizkosten, wie Untersuchungen des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und des Öko-Instituts im Forschungsverbund Ecornet Berlin belegen.
Modellrechnungen des Projekts „Sozial-ökologische Wärmewende in Berlin“ mit Förderung durch den Regierenden Bürgermeister, Senatskanzlei – Wissenschaft und Forschung Berlin zeigen, dass die eingesparten Heizkosten die Modernisierungsumlage einer energetischen Sanierung auf die Miete übertreffen können, wenn ambitioniert saniert wird und Fördermittel eingesetzt werden. Im Ergebnis können die Warmmieten damit in den ambitioniert sanierten Gebäuden zukünftig geringer ausfallen als in unsanierten Gebäuden, was insbesondere für Haushalte mit geringem Einkommen wichtig ist.
Nach ambitionierter Sanierung: Einsparungen schon im ersten Jahr möglich
Die Forschenden haben über Beispielhaushalte berechnet, wie sich eine ambitionierte energetische Sanierung finanziell auf Mietende auswirkt. So zeigen sie, dass Sanierungen über den Betrachtungszeitraum von 20 Jahren bei der Verwendung von Fördermitteln zu Einsparungen von rund 50 Cent pro Quadratmeter führen können, wenn nur die energetischen Modernisierungskosten umgelegt werden. Mietende können dann im besten Fall bereits im ersten Jahr nach Sanierung bei ihrer Warmmiete sparen. Besonders für Haushalte mit geringem Einkommen ist es wichtig, dass ambitioniert saniert wird, um Einsparungen zu erzielen und die Mietkostenbelastung zu senken.
Für geringe Warmmieten sind Fördermittel bei Sanierungen zentral
Die Wissenschaftler*innen haben untersucht, wie eine Wärmewende sozial gerecht ausgestaltet werden kann. „Ambitionierte energetische Gebäudesanierungen sind teuer. Damit die Mietenden wirklich über sinkende Heizkosten entlastet werden, ist es wichtig, dass bei der Finanzierung der Investitionen Fördermöglichkeiten in Anspruch genommen werden, weil dadurch die Umlage auf die Mietenden direkt reduziert wird“, sagt Projektleiterin Julika Weiß, Wärmeexpertin am IÖW. „Doch bisher gibt es hierfür keine Verpflichtung und die Anreize für die Vermietenden sind bei den aktuellen Umlageregelungen gering, sodass die Gefahr besteht, dass Sanierungen die Mietenden eher zusätzlich belasten.“
Der Politik empfehlen die Forschenden daher, gezielt zu fördern und zu fordern. Das bedeutet, auf Bundes- und Landesebene attraktive Förderprogramme anzubieten und die Genehmigungspraxis in Milieuschutzgebieten so zu ändern, dass sie eine Warmmietenneutralität begünstigt. Zudem sollte das Mietrecht so geändert werden, dass es zukünftig finanziell für Vermietende grundsätzlich vorteilhaft ist, Fördermittel in Anspruch zu nehmen.
Energiearmut und hohe Belastung der Mietenden verhindern
„Dieser Winter führt uns vor Augen, wie schnell steigende Energiekosten zu Energiearmut führen und Mietende belasten können“, erklärt Katja Schumacher vom Öko-Institut. Wenn Sanierungen so durchgeführt werden, dass sie die Warmmieten nach oben treiben, verschärft sich die Situation der betroffenen Haushalte weiter. Die zusätzlichen Belastungen können dabei sehr unterschiedlich ausfallen. Haushalte mit geringem Einkommen und ohnehin schon hoher Mietbelastung sind viel stärker betroffen.
