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10/11/2022 09:19

Pop-up-Radwege führen zu mehr Radverkehr und besserer Luft

Dr. Bianca Schröder Presse und Kommunikation
Institute for Advanced Sustainability Studies e.V.

    Während der Corona-Pandemie haben viele europäische Städte die Chance ergriffen, den Übergang zu nachhaltiger Mobilität zu beschleunigen. Auch in Berlin entstanden mehrere Pop-up-Radwege. Forschende des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS Potsdam) haben deren Auswirkungen während der Anfangsphase der Pandemie untersucht. Ihre Ergebnisse zeigen, dass die Pop-up-Radwege auf hohe Akzeptanz stoßen und zur Fahrradnutzung motivieren. Die Belastung der Radfahrenden durch Stickstoffdioxid verringerte sich.

    Die Forschenden befragten Berliner Bürgerinnen und Bürger nach ihrer Meinung zu den Pop-up-Radwegen und analysierten an einem Fallbeispiel die Auswirkungen der Verkehrsmaßnahme auf die Luftqualität und die Fahrradnutzung. Dafür wählten sie die vielbefahrene Straße Kottbusser Damm im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg aus, wo im April 2020 einer der ersten Pop-up-Radwege in Deutschland beidseitig und in voller Länge der Straße eingerichtet wurde.

    Hohe Akzeptanz bei Radfahrern, Fußgängern und ÖPNV-Nutzern

    Die Umfrage ergab große Unterschiede in der Akzeptanz der neuen Pop-up-Radwege: Unter denjenigen, die sich hauptsächlich per Fahrrad fortbewegen, ist sie mit 94 Prozent besonders ausgeprägt. Auch 75 Prozent der Fußgängerinnen und Fußgänger und 79 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs unterstützen die Maßnahme. Von den Befragten, die sich als Autofahrerinnen oder Autofahrer bezeichnen, befürworten hingegen nur 15 Prozent die Pop-up-Radwege.

    Um die Auswirkungen des Pop-up-Radwegs am Kottbusser Damm auf das Mobilitätsverhalten zu untersuchen, analysierten die Forschenden Daten zur Radverkehrsnutzung vor und nach dessen Einrichtung. Dabei standen ihnen anonymisierte Daten von Radfahrenden zur Verfügung, die die Tracking-App Strava nutzen. Es handelt sich also nicht um repräsentative Daten, aber die Strava-Daten zeigen im Allgemeinen eine hohe Korrelation mit offiziellen Fahrradzählungen.

    Die Analyse dieser Daten zeigt, dass der Radverkehr nach der Einführung des Pop-up-Radwegs deutlich zugenommen hat: In den ersten zwölf Monaten stieg er um 73 Prozent. Im Mai 2020 wurde sogar ein maximaler Anstieg der Radverkehrsnutzung um 141 Prozent im Vergleich zum Mai 2019 beobachtet. „Pop-up-Radwege sind eine wichtige Maßnahme für die notwendige Flächenumverteilung in Städten, so dass es mehr Platz für sicheres Radfahren gibt. Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Radverkehr auf diesen Strecken zunimmt und dass die Pop-up-Radwege nicht nur bei Radfahrenden, sondern auch bei ÖPNV-Nutzenden und Fußgängerinnen und Fußgängern große Zustimmung hervorrufen“, sagt Erstautorin Sophia Becker.

    Mehr Tempo und höhere Qualität der Verkehrsplanung

    Die Luftqualitätsmessungen zeigten, dass Radfahrerinnen und Radfahrer auf dem Pop-up-Radweg des Kottbusser Damms einer um 22 Prozent geringeren Belastung mit dem Luftschadstoff Stickstoffdioxid ausgesetzt waren. Ähnliche Messungen entlang nahe gelegener Straßen ergaben keine Hinweise auf eine Verringerung der Belastung. Dies deutet laut den Forschenden darauf hin, dass die bessere Luftqualität am Kottbusser Damm tatsächlich auf den Pop-up-Radweg zurückzuführen ist und nicht auf einen stadtweiten Trend.

    „Unsere Ergebnisse machen deutlich, dass Pop-up-Radwege den Wandel zu fahrradfreundlichen Städten beschleunigen können. Die Verkehrsplanerinnen und -planer in Berlin haben eine innovative Denkweise bewiesen, indem sie eine neue Straßengestaltung zeitlich begrenzt ausprobiert und die Erfahrungen damit analysiert haben. Die Lehren flossen dann in die Verstetigung ein, so dass die Qualität der verkehrsplanerischen Maßnahmen am Ende sehr hoch war“, erläutert Ko-Autor Dirk von Schneidemesser. Allerdings sei die Ausgangslage in Berlin und besonders im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg auch günstiger gewesen als in anderen Städten. Denn bereits vor der Pandemie hätten Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung die Einrichtung neuer Fahrradwege mit viel Engagement vorbereitet und dabei im Berliner Mobilitätsgesetz eine hilfreiche Grundlage gefunden.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Sophia Becker
    sophia.becker@iass-potsdam.de


    Original publication:

    Becker, S., von Schneidemesser, D., Caseiro, A., Götting, K., Schmitz, S., & von Schneidemesser, E. (2022). Pop-up cycling infrastructure as a niche innovation for sustainable transportation in European cities: An inter- and transdisciplinary case study of Berlin. Sustainable cities and society: SCC, 87: 104168. https://doi.org/10.1016/j.scs.2022.104168.


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    Criteria of this press release:
    Journalists
    Environment / ecology, Politics, Traffic / transport
    transregional, national
    Research results
    German


     

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