Menschen mit einer veränderten Ausschüttung des Stresshormons Cortisol haben Jahre später ein erhöhtes Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu versterben. Das berichten Forscherinnen und Forscher in der Fachzeitschrift Psychoneuroimmunology. Für die Einschätzung des Risikos ist demnach vor allem ein Blick auf das Tagesprofil der Cortisolausschüttung wichtig, nicht so sehr die Gesamtmenge an Cortisol.
Stress hängt mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammen – unabhängig von gängigen Risikofaktoren wie Rauchen oder Übergewicht. Es wird vermutet, dass dies mit einer veränderten Ausschüttung von Cortisol zusammenhängen könnte, die sich bei Menschen unter Stress beobachten lässt. ForscherInnen des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim, des Instituts für Epidemiologie von Helmholtz Munich, der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Klinikums rechts der Isar und des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung berichten nun, dass Menschen mit solch einer veränderten Ausschüttung von Cortisol ein erhöhtes Risiko aufweisen, Jahre später an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu versterben.
Charakteristisches Muster der Cortisolausschüttung
Die Forscherinnen und Forscher analysierten Daten von 1.090 TeilnehmerInnen der KORA-Studie, die seit mehr als 30 Jahren die Gesundheit von BürgerInnen aus dem Raum Augsburg untersucht. KORA steht für „Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg“. Die Teilnehmenden der Studie sammelten im Verlauf eines Tages vier Speichelproben, aus denen die ForscherInnen ein Tagesprofil für das Stresshormon Cortisol bestimmten. In den Jahren danach wurde regelmäßig erfasst, ob die TeilnehmerInnen einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten oder verstarben.
Die Ausschüttung von Cortisol weist bei gesunden Menschen im Tagesverlauf ein charakteristisches Muster auf. Der Cortisolspiegel steigt nach dem Aufwachen zunächst stark an, erreicht nach etwa 30 Minuten ein Maximum und fällt dann bis zum Abend hin kontinuierlich ab. Studien konnten in der Vergangenheit zeigen, dass dieser rhythmische Verlauf bei Menschen, die unter chronischem Stress leiden, schwächer ausgeprägt ist.
Abweichende Cortisolausschüttung kann schwerwiegende Folgen haben
In der aktuellen Untersuchung zeigte sich, dass TeilnehmerInnen mit einem solchen gesunden Muster der Cortisolausschüttung, also mit starkem Anstieg am Morgen und deutlichem Abfall zum Abend hin, ein geringeres Risiko aufwiesen, einen Schlaganfall zu erleiden oder an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu versterben. TeilnehmerInnen, deren Cortisolausschüttung sich im Tagesverlauf weniger stark änderte, hatten dagegen ein höheres Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu versterben. Bei denjenigen, deren Cortisolspiegel abends höher war, war dieses Risiko ebenfalls erhöht.
„Die Ausschüttung von Cortisol wird in der Stressforschung häufig gemessen, langfristige Folgen dagegen eher selten“, sagt Dr. Sebastian Karl, Arzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am ZI und Leitautor der Studie. „Deshalb ist es wichtig zu sehen, dass eine veränderte Ausschüttung von Cortisol langfristig messbare und schwerwiegende Folgen haben kann.“ Dabei scheint die Veränderung der Cortisolausschüttung über den Tagesverlauf wichtiger als die Gesamtmenge an Cortisol, die ausgeschüttet wird.
Sebastian Karl, Hamimatunnisa Johar, Karl-Heinz Ladwig, Annette Peters, Florian Lederbogen: Dysregulated diurnal cortisol patterns are associated with cardiovascular mortality: Findings from the KORA-F3 study, Psychoneuroendocrinology. 2022 Mar 30;141:105753. DOI: 10.1016/j.psyneuen.2022.105753.
Criteria of this press release:
Journalists
Medicine
transregional, national
Research results
German
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