„Dies fangen die Sozialsysteme bislang nicht ausreichend auf“, so Schumacher. „Mit Anpassungen beim Wohngeld und den Kosten der Unterkunft sowie durch einfach umsetzbare Härtefallregelungen könnten Mietende mit wenig Einkommen vor solchen Kostensteigerungen geschützt werden.“
Politik ist auf allen Ebenen gefragt
„Um die Klimaschutzziele einzuhalten, ist die Wärmewende eine zentrale Säule. Damit diese nicht nur ökologisch, sondern auch sozialverträglich gestaltet wird, muss die Politik auf allen Ebenen aktiv werden“, so Julika Weiß. Neben der Förderung von Sanierungen und dem Schutz vulnerabler Gruppen empfehlen die Wissenschaftler*innen dem Land Berlin insbesondere auch, lokale Beratungsangebote zu schaffen. Vermietende und Mietende müssten sich unkompliziert vor Ort über energetische Sanierungen, Fördermöglichkeiten und Unterstützungsangebote informieren können. Dies sei wesentlich dafür, Akzeptanz zu schaffen und Teilhabe zu verbessern.
Policy Brief „Empfehlungen für eine sozialverträgliche Wärmewende in Berlin – Wie mit ambitionierten energetischen Sanierungen Klima und Mietende geschützt werden können“ des Öko-Instituts und des IÖW (https://www.oeko.de/publikationen/p-details/empfehlungen-fuer-eine-sozialvertrae...)
Studie „Sozialverträgliche Wärmewende in Berlin – Herausforderungen und Lösungen für Haushalte mit geringem Einkommen“ des Öko-Instituts (https://www.oeko.de/publikationen/p-details/sozialvertraegliche-waermewende-in-b...)
Studie „Energetische Sanierungen in Berlin – Wie sich Kosten und Nutzen ambitionierter Klimaschutzmaßnahmen zwischen Mieter*innen und Vermieter*innen verteilen“ des IÖW (https://ecornet.berlin/ergebnis/energetische-sanierungen-berlin)
Zur Grafik „Klima schützen, Energiearmut vermeiden“ (https://ecornet.berlin/sites/default/files/2022-01/Ecornet%20Berlin%20-%20Presse...)
Zur Grafik „Klima schützen, Warmmieten stabilisieren“ (https://ecornet.berlin/sites/default/files/2022-01/Ecornet%20Berlin%20-%20Presse...)
Informationen zum Projekt „Sozial-ökologische Wärmewende in Berlin“ (https://ecornet.berlin/projekt/sozial-oekologische-waermewende-berlin)
Über das Öko-Institut
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Über das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung
Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) ist ein führendes wissenschaftliches Institut auf dem Gebiet der praxisorientierten Nachhaltigkeitsforschung. Rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erarbeiten Strategien und Handlungsansätze für ein zukunftsfähiges Wirtschaften – für eine Ökonomie, die ein gutes Leben ermöglicht und die natürlichen Grundlagen erhält. Das Institut arbeitet gemeinnützig und ohne öffentliche Grundförderung. Das IÖW ist Mitglied im „Ecological Research Network“ (Ecornet), dem Netzwerk der außeruniversitären, gemeinnützigen Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschungsinstitute in Deutschland.
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Der Forschungsverbund Ecornet Berlin besteht aus: Ecologic Institut, Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), IZT – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung, Öko-Institut und Unabhängiges Institut für Umweltfragen. Die fünf Forschungseinrichtungen mit Sitz bzw. Geschäftsstellen in Berlin sind Teil des Ecological Research Network (Ecornet), einem Netzwerk unabhängiger Institute der Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschung in Deutschland mit der gemeinsamen Mission, den gesellschaftlichen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit wissenschaftlich zu fundieren. Das Projekt wird mit finanzieller Unterstützung des Regierenden Bürgermeisters, Senatskanzlei – Wissenschaft und Forschung Berlin durchgeführt.
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Ansprechpartnerin am Öko-Institut
Dr. Katja Schumacher
Stellvertretende Bereichsleiterin im Institutsbereich
Energie & Klimaschutz
Öko-Institut e.V., Büro Berlin
Telefon: +49-30-405085321
E-Mail: k.schumacher@oeko.de
Ansprechpartnerin am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung
Julika Weiß
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)
Tel.: +49–30–884 594-0
E-Mail: julika.weiss@ioew.de
Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists
Energy, Environment / ecology, Politics, Social studies
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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