idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
01/19/2022 15:52

Was führt zu einer schnellen Artenaufspaltung in Korallenriffen?

Dr. Susanne Eickhoff Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)

    In einer neuen Publikation in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA gehen Wissenschaftler des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) der Frage nach, welche genetischen Mechanismen der rapiden Artenbildung bei Korallenriff-Fischen zugrunde liegen.

    Der Evolutionsprozess, bei dem Tiere innerhalb eines kurzen Zeitraums verschiedene Arten bilden, spielt sich häufig in neu entstandenen oder geografisch isolierten Lebensräumen wie beispielsweise Inseln ab. Dort treffen die Gründerarten auf unbesetzte Habitate und geringeren Selektionsdruck, wodurch eine Entstehung von Artenvielfalt begünstigt wird. Ein bekanntes Beispiel sind die Darwinfinken der Galapagos-Inseln.

    Arten können sich aber auch in komplexen Umgebungen, die nicht isoliert sind, rapide auffächern. Solche Fälle sind jedoch wenig erforscht, obwohl sie oft in tropischen Lebensräumen auftreten, die den größten Teil der Tier- und Pflanzenvielfalt auf der Erde beherbergen.

    Die Arbeitsgruppe um Oscar Puebla, Meereswissenschaftler am ZMT und Professor für Fischökologie und -evolution am Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) der Universität Oldenburg, nahm sich die Hamletbarsche vor, um Einblicke in die zugrundeliegenden Mechanismen einer schnellen Artenaufspaltung in Korallenriffen zu bekommen, einem sehr komplexen Lebensraum. Dazu analysierten die Wissenschaftler die Genome von 170 Individuen aus Riffen vor Honduras, Belize und Panama.

    Hamletbarsche leben in den Korallenriffen der Karibik und kommen dort in zahlreichen Arten mit einer erstaunlichen Vielfalt an Farben und Mustern vor. In den meisten anderen Merkmalen und in Bezug auf Lebensraum und Ernährung ähneln sie sich jedoch sehr. Man nimmt an, dass zumindest einige Arten die Farbmuster anderer Rifffische imitieren, um einen größeren Erfolg beim Beutefang zu haben, denn die Beute hält den Hamletbarsch für einen harmlosen Nachbarn und nicht für einen Fressfeind.

    „Die Hamletbarsche bieten eine hervorragende Möglichkeit, um die genetischen Triebkräfte einer schnellen Artenaufspaltung zu untersuchen“, erklärt Oscar Puebla. Auf Basis der Genomanalyse fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Aufspaltung in 18 Arten wahrscheinlich innerhalb der letzten 10.000 Generationen stattfand, obwohl der Stammbaum der Hamletbarsche rund 26 Millionen Jahre alt ist. Das ist eine Aufspaltungsrate, die zu den schnellsten bei Fischen zählt.

    Die Untersuchungen deuten auch darauf hin, dass die hohe Variabilität der Farbmuster durch verschiedene Kombinationen von Allelen in einigen wenigen Genen erzeugt wird, die große Auswirkung auf die Pigmentierung haben. Allele sind Genvarianten, die die Ausprägung eines Merkmals wie eben das Farbmuster steuern. Hamletbarsche können durch Hybridisierung Allele zwischen den Arten austauschen, was die Möglichkeit bietet, eine Vielzahl von Farbmustern zu erzeugen. Eine solche Genomarchitektur ermöglicht eine beschleunigte Artenbildung, die viel länger dauern würde, wenn sie auf neuen Mutationen basierte. Sie scheint im Tierreich sehr verbreitet zu sein.

    „Unsere Ergebnisse ermöglichen es, den Prozess der Artenaufspaltung besser zu verstehen“, so Oscar Puebla. „Die Zahl der Arten auf der Erde ist ein dynamisches Gleichgewicht zwischen der Evolution neuer Arten und dem Artensterben. Heutzutage machen wir uns hauptsächlich über den Aspekt des Aussterbens Gedanken, aber auch die Artenentstehung muss berücksichtigt werden.“ Das Beispiel der Hamletbarsche zeige einen natürlichen Evolutionsprozess, der dem Verlust der biologischen Vielfalt entgegenwirkt.

    Beteiligte Institutionen:

    Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT), Bremen, Deutschland
    Smithsonian Tropical Research Institute (STRI), Panama
    Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM), Oldenburg, Deutschland
    GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, Deutschland


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Oscar Puebla
    Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)
    oscar.puebla@leibniz-zmt.de
    Tel: 0421 23800-168
    Handy: +49(0)17668148834


    Original publication:

    Hench K., Helmkampf M., McMillan W.O., Puebla O: Rapid radiation in a highly diverse marine environment (2022). Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America. https://www.pnas.org/content/119/4/e2020457119


    Images

    Ein Gelbbauch-Hamletbarsch (Hypoplectrus aberrans) in einem Korallenriff vor Barbados
    Ein Gelbbauch-Hamletbarsch (Hypoplectrus aberrans) in einem Korallenriff vor Barbados
    Oscar Puebla
    Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, Students, Teachers and pupils, all interested persons
    Biology, Environment / ecology, Oceanology / climate
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

    Ein Gelbbauch-Hamletbarsch (Hypoplectrus aberrans) in einem Korallenriff vor Barbados


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).